Schlagwort: Freie Software

  • Die Probleme mit dem freien Wissen

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    Es hagelt Kritik und Spott an der Entscheidung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Millionen für die Online-Lizenzen des Brockhaus für die Schüler zu bezahlen. Dabei ist es auch ein Anlass, mal über die Probleme mit dem freien Wissen zu diskutierten.

    Den Brockhaus kennt man noch dunkel. In dunklem Leder gebunden stand eine mächtige Reihe an Büchern in so manch einem Bücherregal, untertitelt als »Die Enzyklopädie«. Heutzutage ist Wikipedia die (freie) Enzyklopädie, die uns alltäglich begegnet. Fast alles, was Google, Siri und Konsorten vorgeben zu wissen, stammt aus der Wikipedia. Das gilt auch für die meisten Schülervorträge oder „Sachargumente“ in Onlinediskussionen. Das könnte man mittlerweile auch mit dem Brockhaus machen, allerdings müsste man dann monatlich 6€ berappen. Und das schmerzt mehr noch in der freien Seele als im Portemonnaie. Denn was, wenn nicht das Wissen, sollte den Menschen frei zur Verfügung stehen?

    Erschaffen von freiem Wissen

    Die Frage, wie Wissen erschaffen wird, ist schon eher philosophischer Natur. Unter der Prämisse, dass »die Wissenschaft« auch wirklich das Wissen schafft, findet dieser Prozess an den Hochschulen statt. Wenngleich gelegentlich diskutiert wird, inwieweit das »frei« geschieht, so besteht grundsätzlich die »Forschungsfreiheit«. Das heißt allerdings leider nicht, dass das Resultat der Forschung frei ist. Insbesondere frei zugänglich (Open Access) sind leider wenige wissenschaftliche Publikationen, wenngleich sich ein Positiv-Trend abzeichnet.

    Verteilen von freiem Wissen (OER)

    Geht man über diesen ersten Schritt hinaus, stellt sich die Frage, wie man das Wissen denn nun auch breiteren Teilen der Gesellschaft zugänglich macht. Zu einem gewissen Teil machen das die klassischen Medien, die mittlerweile immerhin gelegentlich so zitieren, dass man die zugrunde liegende Studie auch finden kann.

    Im Wesentlichen wird das Wissen dann aber doch über die klassischen Bildungswege verbreitet. Auch hier bietet sich wieder ein englisches Schlagwort an: Open Educational Resources (OER), sprich Lern- und Lehrmaterialien mit offenen Lizenzen. Wie gut es darum steht, durfte man im vergangenen Jahr dank Online-Unterricht in den (Hoch-)Schulen gut erkennen. Im Wesentlichen sind es Randphänomene, auf die in der Vergangenheit eher durch einzelne Initiativen Wert gelegt wurde. Hier wurden aber auch schon einige Positivbeispiele vorgestellt. Interessant sind aber auch die Probleme, auf die beispielsweise der Professor Jörn Loviscach in Wort und (Bewegt-)Bild aufmerksam macht.

    Zivilgesellschaft springt ein

    Wie so oft springt die Zivilgesellschaft ein. Zu fast jedem Thema stellt die Wikipedia frei lizenziertes Wissen zur Verfügung und stellt eine Institution im Internet dar. Das ist eine wahrlich beeindruckende Leistung, der Respekt gebührt. Allerdings darf das nicht über gewisse Probleme hinwegtäuschen. Wer sich in einem Thema auskennt und dann in der Wikipedia nachschlägt, findet schnell mal Fehler. Und das ist noch deutlich weniger schlimm, als dass mittlerweile die Wikipedia ebenso zum Diffamieren wie Beschönigen genutzt wird. Darüber kann man sich ärgern und lachen, aber was sind die Konsequenzen?

    Ausblick

    Es bedarf ebenso wie bei der freien Software auch für das Wissen ein stärkeres Bewusstsein über die Vorteile der Freiheit. Dass das allerdings nicht immer nur kostenfrei heißen kann, liegt allerdings ebenso nahe, sofern die Integrität gewahrt werden soll. An einigen Stellen, insbesondere bei der Erschaffung des Wissens müssen möglicherweise nur kleinere Hebel betätigt werden, bei der Verteilung hingegen stehen größere Aufgaben bevor. Man wird nur schwerlich um eine Diskussion über Kontroll- und Regulierungsmechanismen für die Wikipedia vorbeikommen. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass der Fall hier wenig vergleichbar mit Google und Facebook ist. Reine Regulierung hilft weniger, die Gesellschaft muss auch entscheiden, was ihr freies Wissen wert ist.

