
Moderne Paketvertriebsmodelle wie Snap und Flatpak stehen oft in der Kritik. Demnach verschwenden sie Platz durch Duplizierung, verdrängen den Job der Maintainer aus den Distributionen und haben ein undurchsichtiges Sicherheitsmodell.
Nicht nur Nachteile
Dass diese neuen Vertriebsformen für Software aber auch unbestreitbare Vorteile sowohl bei den Distributoren als auch bei den Anwendern haben können, zeigt Canonical am Beispiel von Googles Browser Chromium. Dieser wird mit Ubuntu 19.10 als Snap und nicht mehr als DEB ausgeliefert.
Canonicals Community-Manager Alan Pope legt im Ubuntu-Blog dar, warum Chromium als Snap Sinn ergibt. Wer ein wenig Einblick in die Auslieferung und Aktualisierung von Software in Distributionen hat, der weiß, das Browser und Software mit direktem Netzzugang besonders viel Arbeit machen.
Browser machen viel Arbeit
Browser erscheinen alle paar Wochen und dazwischen gibt es meist noch Unterversionen, die oft genug Sicherheitsprobleme beseitigen. Die Maintainer müssen diese Versionen möglichst unverzüglich paketieren, um die Sicherheit der Anwender nicht zu gefährden. Dabei müssen alle unterstützten Veröffentlichungen mit allen ausgelieferten Architekturen versorgt werden.
Im Fall von Ubuntu und Chromium bedeutet das, dass Chromium im Fall eines noch so kleinen Updates für die derzeit unterstützten Versionen Ubuntu 16.04 LTS, 18.04 LTS, 19.04 und das kommende Ubuntu 19.10 nach dem herkömmlichen Modell als Debian-Paketseparat gebaut werden muss. Das wird nochmals multipliziert durch die ausgelieferten Architekturen amd64, i386, armhf und arm64.
Es lässt sich ermessen, wie viele Mannstunden dieses Szenario bindet, selbst wenn vieles automatisiert abläuft. Die Entscheidung, Chromium ab 19.10 im neuen Format auszuliefern, spart hier einiges an Zeit und Ressourcen.
Snap to the Rescue
Ein Snap muss nur einmal pro Architektur erstellt werden und läuft auf allen Systemen, die snapd unterstützen. Dies gilt für alle unterstützten Ubuntu-Versionen, einschließlich 14.04 mit Extended Security Maintenance (ESM), sowie für andere Distributionen wie unter anderem Debian, Fedora, Mint und Manjaro.
Weitere Vorteile
Doch Snaps bieten bei den bereits erwähnten möglichen Nachteilen auch weitere Vorteile. So kann der Anwender über Channels im Snap-Store auf einfache Weise per Mausklick zwischen verschiedenen Versionen einer Software wechseln, sofern der Entwickler diese anbietet. Im Fall von Chromium bietet Google die Kanäle stable, beta und dev, die optimal auf die Kanäle stable, beta und edge abgebildet werden können.
Sandbox soll Sicherheit bieten
Der Snap Store liefert Snaps automatisch im Hintergrund aus , sodass Benutzer sicher sein können, dass sie mit aktueller Software arbeiten, ohne ihre Updates manuell verwalten zu müssen. Die Sicherheit von Chromium wird durch strikte Beschränkung der Kontakte außerhalb der Sandbox erhöht.
Mit 19.10 offiziell als Snap
Die erste Veröffentlichung des Chromium-Snaps erfolgte vor zwei Jahren, und hat derzeit mehr als 200.000 Benutzer in Ubuntu und mehr als 30 anderen Linux-Distributionen. Die Entwickler sind zuversichtlich, dass es an der Zeit ist, mit dem offiziellen Übergang von DEB zu Snap mit Ubuntu 19.10 zu beginnen, sodass eventuelle Probleme bis zum nächsten LTS-Release 20.04 ausgebügelt werden können.
Um Chromium als Snap in Ubuntu 19.10 Beta oder den Daily Builds zu testen, genügt es, snap install chromium, gefolgt von snap run chromium in ein Terminal einzugeben. Bei aller angebrachten Kritik an Snaps und vor allem dem Snap-Store überwiegen in diesem Beispiel die Vorteile für Entwickler und Anwender meiner Meinung nach klar die Nachteile.
Schreibe einen Kommentar