Schlagwort: Rückblick

  • Linux 2021 – das Jahr im Rückblick

    Linux 2021 – das Jahr im Rückblick

    Das Jahr 2021 ist zu Ende. Es wird in die Geschichte eingehen als das zweite Jahr der ersten Pandemie des 21. Jahrhunderts. Noch ist kein Ende in Sicht und das beste, was wir erhoffen dürfen ist eine endemische Situation. Doch selbst dann bleiben die Folgen noch lange spürbar.

    Linux in der Pandemie

    Die Auswirkungen der anhaltenden Chipkrise und vielerorts zusammengebrochener Lieferketten werden uns noch über Jahre begleiten und haben auch die Nische Linux Hardware fest im Griff. Hersteller wie Pine64 oder Purism haben Probleme, die Komponenten ihrer Linux-Hardware einzukaufen. Purism hat daraufhin kürzlich beschlossen, ihre bis dahin praktizierte »Just-in-time«-Produktion auf eine Lagerhaltung umzustellen, die es erlaubt, solche Lieferengpässe aufzufangen.

    Entwickler isoliert

    Des Weiteren ist die Linux-Szene durch den Wegfall der persönlichen Treffen der Linux-Entwicklergemeinde durch die Pandemie betroffen. Die jährlichen Treffen auf Konferenzen wie FOSDEM, Chemnitzer Linuxtage, DebConf und viele andere erleben 2022 vermutlich zum dritten Mal die Austragung als reine Online-Konferenzen. Darunter leiden die sozialen Kontakte der Entwickler untereinander, die den größten Teil des Jahres online im IRC oder Plattformen wie Matrix, GitHub oder Slack zusammen arbeiten und nur auf den Konferenzen ihre sozialen Kontakte untereinander pflegen und neue knüpfen.

    Geburtstag

    Linux feierte 2021 seinen 30. Geburtstag. Das genaue Datum unterscheidet sich, je nachdem, ob als Geburtstag die Ankündigung oder die erste Veröffentlichung am 17. September angenommen wird. Am 25. August 1991 gab Linus Torvalds jedenfalls im Usenet bekannt, dass er an einem Betriebssystemkern arbeite. Im gleichen Atemzug gab er eine der wohl größten Fehleinschätzungen in der IT-Geschichte ab, vergleichbar mit Bill Gates Aussage, dass niemand jemals mehr als 640 KB Arbeitsspeicher brauchen würde (falls er das je wirklich gesagt hat). Torvalds sagte damals:

    I’m doing a (free) operating system (just a hobby, won’t be big and
    professional like gnu) for 386(486) AT clones.

    Linus Torvalds, 25.8.1991

    Mobiles Linux

    Wir alle wissen, wie sehr er sich damit geirrt hat. Allerdings zu behaupten, Linux wäre im Mobilmarkt angekommen ist wahrscheinlich zu hoch gegriffen, denn dazu sind die vorhandenen Geräte bei Hard- und Software noch zu sehr im Experimentierstadium. Ein beachtenswerter Neuzugang in der Nische in diesem Jahr ist das JingPad A1, ein chinesisches Linux-Tablet, das mit dem dazugehörigen JingOS Apples iPad OS nacheifert. Ich habe das JingPad hier liegen, ebenso wie das Librem 5 und bin bei beiden noch nicht dazu gekommen, sie mir näher anzuschauen. Über das JingPad hat ein Leser dankenswerterweise einen ausführlichen Artikel verfasst.

    Trends 2021

    Für mich sind vorrangig zwei sich ergänzende Trends zu erkennen. Red Hat strebt mit RHEL ein unveränderliches Dateisystem an, dessen Standard-Paketbestand hauptsächlich aus Flatpaks besteht. Zunächst wird dieses neue Mantra vielleicht schon im kommenden Jahr bei Fedora Workstation nach dem Vorbild von Fedora Silverblue umgesetzt. Mit Fedora 35 erschien im Herbst Kinoite als Pendant auf der Basis von KDE Plasma. Es wird spannend zu sehen, welche Nachahmer es für diesen Trend geben wird.