  • Repology: Welche Software gibt es wo?

    Repology Webseite | Screenshot: ft

    Unter den ungezählten Webseiten im Netz hat jeder seine spezifisch für ihn wichtigen Dienste und Projekte. Bei mir ganz weit oben steht Repology, das jede nur denkbare Information über Software in den Repositories der großen und kleinen Distributionen gut übersichtlich verfügbar macht. Dabei werden Repositories von Linux, BSD, Repos aus dritter Hand wie Debian Multimedia, RPM Fusion und viele mehr eingebunden.

    Paketüberwachung im Detail

    Repology überwacht eine große Anzahl von Paket-Repositories und anderen Quellen, vergleicht Paketversionen über sie hinweg und liefert viele andere Informationen. Repology zeigt, in welchen Repositories ein bestimmtes Projekt paketiert ist, welche Version die neueste ist und welche aktualisiert werden muss, wer das Paket pflegt und vieles mehr.

    Auch für Anwender interessant

    Dabei ist das Projekt nicht nur für Paket-Maintainer und Entwickler interessant, die den Überblick über die Verbreitung ihrer Software behalten wollen, sondern auch für Anwender, die des Öfteren Pakete aus den Archiven und von dritter Seite installieren und dabei möglichst aktuelle Software verwenden wollen oder müssen. Für mich ist Repology beim Schreiben oft unverzichtbar für den schnellen Überblick über ein Softwareprojekt. Nebenbei kann die Webseite auch die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Distribution begleiten.

    Vielfältige Auswertungsmöglichkeiten

    Derzeit stellt Repology Daten zu Archiven, Versionen, Paketbetreuern und anderem aus derzeit 120 Repositories mit über 2,6 Mio. Paketen bereit und verknüpft sie miteinander. So kann ich über ein Paket wie Firefox schnell sehen, welche Version, wo aktuell angeboten wird, kann die jeweiligen Maintainer aufrufen und auf einen Blick feststellen, wie viele aktuelle, aber auch veraltete oder potenziell verletzliche Pakete er in welcher Distribution betreut. Man muss sich schon eine Weile mit Repology beschäftigen, um die vielfachen Auswertungsmöglichkeiten zu entdecken. Alternativen zu Repology sind Release Monitoring, pkgs.org oder RepoScope.

  • (Un)freie Software ist auch (k)eine Alternative

    Photo by Pieter van Noorden on Unsplash

    Neben aktuellen News und längeren Artikeln gibt es auf diesem Blog gelegentlich auch Meinungsbeiträge. In diesem hier geht es um freie und unfreie Software mitsamt ihren Grenzen und Problemen. Kommentare und Anmerkungen zu eigenen Erfahrungen sind willkommen.

    Mit freier Software ist es wie mit dem Vegetarismus. Es spricht vieles dafür, dieser Lebensweise zu folgen. Manchmal ist es aber erstaunlich schwierig, dem Steak zu widerstehen, wenn man sonst nur Beilagen zur Auswahl hat.

    Wenn freie Software keine Alternative ist

    Es gibt Momente, in denen freie Software keine Alternative ist. Diese sind zwar deutlich seltener als gemeinhin angenommen, zumindest zwei Szenarien fallen mir allerdings ein: Zum einen, wenn ein Gerät ohne freie Software gar nicht läuft. So sehr ich auch auf freie Software setzen möchte: Damit allein läuft mein Drucker nicht.

    Zum Zweiten gibt es Situationen, wo man beruflich, schulisch oder universitär Software vorgesetzt bekommt, die unfrei ist. Da hilft kein Jammern: Wenn die Videokonferenz aus dem Hause Cisco stammt, kann man nur darüber teilnehmen. Will man sich dann auch noch selbst beteiligen, so ist man auch angeraten, den (unfreien) Client zu installieren. Gibt es den wenigsten für Linuxdistributionen? Natürlich nicht.

    Das sind Momente, wo man sich die Frage, ob die freien Alternativen wie Jitsi oder BigBlueButton nicht auch taugen, gleich sparen kann. Man ist eh nicht in der Entscheidungsposition.

