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Es ist mal wieder soweit: Mozilla hat einen neuen Dienst herausgebracht, der spannend klingt und einen echten Mehrwert bietet: Firefox Relay erstellt zufällige E-Mail-Aliase, die man für Online-Dienste verwenden kann. Trotzdem landen alle E-Mails in dem Postfach des Nutzers, wird allerdings ein Dienst gehackt oder verbreitet Spam kann man die Adresse schnell deaktivieren.
Klingt doch spannend, oder? Trotzdem werde ich den Dienst nicht nur nicht nutzen, sondern es stößt in mir etwas auf, was mich dazu verleitet, einen Kommentar zu verfassen.
Das Unternehmen hinter Firefox
Hinter dem Firefox steht Mozilla. Die Mozilla Foundation ist eine Non-Profit-Organisation mit einer Selbstbeschreibung als „gemeinnützige Organisation, gewidmet der Wahrung der Wahlmöglichkeiten und der Innovation im Internet“. Die Foundation besitzt eine Tochterfirma, die Mozilla Corporation. Diese ist für Projekte wie den Firefox zuständig. Der Umsatz liegt bei 450 Millionen US-Dollar, 700 Mitarbeiter sind angestellt, jüngst wurden recht umfangreich Stellen abgebaut. Viele Kritikpunkte wurden bereits auf diesem Blog vorgestellt.
Wenn ich heute von neuen Diensten lese, werde ich etwas emotional. Der Firefox war damals mein erster Kontakt mit freier Software. Und er war wahrlich ein Segen im Vergleich zum Internet Explorer. Firefox war nicht nur der Inbegriff von technischer Innovation, sondern auch von Datenschutz und setzte sich vollkommen zurecht an die Spitze der Internetbrowser, was sich mit Suchmachschinenvoreinstellungen gut monetarisieren ließ. Und auch immer noch gut lässt. Wenngleich heutzutage Google freiwillig so viel Geld gibt, um einer Zerschlagung oder Monopolverfahren zu entkommen. So landet man in der desaströsen Position, nicht nur abhängig von seinem Konkurrenten zu sein, sondern auch technisch mehr und mehr und im Marketing vollständig ins Hintertreffen zu geraten. So drängt sich immer, wenn man von neuen Mozilla-Projekten liest, die Frage auf, ob Mozilla nicht das Kerngeschäft sträflich vernachlässigt.
Die Marke Firefox nimmt Schaden
Doch damit nicht genug. Die Marke Firefox, eben doch noch positiv besetzt, wird mehr und mehr ausgehöhlt. Auch durch diese Projekte, die primär gar nichts mit Firefox als solches zu tun haben. Der gemeine Nutzer mag Firefox als seriöse Marke kennen (oder gekannt haben?), weiß aber mit Firefox Relay, Firefox Send, Firefox Lockwise und Konsorten nichts anzufangen. Und damit nicht genug: Letztlich schaden solche Dienste der Marke, wenn sie Ressourcen aus dem Kerngeschäft ziehen, anderer Qualität sind oder letztlich schnell wieder eingestampft werden.
Denn das passiert nur allzu schnell und zu oft. Ehemalige Nutzer von Mozilla Prism, Chromeless, Persona, Firefox Note oder Firefox OS kennen es allzu gut. Mitunter groß angekündigt, verschwanden all diese Dienste schnell wieder in der Versenkung. Und jedes Mal ging ein wenig vom Mythos des Firefox verloren. Früher hießen die Dienste noch Mozilla, mittlerweile gleich Firefox, egal wie wenig sie mit dem Browser zu tun haben. Wie sie wohl dann heißen, wenn der Name Firefox nicht mehr wert ist?
Und was folgt als Nächstes? Wird Mozilla VPN eingestampft, bevor oder nachdem der Dienst in Deutschland startet? Was wird aus Pocket? Oder dem eingangs erwähnten Firefox Relay? Wie lange bleibt man auf dem scheinbar aussichtslosen Markt der mobilen Endgeräte? Rust als Programmiersprache mit großer Zukunft hat sich schon ganz freiwillig in eine unabhängige Foundation ausgegliedert.
Muss es mit dem Firefox und Mozilla ein böses Ende nehmen?
Nein, denn eigentlich ist die Struktur gar nicht schlecht. Ein umsatzstarkes Unternehmen, welches Firefox entwickelt und Profite erwirtschaftet, auch wenn die von Google kommen, ist nicht schlecht. Allerdings muss es sich auch wie ein gewinnorientiertes Unternehmen verhalten. Und nicht nur Laien würden zu einer Konzentration auf das Kerngeschäft raten. Und zu einer Verschlankung des administrativen Bereichs. Möglicherweise würde man Firefox auch für die Businesswelt fit machen und könnte dort Geld sammeln.
Gewinne sollten dann an die Foundation abgeführt werden, die auch auf politischer Ebene aktiv werden muss. Die Sicherung eines freien Internets für die Menschen statt der Unternehmen muss Priorität der Stiftung haben, die zu einer starken Stimme werden kann. Neben dem Geld aus der Corporation sollte auch um öffentliche Gelder geworben werden. Sei es vom Nutzer, sei es vom Steuerzahler. Und dann sollten Projekte freier Software wirkungsvoll unterstützt werden. Nicht nur mit Geld, sondern auch Know-how. Die Möglichkeiten des Internets sind riesig. Solange es frei bleibt. Dazu braucht es eine starke Stiftung und einen guten Browser.