    Ein weiterer Trend aus der gleichen Ecke will Fedora den zwar coolen, aber der weiteren Verbreitung nicht unbedingt förderlichen Nimbus einer Distribution für Entwickler nehmen und mehr auf den generellen Desktop-Markt und sogar auf Gamer abzielen. Und wo wir schon bei Red Hat sind. Aufgrund der Entscheidung, CentOS in der bisherigen Form in Rente zu schicken, hat das Unternehmen zur Entwicklung von mindestens zwei neuen Distributionen beigetragen. die die Nachfolge von CentOS für sich beanspruchen. Es handelt sich dabei um AlmaLinux und Rocky Linux, die beide bereits mehrere Veröffentlichungen hinter sich haben.

    Arch Linux hat im vergangenen Jahr ebenfalls einen Schritt in Richtung mehr Zugänglichkeit getan, mit dem nicht unbedingt zu rechnen war. Das Projekt hat mit einem offiziellen Installer-Script namens archinstall das Aufsetzen der Distribution wesentlich vereinfacht. Der neue Installer, der seit April in den Abbildern von Arch Linux verfügbar ist, arbeitet auf Textbasis und führt den Anwender durch die Installation.

    Gaming

    Gaming unter Linux liegt seit Jahren im Trend und wird dabei maßgeblich von der Firma Valve und deren Steam-Plattform gefördert. Am 15. Juli stellte Valve in diesem Zusammenhang die Handheld-Konsole Steam Deck vor, deren Auslieferung im Februar 2022 anlaufen soll. Was das mit Linux zu tun hat? Nun, als Betriebssystem läuft ein SteamOS, das auf Arch Linux basiert. Das könnte bedeuten, dass für Steam Deck freigegebene Spiele auch auf dem Linux-Desktop laufen. Zumindest ist das meine Einschätzung, die nicht von irgendwelchem Wissen über Gaming getrübt ist. Warten wir es also ab.

    Aufgewertet

    Im Rahmen der Modernisierung der Kernel-Entwicklung sieht ein Anachronismus seinem Ende entgegen: der Pflicht, für Einreichungen zum Kernel einen E-Mail-Client, -Dienst oder -Gateway starten zu müssen. Im Juni stellte Kernel-Entwickler Konstantin Ryabitsev seine Arbeit an einem Bot namens github-pr-to-ml vor, das auf GitHub Pull Requests überwachen und in vollständige Patch-Reihen umwandeln kann. Zudem arbeitet er in diesem Zusammenhang weiter an b4.

    Das GNOME-Projekt hat mit GNOME 40 im März eine tiefgreifende Änderung des Bedienschemas eingeführt. Dabei wurde die Bedienung von einer bisher vertikalen zu einer horizontal ausgerichteten Bedienung geändert und rückt die bisher eher am rechten Rand klebenden Workspaces mittig in den Fokus. Diese Änderung des Bedienschemas ist hauptsächlich der Umsetzung einer besseren Bedienbarkeit auf Touchscreens geschuldet.

    Gleichzeitig wurde auch die Versionierung vereinfacht. GNOME 40 hätte eigentlich 3.40 heißen sollen. Die Vorabversionen heißen künftig beispielsweise 42.alpha, 42.beta und 42.rc. Die Wartungs-Releases von GNOME 42 werden als 42.1, 42.2 usw. veröffentlicht. An dieses wichtige Release knüpft im nächsten Frühjahr GNOME 42 an, das die Integration von GTK 4 größtenteils umsetzt und dazu mit libadwaita den Nachfolger von libhandy einsetzt

    KDE Plasma hat zumindest genauso viel Weiterentwicklung erfahren, allerdings eher als kontinuierliche Verbesserung und ohne große Brüche wie bei GNOME. Derzeit wird der Umstieg auf Qt6 vorbereitet, was aber nach Aussagen der Entwickler nicht als Bruch wahrnehmbar sein wird. Wo es bei Plasma noch hapert, ist Wayland, der Stand von GNOME ist noch nicht erreicht. Fedora 35 prescht hier mit dem KDE-Spin vor, der Wayland standardmäßig nutzt.