    Wenn freie Software die Alternative ist

    Allerdings hört hier die Grenze allerdings auch schon auf: Ab jetzt ist man immer in der Entscheidungsposition. Und da macht es dann auch Sinn, sich mit freier Software zu beschäftigen. Diese wird übrigens als solche bezeichnet, wenn sie über folgende vier wesentliche Freiheiten verfügt:

    • Die Freiheit, das Programm auszuführen wie man möchte, für jeden Zweck (Freiheit 0).
    • Die Freiheit, die Funktionsweise des Programms zu untersuchen und eigenen Datenverarbeitungbedürfnissen anzupassen (Freiheit 1). Der Zugang zum Quellcode ist dafür Voraussetzung.
    • Die Freiheit, das Programm zu redistribuieren und damit Mitmenschen zu helfen (Freiheit 2).
    • Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen der Öffentlichkeit freizugeben, damit die gesamte Gesellschaft davon profitiert (Freiheit 3). Der Zugang zum Quellcode ist dafür Voraussetzung.

    Schon beim Durchlesen dieser Definitionen leuchtet den meisten ein, dass es durchaus Sinn macht, sich an erster Stelle im Entscheidungsprozess auch immer mit freier Software zu beschäftigen. Und diese gibt es eben auch für fast jeden Zweck.

    Wenn unfreie Software die Alternative ist

    Nur manchmal lachen die unfreien Alternativen den Nutzer an. Besonders gerne, wenn sie vorinstalliert sind. Oder aber als Marktstandard gelten. Da stellt sich dann doch die Fragen, wie man damit umgehen möchte. Mitunter erinnern Diskussionen zwischen Verfechtern freier Software und jenen Nutzern, die proprietäre Programme nutzen, an jene, die Vegetarier und Fleisch-Esser führen: Der Nutzer freier Software sieht alle entscheidenden Argumente (zumindest die ethischen) auf seiner Seite und versucht, den anderen davon zu überzeugen.

    Aber wie viele Fleischesser wurden bislang durch eine Diskussion mit Vegetariern zum Vegetarismus bekehrt? Zumal bei einer Diskussion über Freiheit auch hinzukommt, dass der Nutzer Entscheidungsfreiheit besitzt. Er darf sich auch gegen freie Software entscheiden. Auch wenn die Entscheidung nicht unbedingt clever ist. Mitunter bietet sich dann allerdings die Chance, zumindest auf einen freien Standard zu setzen.

    Wenn unfreie Software keine Alternative ist

    Manchmal zeigt sich allerdings auch im Nachhinein für den Nutzer selbst, dass unfreie Software auch keine Lösung ist. Dazu eine Anekdote: Zu Beginn des Jahres kaufte ich mir (gebraucht) ein älteres iPhone. Und das durchaus als Verfechter freier Software. Trotzdem war die Entscheidung bewusst: Ein vier Jahre altes Smartphone, das noch immer mit aktueller Software versorgt wird, ein gutes Energiemanagement verfügt und durchaus sicher ist. Alles Dinge, die die Konkurrenz auf dem Markt der mobilen Endgeräte nicht erfüllt. Mir war bewusst, dass ich mich dabei auch für ein Ökosystem entscheide. Heutzutage sind die Smartphones ja sehr unabhängig von anderen technischen Geräten, was sollte da schon schief gehen.

    Nun, einen ersten Makel erlebte ich früh. Schon beim Versuch, meine Musiksammlung auf das Smartphone zu übertragen, musste ich feststellen: Das geht ohne iTunes schlichtweg nicht. iTunes ist natürlich keine freie Software und läuft unter Linux nicht. Dafür muss man sich eine virtuelle Maschine basteln, die für die Nutzung eines USB-Ports auch wieder ohne freie Software auskommen muss. Da wird dann Windows installiert, danach iTunes und dann darf man sich um seine Musiksammlung kümmern. Das mag heutzutage nur noch wenige Menschen stören, wenn jeder seine Musik streamt. Wer allerdings Musikstreaming ablehnt oder mit der Musik einschlägiger Streamingdienste unzufrieden ist, der muss basteln.

    Trubleshooting XXL

    Aber einige Monate später kam es noch schlimmer: Eines der hochgelobten Upgrades für iOS lief schief. Nichts ging mehr, das Geräte zeigte mir an, dass ich es an einen Computer anschließen sollte. Das soll auch nicht das Problem sein, allerdings ist mit PC heutzutage wohl ein Mac oder ein Windows-Computer mit iTunes gemeint. Eine virtuelle Maschine hingegen funktioniert nicht. Der Restore-Modus des iPhone lässt sich nicht als USB-Geräte an die virtuelle Maschine weitergeben, zumindest bei den bekanntesten drei Programmen für virtuelle Maschinen.

