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In vielen Bereichen abseits des Desktops ist Linux dominant. So gilt es auch für die Smartphones: Android dominiert in diesem Bereich. Und damit auch im Bereich der Endanwender. Ein wahrer Meilenstein für freie Software, könnte man denken. Leider ist es das allerdings nicht. Denn profitiert haben wohl weder freie Software im Allgemeinen noch Linux im Speziellen. Und letztlich auch die Nutzer nicht.
Die Freiheit steht im Hintergrund
Android geht es nicht um die freie Software. Diese wird zwar an vielen Stellen genutzt. Allerdings erfolgt die Verwendung fast durchweg unter ökonomischen Aspekten. Dass zu freier Software auch eine Vielzahl an Werten gehört, wird nahezu ignoriert. Entscheidende Teile von Android für den Endanwender sind unfrei. Das umfasst im Wesentlichen den Bereich der Google Play Dienste. Diese sind für eine »normale« Nutzung elementar, allerdings unfrei und in Googles Hand.
Von Googles und des Herstellers Gnaden
Alles Wesentliche hängt an Google und dem Hersteller des Gerätes, auf dem Android vorinstalliert ist. Dieser legt auch fest, welche Software auf dem Gerät entfernt werden darf. Da ist man unter Linux anderes gewohnt. Man ist nicht mehr der eigene Administrator.
Die Distribution weiterer Software liegt mit den Play-Diensten ebenfalls in Googles Hand. Während bei nahezu allen anderen Linux-Distribution das Betriebssystem selbst immer nur der Anfang in die Welt der freien Software ist, hört diese bei Android hier auf. Der Store hilft nicht dabei, die Verbreitung freier Software zu fördern. Im Gegenteil ignoriert er die Lizenz der Software und fördert Software allein nach kommerziellen Gesichtspunkten. Das führt zu einer engen Auswahl an freier Software für den mobilen Bereich auf Anwenderebene.
Darüber hinaus ist Android auch Musterbeispiel für den neuen Datenkapitalismus. Google selbst sammelt, ebenso wie diverse App-Anbieter, massiv Daten und wertet diese aus. Allerdings auch hier wieder nicht nach den Idealen freier Software, sondern eigenen ökonomischen Interessen.
Die Werte fehlen
Damit gehen auch wichtige Werte freier Software verloren. Ethik, Transparenz, Sicherheit und Nachhaltigkeit spielen letztlich keine Rolle. Dabei waren gerade im mobilen Bereich die Möglichkeiten so groß. Apps als nette kleine Progrämmchen hatten die Chance, offene Standards durchzusetzen, Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen und Zugang zu einer freieren Welt zu bieten. Stattdessen sind die Geräte ziemlich unfrei. Wenige Monate bis Jahre nach der Anschaffung sind die Geräte ohne Updates. Sicherheitsupdates sind Mangelware. Geräte, die aus dem Jahr 2016 oder älter sind, können bald eine Vielzahl an Websites nicht mehr aufrufen. All das ganz anders als man es unter den anderen Linux-Distributionen kennt. Während die Linux-Distributionen auf dem Desktop meist sicherer als die Konkurrenz ist, sieht es bei Android anders aus.
Alternativen
Letztlich muss man in meinen Augen Android aus Sicht der freien Software ein mangelhaftes Zeugnis ausstellen. Die Chancen, die Welt der mobilen Endgeräte mit freier Software zu gestalten, wurde vertan. Stattdessen hat sich ein Oligopol zwischen Apple und Google gebildet. Für Nutzer einer Linux-Distribution auf dem Desktop sind beide System frustran.
Mit einem hohen Maß an Aufwand kann man versuchen, Android von Google zu befreien. Die Lösungen heißen hier LineageOS, Replicant oder GrapheneOS. Wobei allerdings das Verbliebene nicht unbedingt für Freude sorgt und immer noch mit Google funkt.
Es bleibt spannend, ob sich eine Nische mit »guten« Linux-Distributionen im mobilen Bereich wird durchsetzen können. Eine Reihe an vielversprechenden Projekten wird bei Linuxnews vorgestellt. Der Weg zur Alltagstauglichkeit ist allerdings noch weit.
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