    Andere Desktops wie Xfce unterstützen Wayland bisher noch gar nicht. Daran wird sich auch mit dem anstehenden Xfce 4.18 nicht viel ändern, initiale Unterstützung ist jedoch geplant. Längerfristig ist ein Umstieg von Xfwm auf Mutter als Fenstermanager geplant. Hier können Synergien genutzt werden, denn Olivier Fourdan, Schöpfer der Xfce-Desktop-Umgebung und mithin Autor von Xfwm, arbeitet mittlerweile für Red Hat unter anderem an Wayland und Mutter.

    Diskussionsstoff

    Neben Red Hats Entscheidung, CentOS in Rente zu schicken gab es noch andere Themen, die für Aufregung sorgten. Debian diskutierte gleich im Januar über den Umgang mit Non-Free-Firmware. Es ging darum, Abbilder der Distribution mit für aktuelle Hardware benötigter unfreier Firmware für Neueinsteiger besser zugänglich zu machen. Kontrovers diskutiert wurde im März die Rückkehr von Richard M. Stallman in den Vorstand der FSF.

    Im März und April wurde Audacity zum Aufreger. Das Open Source-Tool zur Audiobearbeitung wurde von der Muse Group übernommen. Kurz darauf wurde die Einführung von per Google Analytics erhobener Telemetrie angekündigt, was einen ersten Fork der Software bewirkte. Es gab erhitzte Diskussionen auf verschiedenen Plattformen, woraufhin Muse Group einen Rückzieher machte, um die Pläne zu überarbeiten. Im Juli wurden dann mit einer neuen Datenschutzrichtlinie etwaige noch verbliebene Sympathien verspielt. Hier redete man sich als Reaktion auf den Sturm der Entrüstung mit »unklarer Formulierung« heraus. Wer danach den Glauben an eine wohlmeinende Muse Group verloren hat, kann sich den Fork Tenacity anschauen.

    Im August gab es Aufregung um Beiträge zum Kernel von der University of Minnesota. Studierende hatten für ein Forschungsprojekt vorsätzlich fehlerhafte Patches, die teilweise eine Sicherheitsgefährdung darstellten, an die Kernel-Mailingliste geschickt, um die Sicherheit von FLOSS Projekten und hier im Speziellen die des Kernels zu testen. Selbst Greg Kroah-Hartman, üblicherweise ein Meister der leisen Töne, fand dafür harsche Worte und sperrte alle Einreichungen der @umn.edu-Domain und somit die gesamte University of Minnesota von der Kernel-Entwicklung aus.

    Auch Google trug wieder sein Scherflein zu den Aufregern des Jahres bei. Mit Federated Learning of Cohorts (FLoC) stellte der Suchmaschinen-Riese damit ein Konzept zum verträglichen Tracking der Anwender des Chrome-Browsers zu Werbezwecken vor. In der Folge erklärten viele Unternehmen und Organisationen FLoC zum Sicherheitsrisiko und lehnten die Verwendung ab.

    Im April und Mai schoss der neue Besitzer des IRC-Netzwerks Freenode, Andrew Lee sich und seine Neuerwerbung völlig ins Abseits, womit eins der ältesten IRC-Netzwerke zur Bedeutungslosigkeit verkommt und die meisten Projekte zum neu gegründeten Netzwerk Libera.Chat oder zu OFTC gewechselt sind.

    Im Juli war GitHub an der Reihe. Die Einführung von Copilot, einem Tool für künstliche Intelligenz, das Entwickler mit automatischer Vervollständigung von Code aus dem riesigen GitHub-Fundus unterstützen soll. Die FSF sah sich angesichts drohender Lizenzprobleme zu einem Aufruf zum Erstellen von White Papers veranlasst.

    Was stach heraus?