    Hat man kein Mac oder Windows in seinem Haushalt nativ, muss man sich eben eines zulegen. In der Reserve befand sich noch einen bootfähigen Windowsstick. Dieser hat auch mal funktioniert, wollte aber just in diesem Moment nicht: „Medientreiber“ fehlen. Dasselbe gilt dann auch für jeden der weiteren erstellen bootfähigen Sticks und auch kein erdenklicher Treiber des Planeten lässt mich die Installation starten. Nächster Versuch: Es soll eine DVD gebrannt werden, der alte klassische Weg. Allerdings funktioniert natürlich auch dies nicht einfach so.

    Obwohl Windows nach einer Installation eh noch massig Updates runterlädt, ist das Installationsimage über 5 Gigabyte groß. Auf eine Standard-DVD passen allerdings nur 4,7 GB. Ich halte wenig davon, Menschen über das Internet die Kompetenz abzusprechen, schließlich könnte man das bei mir auch wunderbar machen. Allerdings bin ich dicht davor, für die Mitarbeiter aus dem Hause Microsoft, die das Installationsimage für Windows erstellen, eine Ausnahme zu machen. Zu groß für eine normale DVD, zu klein für den „Medientreiber“? Immerhin, im vergangenen Jahr konnte man aus einem USB-Stick auch nicht ohne Weiteres einen Windows 10 Stick machen, weil eine Einzeldatei des Images zu groß für das Dateisystem war, welches zur Windowsinstallation benötigt wird.

    Also erst einmal eine DVD des Typs „Double-Layer“ besorgt, wenig später dann noch einen passenden Brenner (da sind wir wieder bei der Kompetenz, wer austeilt…). Dann also „schnell“ die DVD gebrannt, Windows installiert, Treiber und Updates heruntergeladen, iTunes installiert und iTunes mein iPhone retten lassen.

    Fazit

    Eigentlich haben die Nutzer freier Software alle Argumente auf ihrer Seite. Allerdings stoßen sie doch gelegentlich auf Grenzen. Diese sind zwar deutlich geringer als gemeinhin angenommen und spielen sich häufig eher im Kopf ab. Probleme hat man auch mit unfreier Software. Mich hat die Erkenntnis, dass freie Software und freie Standards viel wert sind, fast einen ganzen Tag an Troubleshooting gekostet. Keine freie Software ist halt auch keine Alternative. Vielleicht finde ich ja noch eine für die mobile Welt.

  • Wie frei darf oder muss Freie Software sein?

    Mastodon Logo | Mastodon übt den Umgang mit freier Rede

    Diese Frage wurde in der letzten Woche vielerorts im Internet diskutiert. Der Anlass ist, dass der amerikanische Kurznachrichtendienst Gab auf die Fediverse-Plattform Mastodon migriert ist und nun mit mehr als einer Million Accounts den größten Knoten des als »freundliche Alternative zu Twitter« bezeichneten Mircoblogging-Dienstes darstellt.

    Gab als größte Mastodon-Instanz

    Gab dagegen wird oft als »Twitter für Rassisten« bezeichnet, da der Dienst unter dem Mantel der freien Rede monetäre Vorteile daraus zieht, rassistische und andere menschenverachtende Inhalte unmoderiert zu dulden und dem »Far Right Movement« in den USA eine Heimstatt zu bieten. Das ging so weit, dass etwa der Attentäter, der am 27. Oktober 2018 bei einem Anschlag in einer Synagoge in Pittsburgh elf Menschen tötete, seine Tat vorher auf Gab ankündigte.

    Duldung ist Wegschauen

    Der Dienst wird seither als Organisations- und Rekrutierungsplattform für rassistisch motivierten Terror betrachtet. Bei weitem nicht alle Gab-Nutzer sind dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen, aber nach unserem Verständnis in Europa dulden sie durch ihre Zugehörigkeit den Hass, der sich dort manifestiert.

    Mastodon bezieht Stellung

    Seit dem Umzug von Gab auf Mastodon ringt die Open-Source-Community um den richtigen Umgang mit der ungeliebten Plattform. Mastodon selbst bezog bereits am 4. Juli Stellung zu der Gab-Instanz und stellt klar, dass Mastodon in völliger Opposition zu Gab und deren Philosophie steht. So legen die Verpflichtungen für neue Instanzen auf Mastodon fest, dass auf joinmastodon.org nur Server aufgelistet werden, die sich zu aktive Moderation gegen Rassismus, Sexismus und Transphobie bekennen.

