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Gründe für eine kleine Cloud gab es auch schon vor der Corona-Pandemie viele. Die freie Software Nextcloud bietet sich dafür an. Sie kann vieles, aber nicht alles gut, wie der Erfahrungsbericht des Autors zeigt.
Digitale Dienste werden heutzutage an jeder Stelle genutzt. Kaum ein Verein oder Projekt kommt ohne eigene Website, internem Kontakttool zwischen Whatsapp und Slack, Online-Speicher und Zusatztools wie Doodle und Konsorten aus. Leider sind die meisten dieser Lösungen immer weder »frei« noch datenschutzfreundlich. Dafür aber jedes Projekt von einem anderen Anbieter.
Viele Funktionen und einfache Installation
Hier kann die Nextcloud Abhilfe leisten. Sie kann nahezu alles. Die Funktionen sind nicht auf das Speichern, Synchronisieren und Teilen von Daten begrenzt. Sondern diese können bearbeitet werden. Audio- und Videochats werden ebenfalls ermöglicht. Groupware-Funktionen wie Kalender, Kontaktverwaltung, Mails und Aufgaben sind ebenfalls möglich. Spätestens im App-Store erhält man alles, was das Herz begehrt. Und das auf dem selbst eingerichteten und verwalteten Server. Ob das gut gehen kann?
Die Installation ist einfach. Für die Applikationen zur Nutzung auf Smartphone und Computer sowieso; für den Server gibt es bei vielen Anbietern eine 1-Klick-Installation, wer den Server in den eigenen vier Wänden haben möchte, findet Heim-/Büroserver mit vorinstallierter Nextcloud. Es ist natürlich reizvoll, im gemieteten Webspace neben der Homepage noch eine Nextcloud-Instanz zu installieren. Allerdings muss einem klar sein, dass die technischen Voraussetzungen dann nicht immer in vollem Umfang gegeben sind.
Die Cloud, die ich rief
Grundfunktion für die private Cloud ist natürlich das Speichern von Daten auf dem Server. Das klappt am besten mit den Applikationen für Desktop und Mobilgeräte. Die Ordner werden dann bequem im Dateimanager mit eingebunden und im Hintergrund synchronisiert. Das sorgt auch für weniger Probleme als der manuelle Upload. Denn bei nicht allzu guter Internetverbindung bricht der leider allzu leicht ab.
Zumindest irritierend ist, dass sich Nextcloud so sehr als kollaborative Plattform versteht, dies aber nicht unbedingt per Standard ist. Ein Beispiel: Jeder Nutzer einer Nextcloud-Instanz blickt in den Dateien auf seine eigenen und muss diese für seine Teammitglieder manuell freigeben. Das sorgt in der Praxis leicht für Verwirrung, zumal der Admin für echte gemeinsame Ordner auch noch eine App nachinstallieren und einrichten muss (Group folders). Ebenso ärgerlich ist, dass sich die Links zum Teilen nicht manuell ändern lassen, sondern zufallsgeneriert bleiben.
Für fast alle Funktionen muss man das Webinterface nutzen. Dieses ist zwar grundsätzlich hübsch und aufgeräumt, allerdings im Gegenzug häufig etwas hakelig und wenig intuitiv. So findet sich mal unten links ein Button für Einstellungen, dieser führt aber zu anderen Einstellungen, als sie oben rechts zu finden sind. Für viele Funktionen muss man auch schon wissen, wo man hinklicken muss. Dabei werden schnell mal Dateien geöffnet, was man gar nicht möchte. Dann wieder zurückzukommen ist, abhängig vom Server, Geduldssache.
Zwischen Großanwendung und Privatgebrauch
Insgesamt ist an vielen Stellen noch nicht so ganz klar, was die Nextcloud sein möchte. Sie kann nahezu alles, aber nicht per Standard und auch nicht immer gut. Eigentlich bietet sich als Einsatzzweck die private Cloud für Familie, Freunde, Projekte oder Vereine an. Allerdings braucht man da schon zumindest einen Admin, der sich ganz gut damit auskennt. Denn die Einstellungen sind nicht nur manchmal etwas umständlich, sondern mitunter auch technisch komplexer. Welcher Hobby-Admin weiß, wie die Hintergrund-Aufgaben (AJAX, Cron, …) korrekt konfiguriert werden? Andere Einstellungen sucht man hingegen vergebens.
Fazit
Nextcloud ist tolles Projekt. Es bietet beeindruckend viele Funktionen, ist allerdings nicht so leicht zu administrieren, wie es suggeriert. Und leider auch für die Nutzer nicht immer so intuitiv. Allerdings ist Nextcloud noch immer ein eher junges Projekt mit beachtlichen Fortschritten. Das lässt noch auf zahlreiche Verbesserungen hoffen.
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