    Die für mich wichtigste Veröffentlichung einer Distribution im vergangenen Jahres ist eindeutig Fedora 35. Bei Anwendungen stehen mehrere Projekte auf den vorderen Plätzen: die lange aufgeschobene Veröffentlichung von Xorg-Server 21.1 samt der bereits vorher vorgenommenen Ausgliederung von XWayland als eigenständiges Paket stehen der Einführung von PipeWire in ersten Distributionen in nichts nach.

    Hat 2021 Linux nach vorne gebracht? Für mich persönlich kann ich das mit einem klaren Ja beantworten. Für mich war 2021 schon wieder mal das Jahr für Linux auf dem Desktop. Die Meinungen werden da je nach Anwendungsfall natürlich auseinandergehen, aber ich brauche außer Linux nichts für meinen privaten und beruflichen Bedarf. Für 2022 erwarte ich, dass Immutable Linux weiter in den Vordergrund rückt.

    Photo by Paul Carroll on Unsplash

  • Linux 2020 – das Jahr im Rückblick

    Photo by Paul Carroll on Unsplash

    Das Jahr 2020 wird als ein dunkles Jahr in die Annalen der Menschheit eingehen. Die Corona-Pandemie hält auch zum Jahresende und darüber hinaus große Teile des Planeten fest im Griff. Auch die Technologiebranche wurde hart davon getroffen, Lieferketten brachen zusammen und führten zu Verspätungen bei der Fertigstellung und Auslieferung von Hardware.

    Linux in der Pandemie

    Im Bereich Linux-Hardware spürten dies Unternehmen wie Pine64 und Purism, die ihre Produkte nicht zeitgerecht an die Kunden ausliefern konnten. In Sachen Linux-Software gab es keine spürbaren Verwerfungen, was daran liegen mag, dass hier viele Unternehmen bereits vor der Pandemie dezentral im Home-Office arbeiteten und darüber hinaus keine ausgeprägte Unternehmensstruktur besaßen. Alle übers Jahr verteilten Linux-Konferenzen außer der FOSDEM Anfang Februar wurden online abgehalten. Erfreulicherweise brachte der November ein neues Linux-Event zur erfolgreichen ersten Online-Austragung. Die Tux-Tage sollen auch 2021 eine Neuauflage erfahren.

    Das Jahr der Linux-Phones

    Ob 2020 wieder einmal das Jahr des Linux-Desktops war, muss jeder für sich selbst entscheiden. Definitiv war 2020 für mich aber das Jahr der Linux-Phones. Sie sind zwar erst für eine kleine Gruppe von Anwendern ein täglicher Begleiter, aber wir können entscheiden, welches von zwei Linux-Phones wir gerne hätten. Das ist Linux-Luxus.

    Zudem wurde mit dem Markteintritt von PinePhone und Librem 5 eine hoffentlich nachhaltige Entwicklung angestoßen, die in ein paar Jahren dazu führt, dass wir ein Linux-Phone kaufen können, dass unsere Bedürfnisse an einen mobilen Begleiter sogar besser erfüllt als das Duopol von Google und Apple.

    Hinzu kommen die Geräte, die zwar Android ASOP als Basis nutzen, aber alle Brücken zu Google und seinen Diensten kappen wollen. Hier sind neben den Geräten, die Anwender mit Lineage OS oder GrapheneOS selbst bespielen die vorinstallierten Geräte der /e/-Foundation sowie das Volla-Phone zu nennen.

    Das erste PinePhone, als »Brave Heart Edition« bezeichnet, wurde ab Mitte Januar noch ohne Betriebssystem ausgeliefert, im Jahresverlauf folgten die »Community Editions« mit Ubuntu Touch, postmarketOS und Manjaro Linux. Eine Edition mit Plasma Mobile kann seit Anfang Dezember bestellt werden.