    Mastodon überlässt den Betreibern der einzelnen Instanzen die Entscheidung darüber, ob sie bestimmte Domains blockieren. Von dieser Möglichkeit macht nicht nur die Hauptinstanz mastodon.social, sondern auch viele weitere Instanzen Gebrauch. Durch die Bezahlung von Grundfunktionen, die auf Mastodon frei verfügbar sind, benachteilige sich Gab zusätzlich im Vergleich zu jeder Mastodon-Instanz, so die Stellungnahme von Mastodon.

    Freie Apps blockieren Domains

    Die Entwickler der Fediverse-Apps Tusky (Android) und Toot! (iOS) gehen noch einen Schritt weiter und blockieren in ihren Apps bereits im Anmeldebildschirm die Domains von Gab, sodass Gab-Nutzer diese Apps nicht nutzen können, ohne diese zu forken und die Blockade zu entfernen. Hier scheiden sich die Geister, ob Freie Software das darf. Auch purism.one hat gab.com blockiert

    Trotzt dieser Blockaden gibt es erste Berichte von beginnender Infiltration von Mastodon-Knoten durch Gab-Nutzer. Insgesamt herrsche derzeit ein »leicht paranoides Klima«, wie ein Administrator berichtete. Besonders die LGBT-Gemeinde, die von Twitter nach Mastodon umgezogen war, fühlt sich angesichts der Situation unwohl.

    F-Droid diskutiert kontrovers

    Über den Umstand der Blockade auf App-Ebene und die Gab-App wurde auch im Forum des alternativen Android-App-Stores F-Droid in den letzten Tagen kontrovers diskutiert. Dabei ging es auch um die Unterscheidung der Blocklademaßnahmen bei Mastodon als Dienst und der Blockade auf der Ebene von Open-Source-Apps. Das führte nun zu einer öffentlichen Erklärung, in der F-Droid erstmals in seiner fast zehnjährigen Geschichte politisch Stellung bezieht. Der Beitrag erklärt, warum F-Droid als ein Dienst, der Freie Software propagiert, die Gab-App für Android aus dem Katalog entfernt hat.

    Unverständlich!?

    Richard Stallman, Gründer der Free Software Foundation (FSF) äußerte sich auf Nachfrage zu dem Thema, ob Software als frei gelten kann, die Anwendern Restriktionen auferlegt. Stallman ist der Meinung, solche Restriktionen änderten nichts am Status als Freie Software, da ja dem Nutzer freisteht, die Restriktionen wieder zu entfernen. Der Fragesteller stellt in den Kommentaren klar, dass sei nicht die Antwort, die er von Stallman erwartet habe.

    Debian Free Software Guidelines

    Debian, eine der ältesten Linux-Distributionen ist in dieser Frage anderer Meinung und hat dies bereits 1997 in seinen Debian Free Software Guidelines (DFSG) klargestellt. Laut DFSG darf es für Freie Software keine Einsatzbeschränkung geben. Wenn jemand mit freier Software Massenvernichtungswaffen baut, so sei das hinzunehmen. Das findet auch seinen Ausdruck in der ersten der vier Freiheiten, die Freie Software laut der FSF definieren. Dort heißt es eindeutig

    Freedom 0: to use the work, for whatever purpose

    Freie Software oder nicht?

    Demnach sind aus meiner Sicht die beiden Apps, die die Gab-Domains blockieren keine Freie Software. Hier gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Ebenso gibt es keine Einigkeit beim Begriff »freie Rede«. Dabei muss man wissen, dass dieses Konzept in Deutschland juristisch und ideologisch anders definiert ist als freedom of speech in den USA, die durch den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten geschützt ist. Ein soziales Netzwerk wie Gab hätte dagegen bei uns keine Überlebenschance.

    Die Frage, die sich den Anhängern freier Software angesichts dieser Situation stellt ist: Wie frei muss oder wie restriktiv darf Freie Software sein? Wie denkt ihr darüber?

  • Freie Software im öffentlichen Sektor Europas

    Freie Software in Europa
    Bild „Old Europe Spy“ von Maik MeidCC BY-SA 2.0

     

    Angesichts der Rückmigration der bayrischen Landeshauptstadt München von Linux zu Windows und vermutlich LibreOffice zu Microsoft Office und den damit verbundenen enormen Kosten bietet sich ein Blick auf entsprechende Erfolgsgeschichten im In- und Ausland an. Dabei stellt sich heraus, dass die 16.000 Rechner, die die Verwaltung in München unter LiMux und LibreOffice noch betreibt eine vergleichsweise kleine Migration hin zu freier Software war.

