
Seit dem gewaltsamen Tod von George Floyd am 25. Mai und dem darauffolgenden weltweiten Erstarken der »Black Lives Matter«-Bewegung gibt es in vielen IT-Projekten wieder eine Diskussion über die Verwendung von rassistischen Begriffen. Während die einen es für unabdingbar halten, als rassistisch angesehene Begriffe aus ihrer Software zu entfernen, halten andere das für reine Augenwischerei, die niemandem hilft.
Unternehmen wie Microsoft, GitHub, Google und Twitter sind im Begriff, vermeintlich rassistisch kontaminierte Begriffe aus ihrer Software zu entfernen, die Entwickler von OpenSSL sprachen sich nach einer internen Umfrage dagegen aus.
Auch beim Kernel
Auch bei den Kernel-Entwicklern gab es Befürworter und Kritiker der geforderten Säuberung. Der bei Intel angestellte Entwickler Dan Williams brachte am 4. Juli den Stein ins Rollen und sah den Zeitpunkt für eine Stellungnahme des Projekts zu einer »inklusiven Sprachregelung« gekommen. Dieser Begriff beschreibt eine Ausdrucksweise, die keinen Anstoß erzeugt und sexistische rassistische und anderweitig als anstößig empfundene Begriffe vermeidet.
Inklusive Sprache erwünscht
Es entspann sich eine rege Diskussion, die überwiegend zu einer inklusiven Sprachregelung tendierte und sich hauptsächlich darum drehte, womit die inkriminierten Begriffe ersetzt werden sollten. Williams ging es dabei hauptsächlich um die Begriffspaare Master/Slave und Blacklist/Whitelist. Von deren Entfernung verspricht er sich, dass sich die Kernel-Entwicklung damit für weitere Personenkreise öffne.
Torvalds Patch
Torvalds Generalissimus Greg Kroah-Hartman war von Anfang an für die Ersetzung der Begriffe, Torvalds selbst ließ sich etwas mehr Zeit, bevor er sich äußerte. Das geschah am vergangenen Freitag in Form eines Patches, für 5.8-rc5, der die Verwendung der Begriffe Master/Slave und Blacklist/Whitelist bei neu eingereichtem Code vermeiden soll.
Womit ersetzen?
Torvalds stellte fest, die Diskussion sei am Abklingen und er sehe keinen Grund bis zum nächsten Merge-Window zu warten. Der Patch enthält auch Vorschläge, womit die inkriminierten Begriffe künftig ersetzt werden könnten. Anstatt Master/Slave werden unter anderem Primary/Secondary oder Leader/Follower vorgeschlagen. Anstelle von Blacklist/Whitelist könne Denylist/Allowlist oder Blocklist/Passlist verwendet werden. Es besteht allerdings keine Verpflichtung, bestehenden Code rückwirkend abzuändern.
Ausnahmen
Eine Ausnahme vom neuen Coding-Standard soll beispielsweise auch künftig die Pflege einer Userspace-ABI/API sein, oder wenn Code für eine bestehende Hardware oder eine Protokoll-Spezifikation aktualisiert wird, die diese Begriffe bereits vorgibt. Für neue Spezifikationen soll die Terminologie an den neuen Coding-Standard angepasst werden, wenn dies sinnvoll ist.
Weitere Kreise
Weitere Begriffe in der allgemeinen Diskussion sind etwa Whitehat/Blackhat als Bezeichnung für gute und böse Hacker, die Androids Sicherheitschef David Kleidermacher dazu veranlassten, seine Teilnahme und einen Vortrag auf der in diesem Jahr virtuell abgehaltenen Sicherheitskonferenz Black Hat abzusagen. Muss als Nächstes der Blacksmith, also der Schmied um seine altehrwürdige Berufsbezeichnung fürchten?