    Eine der Besonderheiten des PinePhone ist, dass es Betriebssysteme per SD-Karte starten kann, was natürlich zum Experimentieren einlädt. Das ist auch ein Stichwort, welches das PinePhone zutreffend beschreibt, denn es wird aufgrund seiner Beschränkungen nur bei wenigen Anwendern als täglicher Begleiter die bisher genutzten Smartphones ersetzen können. Es wird interessant sein, zu sehen, wohin die Reise mit dem PinePhone geht. Im Frühjahr soll ein Wechsel-Cover unter anderem mit einer Tastatur ausgestattet werden.

    Librem 5
    Das Librem 5 – ein Computer, mit dem man auch telefonieren kann

    Herkules-Aufgabe Librem 5

    Das Librem 5 wird seit Mitte November in der stabilen Variante ausgeliefert, mein Exemplar wird vermutlich Ende Januar oder Anfang Februar eintrudeln. Purism hat sein auf Debian basierendes Betriebssystem PureOS auf den mobilen Formfaktor umgestrickt und dabei eng mit der GNOME-Community zusammengearbeitet. Sowohl das PinePhone als auch das Librem 5 werden im Mainline-Kernel unterstützt. Somit laufen diese Geräte im Gegensatz zu Android-Phones mit aktuellen Kerneln.

    Apps entscheiden über den Erfolg!?

    Über den Erfolg oder Misserfolg einer mobilen Plattform entscheidet im Endeffekt das Angebot an verfügbaren Apps und die Linux-Phones sind davon nicht ausgenommen. Deshalb habe das Thema App-Entwicklung für Linux-Phones im Februar aufgegriffen. Bei den Brot-und-Butter-Apps stehen die neuen Linux-Phones nicht schlecht da. Die von Purism erstellte Bibliothek Libhandy erleichtert es darüber hinaus, GNOME-Apps auf den mobilen Formfaktor zu portieren. Eine weitere Option sind Progressive Web Apps. Anbox wird vermutlich ebenfalls in absehbarer Zeit in der Lage sein, unverzichtbare Android-Apps in Containern auszuführen.

    Januar

    DasLinux-Jahr 2020 startete langsam und behäbig. Zum Jahresanfang wurde das erste PinePhone aus dem Pin64 Store verschickt, es hörte auf den sprechenden Namen »Brave Heart Edition«. Canonical kündigt an, Anbox in der Cloud nutzen zu wollen. Anbox Cloud ist eine mobile Cloud-Computing-Plattform, die mobile Workloads mithilfe von Android als Gastbetriebssystem auf Canonicals LXC oder LXD containerisiert. Bleibt zu hoffen, dass Anbox dadurch insgesamt in seiner Entwicklung gefördert wird.

    Mit 6 Pins auf der Rückseite des PinePhone soll in Kürze ein Tastatur-Cover angesprochen werden

    Februar

    Ein eher seltener Fall war im Februar die Migration von Project Trident von BSD zu Linux. Genauer gesagt wechselte die Distribution von FreeBSD zu Void Linux. Insgesamt eine verwickelte Geschichte, in die auch die später im Jahr erfolgte Veröffentlichung von TrueNAS Core 12 hineinspielt. Ebenfalls im Februar startet Firefox mit DNS over HTTPS (DoH) in den USA, um abgesicherte DNS-Abfragen später auch in anderen Ländern auszurollen.

    März

    Erst im März erschien mit Linux 5.6 der erste Kernel des Jahres, vier weitere sollten folgen. Linux 5.6 brachte die lang erwartete Aufnahme von WireGuard in den Kernel, das zeitgleich die Versionsnummer 1.0 erreichte. Im März setzte auch der erste Corona-Lockdown ein und verbannte Millionen Arbeitnehmer ins Home-Office. Vorteil dieser Entwicklung waren übers Jahr Verbesserungen bei Technologien für Webkonferenzen nicht nur aus dem Bereich Open Source. Mehrere Open-Source-Kollaborationsprojekte, darunter Element, Mattermost und Jitsi, haben während der COVID-19-Pandemie Fortschritte gemacht. Der März sah zudem die Veröffentlichung von GNOME 3.36, das große Änderungen vermissen ließ, dafür aber mit vielen kleinen Anpassungen punktete.

