Von den Toten auferstanden: SCO gegen Linux

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Die Älteren unter uns werden sich an die endlose Prozesslawine erinnern, mit der die SCO Group in den Jahren 2003 bis 2010 IBM und andere Unternehmen wegen angenommener Copyright-Verstöße überzog. Dabei ging es um angeblichen Quellcode aus Unix im Linux-Kernel, an dem SCO nach deren Einschätzung Rechte besaß. Die Gerichte erkannten diesen Anspruch von SCO an Unix in letzter Instanz nicht an.

Groklaw als unerschöpfliche Quelle

Die angeblichen Unix-Plagiate im Linux-Quellcode wurden nie belegt und die Unix-Rechte wurden Novell zugesprochen. Die Geschichte dieses Mammutprozesses gegen verschiedene Unternehmen wie Novell, IBM oder Red Hat, die SCO letztlich in den Konkurs trieb, wurde von Freiwilligen auf der Webseite Groklaw minutiös dokumentiert.

Rückkehr des Zombies

Als ich in den letzten Tagen von einer erneuten Klage von SCO-Rechtsnachfolger Xinuos in dieser Sache gegen IBM las, dachte ich zunächst an einen Aprilscherz. Dass dem nicht so ist, belegt ein Artikel von Steven J. Vaughan auf ZDNet. Vaughan, der nach eigener Einschätzung über 500 Artikel zu der Prozessserie geschrieben hat, rollt die Geschichte verkürzt auf, um ein besseres Verständnis dafür zu erzeugen, was jetzt auf IBM und Red Hat zukommt.

We are not SCO. We are investors who bought the products. We did not buy the ability to pursue litigation against IBM, and we have absolutely no interest in that.

Xinuos CEO Sean Snyder, 2016

Dieses Versprechen des Xinuos-CEO scheint heute, da das Geschäftsmodell von Xinuos mit OpenServer anscheinend gescheitert ist, keine Gültigkeit mehr zu haben. Liest man die Anklagepunkte, die Xinuos jetzt gegen IBM und Red Hat vorbringt, so unterscheiden sie sich im Tenor nicht von denen, mit denen SCO Mal um Mal gescheitert war. In der Hauptsache wirft Xinuos IBM vor Xinuos (ehemals SCO) Software-Code für seine Server-Betriebssysteme unrechtmäßig kopiert und sich mit Red Hat verschworen zu haben, um den Markt unrechtmäßig aufzuteilen.

IBM bezeichnet Vorwürfe als nichtig

Neu ist, das Xinuos die Urheberrechtsansprüche auch auf IBMs Unix-Betriebssystem wie AIX ausweitet. Xinuos behauptet auch, dass sich seine Rechtsstreitigkeiten auf bestimmte UnixWare- und OpenServer-Betriebssysteme und auf Code beziehen, der nach dem 19. September 1995 entstanden sei und nicht auf den frühen Unix-Code.

IBM-Pressesprecher Doug Shelton sagte, die Urheberrechtsvorwürfe seien ebenso haltlos wie die vorgebrachten kartellrechtlichen Anschuldigungen gegen IBM und Red Hat. Lassen wir uns überraschen, wie die Posse weitergeht.

Kommentare

8 Antworten zu „Von den Toten auferstanden: SCO gegen Linux“

  1. Avatar von tuxnix
    tuxnix

    Gerichte wollen ja auch Leben.
    Allerdings müsste man, um IBM ins Wanken zu bekommen, dem Riesen dann eher schon eine Patentverletzung bei der Verwendung von Hollerithmaschienen nachweisen. 😉

  2. Avatar von Jochen Geyer
    Jochen Geyer

    Man sollte auch nicht vergessen, wer SCO (beim „Kampf“ gegen Linux) damals die Kriegskasse befüllt hat.
    SCO hat sich dabei als Marionette von Microsoft herausgestellt, was den heutigen Kurs „Microsoft loves Linux“ noch unglaubwürdiger macht.

    Die Älteren können sich bestimmt noch an diese Kampagne erinnern, die Microsoft ziemlich massiv betrieben hat.

    https://heise.cloudimg.io/width/356/q50.png-lossy-50.webp-lossy-50.foil1/_www-heise-de_/ct/imgs/04/6/9/0/5/3/5/ms-linux-57e1a38913213325.jpeg

    Fazit: Microsoft ist nicht zu trauen, so süß, die (vergiftete) Pille auch zu schmecken scheint.

    1. Avatar von no one
      no one

      Das hat jetzt aber nichts mit Microsoft zu tun, eigentlich noch nicht mal mit SCO von damals. Die sind nämlich Pleite gegangen und die Überreste wurden dann eben an Xinuos verkauft.

        1. Avatar von no one
          no one

          Das war vor 18 Jahren. Mit der aktuellen Entscheidung, die Klage nun doch weiter zu verfolgen hat das nichts zu tun.

          1. Avatar von ich
            ich

            Vermutlich nicht, aber genau wissen wir das nicht.

            Den Hinweis, dass wir MS nicht zu sehr vertrauen sollten, halte ich aber durchaus für sinnvoll. Wenn MS Linux so sehr liebt: Wo bleibt dann MS-Office für Linux? Man könnte zwar leicht zynisch sagen: „Wenn sie Linux lieben, lassen sie das lieber bleiben!“ Aber ich denke schon, dass damit eines DER Hauptgründe gegen Linux auf dem Desktop wegfallen würde. Und ich denke, dass man das MS-Office für Mac durchaus mit vertretbarem Aufwand auf Linux portiert bekäme. (Gut, Office für Mac hat mit MS-Office nur wenig zu tun (siehe z.B. die Inkompatibilität mit winmail.dat und generell mit Exchange, und das eigene Dateiformat, das MS-Office für Windows nicht öffnen kann, etc. pp.).

            Des Pudels Kern: Sie lieben Linux nur dort, wo sie damit Geld machen können. So weit, so nicht überraschend. Aber es ist eben durchaus sinnvoll sich vor Augen zu halten, dass es denen hier nur und ausschließlich um den schnöden Mammon geht.

          2. Avatar von tuxnix
            tuxnix

            Diese „wir verklagen euch vor Gericht wegen Patentrechtsverletzug“ Firmen sind in aller Regel Strohfirmen. Damit ist gewährleistet, das a) die Rufschädigung sich ausschließlich auf die Beklagte Seite auswirkt und b) sich der Kläger billig mit Konkurs aus den teuren Konsequenzen einer solchen Klage zurückziehen kann.

    2. Avatar von Atalanttore
      Atalanttore

      Damals war noch Steve „Stühlewerfer“ Ballmer der Geschäftsführer von Microsoft.

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