  • News-Rückblick der letzten Woche

    Quelle: Stock Snap | Lizenz: CC0 1.0

    Eine Woche radeln an der Ostsee und die Akkus sind frisch gefüllt für die nächsten Monate. Leider ist mein ThinkPad auf der Reise verstorben und so gab es die letzten Tage überhaupt keine News. Hier folgt ein kurzer Rückblick über wichtige und weniger wichtige Neuigkeiten aus der Linuxwelt der vergangenen Woche.

    Fedora 33 Beta

    Bei den Distributionen erschienen letzte Woche die Betas zu Fedora 33 und Ubuntu 2010 »Groovy Gorilla«, die beide noch im Oktober zu generellen Verfügung bereitgestellt werden sollen. Bei Fedora sind die Highlights der Umstieg auf Btrfs als Dateisystem bei Neuinstallationen der Desktop-Varianten der Distribution sowie der Aufstieg der IoT-Variante in die Reihe der offiziellen Fedora-Editionen.

    Ubuntu 20.10 »Groovy Gorilla«

    Ubuntu 20.10 »Groovy Gorilla« setzt, wie auch Fedora 33, auf GNOME 3.38 als Desktop-Umgebung. Ebenso setzen beide auf Linux 5.8 als Kernel. So wird beispielsweise die AMD-APU Renoir besser unterstützt, ein neuer exFAT-Treiber ausgeliefert und Thunderbolt 4 für ARM-Geräte bereitgestellt. Ubiquity, der Ubuntu-Installer bietet jetzt Active Directory-Integration. Die AD-Unterstützung soll Unternehmen dabei helfen, das System in bereits bestehende verwaltete Netzwerke zu integrieren.

    Nextcloud Hub 20

    Bei Nextcloud wurde am Wochenende auf der diesjährigen Nextcloud-Konferenz in Berlin mit Nextcloud Hub 20 eine neue Version der Synchronisations- und Kollaborationssoftware vor, die mit einer Menge neuer Features glänzt. Dabei geht es hauptsächlich um die Integration eines guten Dutzend weiterer externer Dienste, wie etwa GitLab, Mastodon, Moodle, Twitter, Reddit und Slack. Diese sind in der neuen Version über das Dashboard zugänglich. Als Apps einbindbar sind unter anderem der Passwort-Manager KeePass sowie die Videokonferenz-Software BigBlueButton. Auch die Ticketsysteme Zammad und Jira sind integriert.

    Netxcloud Talk 10 bietet Brücken zu verschiedenen anderen Chat-Lösungen wie Microsoft Teams, Slack, Mattermost, Matrix, IRC, XMPP, RocketChat und Steam. Das Dashboard wurde überarbeitet. Die Integration der Drittanbieter-Dienste soll über die nächsten Releases hin verbessert und weiter ausgebaut werden.

    Vom Rest das Beste

    Der Open Source-Pionier Eric Raymond (ESR) trägt Eulen nach Athen, wenn er orakelt, dass Windows irgendwann durch einen Linux-Unterbau ersetzt werden wird. Der Linux Vendor Firmware Service (LVFS) zur einfachen Aktualisierung von Firmware unter Linux hat laut Entwickler Richard Hughes die Schwelle von 20 Millionen Downloads überschritten. Die Veröffentlichung von Mint 20.1 wurde für kurz vor Weihnachten in Aussicht gestellt. Die Free Software Foundation (FSF) feiert heute ihren 35. Geburtstag. KDE Plasma soll alternativ eine systemd-basierte Startmethode erhalten, wie Entwickler David Edmundson in seinem Blog schreibt.

  • Linux 2019 – das Jahr im Rückblick

    Photo by Ian Parker on Unsplash

    Wieder geht ein Jahr zu Ende und mit ihm gleich noch ein Jahrzehnt. Wenn ich auf 2019 in Sachen Linux zurückblicke, war es wieder ein ereignisreiches Jahr mit Tops und Flops. Wie jedes Jahr war auch 2019 wieder das Jahr des Linux-Desktops – oder auch nicht, je nach Betrachtungsweise. Aber ganz sicher war es das Jahr des Linux-Smartphones.

    Das Jahr beginnt mit Linux 5.0

    Aber von vorne. In der ersten Januarwoche brach die Zeit von Linux 5 an. Linus Torvalds eröffnete den Entwicklungszyklus zu Linux 5.0 gleich in der ersten Woche des neuen Jahres, 2020 kann er es ruhiger angehen lassen, die Veröffentlichung von Linux 5.5 steht erst im Februar an. Wenige Tage später erschien Ubuntu Touch OTA-7 für die Freunde freier Betriebssysteme auf Mobilgeräten.

    Erwartung und Realität

    Chrome OS rückt näher an Linux heran, viele Chromebooks bieten mittlerweile Zugang zu Linux-Anwendungen über den App-Launcher. Linux-Phones und weitere mobile Betriebssysteme machen von sich reden. PostmarketOS legten einen Bericht zum Stand der Entwicklung vor, das Librem 5, das zu dem Zeitpunkt zur Veröffentlichung im April vorgesehen war, kam gut voran, während ich mir Gedanken zu Erwartung und Realität diesbezüglich in der Öffentlichkeit machte.

    Linux-Smartphone aus China

    Ende Januar kündigte das chinesische Unternehmen Pine64 neue Produkte mit Linux als Betriebssystem an, darunter ein Tablet und ein neues Pinebook, aber auch das PinePhone, das nun ein Jahr später für 149 US-Dollar in einer ersten Auflage zur Auslieferung gelangt.

    Meltdown & Spectre und kein Ende

    Auch in 2019 blieben wir nicht vor weiteren Horrormeldungen bezüglich Meltdown & Spectre verschont. Über das Jahr verteilt wurden weitere Angriffspunkte veröffentlicht und es ist kein Ende in Aussicht. Im Februar hatte ich eine Situationsbestimmung versucht. Gerne hört man die Aussage, Privatrechner seien ja wegen des viel zu hohen Aufwands eines solchen Angriffs davon nicht betroffen und von daher sei das nicht wirklich relevant. Das ist meiner Meinung nach wie in Anbetracht der kaum noch vorhandenen Privatsphäre zu sagen: »Aber ich habe doch nichts zu verbergen“.

    KDE-Software im Aufwind

    WireGuard in Kernel 5.6
    Bild: WireGuard | Quelle: XDA-Developers

    KDE-Software konnte im zu Ende gehenden Jahr an vielen Stellen massiv aufgewertet werden. Das begann Mitte Februar mit der Veröffentlichung von Plasma 5.15. Mich als KDE-Fan erfreute dabei besonders die Unterstützung für den VPN-Tunnel WireGuard, der im Frühjahr 2020 mit Linux 5.6 zur Aufnahme in den Kernel ansteht. Auch die Integration von Wayland unter Plasma wurde weiter vorangebracht. Virtuelle Desktops werden ab 5.15 unterstützt und bieten sogar mehr Möglichkeiten als unter X11.

    LibreOffice, eine der freien Alternativen zu MS Office, veröffentlichte Version 6.2 und liefert damit für alle Komponenten eine Notebookbar aus, die optional die Funktionalität der Ribbons von MS Office nachbildet. Im Januar 2020 feiert die Document Foundation, die hinter LibreOffice steht, ihr zehnjähriges Bestehen und veröffentlicht zeitgleich die stabile Version von LibreOffice 6.4.

  • Linux 2018 – das Jahr im Rückblick

    Photo by Ian Parker on Unsplash

    Das Jahr 2018 war angeblich wieder nicht das Jahr des Desktops für Linux. Aber wen schert das wirklich? Wer Linux benutzen will, der tut es eben. Linux ist genauso fragmentiert wie eh und je – die einen sehen das als Vorteil, was die anderen als erfolgsverhindernd betrachten. Ich bin zufrieden, so wie es ist.

    Langweilig war 2018 für Linux jedenfalls nicht. Das Jahr begann mit einem Paukenschlag. Alle Intel-Prozessoren der letzten Jahre und zum Teil auch CPUs von AMD und ARM wiesen eklatante Sicherheitslücken auf. Gut ausgerüstete Angreifer konnten unter anderem durch eine Lücke bei der spekulativen Ausführung persönliche Daten auslesen.

    Meltdown und Spectre

    Die Lücken wurden schnell unter den Namen Meltdown & Spectre bekannt. Über das Jahr wurden viele weitere Lücken meist gleichen Ursprungs gefunden. Ein Teil davon betraf nur CPUs mit Hyper Threading (HT). Intel hat sich zunächst nicht mit Ruhm bekleckert wenn es darum ging, die Kunden über die Gefahren aufzuklären. Das besserte sich erst nach anhaltend schlechten Kritiken in der Presse.

    »Im Moment gibt es eine Menge sehr überarbeiteter, mürrischer, schlafloser und einfach nur angepisster Kernel-Entwickler, die so hart wie möglich daran arbeiten, diese Probleme zu lösen, die sie selbst überhaupt nicht verursacht haben.« Greg Kroah-Hartman, 7.1.2018

    Die Kernel-Entwickler legten etliche Sonderschichten ein, um das Problem einzudämmen und erste Patches mit den Kerneln 4.15 und 4.16 auszuliefern. Heimanwender haben von den Lücken kaum etwas zu befürchten, leiden aber ebenfalls unter einer Verlangsamung von Prozessen durch einige der Patches, die bei Virtuellen Maschinen bis zu 50 Prozent betragen können.

    Es wird noch eine Weile dauern, bis im Silizium bereinigte CPUs flächendeckend zur Verfügung stehen. Bis dahin müssen sich viele von uns auch an die eigene Nase fassen, denn die Prämisse von »schneller, höher, weiter« führte bei ständiger Verringerung des Effekts von Moores Law zu immer waghalsigeren Methoden, der nächsten CPU-Generation noch mehr Geschwindigkeit abzuringen. Mittlerweile schalten Heimanwender und Profis HT vielfach ab und verzichten auf die Patches, die zu viel Performance kosten.

    Photo by Eamonn Maguire on Unsplash

    Linux-Smartphone Librem 5

    Das ganze Jahr über beschäftigte uns auch die Entwicklung des von Purism entwickelten Linux-Smartphones Librem 5, dass wir hoffen, im April 2019 in Händen halten zu können. Nach einer erfolgreichen Schwarmfinanzierung 2017 startete die Entwicklung 2018 durch. So erschien Mitte Januar bereits der erste Statusbericht. Doch ohne unken zu wollen: Da gerade erst nach einigen Verspätungen die Dev-Boards verschickt werden, wird sich vermutlich der Markteintritt des Librem 5 nochmals etwas verschieben. Aber besser ordentlich als pünktlich.

    Blue and Red: IBM übernimmt Red Hat

    Ebenfalls im Januar verstärkte Red Hat seine Präsenz im Bereich Hybrid- und Multicloud, indem es CoreOS aufkaufte. Die Aufgabe der Integration oblag dann Fedora, das im Juni Fedora CoreOS veröffentlichte. Ob Red Hat damals bereits von der bevorstehenden Akquisition durch IBM wusste, wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben. Diese stellte im Oktober mit 34 Milliarden US-Dollar die Übernahme des Jahres dar. Die Vereinbarung zwischen den beiden Unternehmen sieht vor, dass Red Hat unabhängig unter dem Dach von IBM weitermacht, wie bisher. Hoffen wir mal, dass das auch so bleibt.

    Weitere gute Nachrichten des Januar betrafen das Linux Journal, die erste gedruckte Publikation, die sich ausschließlich mit Linux befasste. Eigentlich bereits verloren geglaubt, konnte die Publikation doch noch gerettet werden. Zudem wurde die freie Skype-Alternative Nextcloud Talk erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.