    Freie Software in Eurpopa

    Die Stiftung hinter LibreOffice, The Document Foundation (TDF), hat eine Liste herausgegeben, die bereits abgeschlossene oder noch laufende europaweite Migrationen zu Linux oder LibreOffice aufzeigt. Geht es um die nackten Zahlen, so liegt hier Frankreichs Verwaltung vorne. Bereits 2012 wurde der Einsatz von LibreOffice in insgesamt 11 von 17 Ministerien, darunter Gesundheit, Soziales und dem Außenministerium beschlossen. Seitdem wird die Installation von LibreOffice auf einer halben Million Rechnern vorangetrieben. Verantwortlich dafür zeichnet die interministerielle Arbeitsgruppe MIMO, die 2015 bekannt gab, die Umsetzung sei beinahe abgeschlossen.

    Frankreich, Spanien und Italien sind Spitzenreiter

    Zahlenmäßig auf dem 2. Platz liegt Spaniens Provinz Andalusien, wo man bereits 2010 damit begann, Ubuntu in 2.000 Schulen auszurollen. Dabei sollen insgesamt 220.000 Desktops für rund 600.000 Schüler und 75.000 Lehrer mit Ubuntu ausgestattet werden. Das Ziel dieser Migration sind insgesamt 6.000 Schulen. In Italien hat das Verteidigungsministerium im Oktober 2015 im Rahmen des Projekts LibreDifesa damit begonnen, über 100.000 PCs mit LibreOffice auszustatten. Bis 2020 soll das Projekt abgeschlossen sein. Die Office-Suite wird auf allen Rechnern installiert, sobald deren Microsoft-Office-Lizenz ausläuft. So waren 2017 rund 75.000 Rechner bereits mit der Open-Source-Lösung ausgestattet. Das Verteidigungsministerium rechnet mit Einsparungen von 26 – 29 Mio. Euro bis 2020.

    Einsparungen in Millionenhöhe

    In Spanien spart die Region Valencia jährlich 1,5 Mio. Euro an Lizenzkosten, seit dort 2012 rund 120.000 Rechner der Verwaltung mit LibreOffice ausgestattet wurden. Zudem wurden in der Region alle Schulen mit insgesamt 110.000 Rechnern mit der auf Ubuntu LTS basierenden Linux-Distribution Lliurex mit MATE als Desktop ausgestattet. Seit 2015 wurden dabei über 30 Mio. Euro eingespart.

    In Frankreich hat die Gendarmerie seit  2013 rund 72.000 Rechner auf Ubuntu umgestellt. Neben den Einsparungen sei ein weiterer Vorteil die Unabhängigkeit von kommerziellen Herstellern, wie Major Stéphane Dumond vom Innenministerium auf der Evento Linux Konferenz 2013 betonte.

    Deutschland weit hinten

    Die Liste der TDF führt noch viele weitere Migrationen in Europa und aller Welt auf, die eines klar zeigen: Deutschland liegt, was den Einsatz von Open Source und Freier Software angeht, weit hinten. Das einzige Projekt, das für Deutschland aufgeführt ist, wurde in München aus politischem Kalkül in den letzten Jahren schlachtreif geschossen und kürzlich zu Grabe getragen.

     

     

  • Debian diskutiert erneut über Freie Software

    Debian diskutiert erneut über Freie Software

    Freie Software
    Screenshot: ft

     

    Seit einigen Tagen herrscht bei Debian eine rege Diskussion über ausschließlich Freie Software auf den Distributionsmedien auf der Debian-Entwicklerliste. Ausgelöst durch einen Bericht einer fehlgeschlagenen Debian-Installation entwickelt sich der Thread zu einer Grundsatzdiskussion, welche sich bei Debian leicht über Wochen hinziehen können, um dann oft genug ergebnislos zu versickern.

    Linux Mint gegen Debian

    Der Ausgangspost beschreibt den Versuch eines fortgeschrittenen Computer-Anwenders, erstmals Linux auf einem Notebook zu installieren. Er entschied sich zunächst für Linux Mint und die Installation funktionierte auf Anhieb, die Hardware des Notebooks wurde korrekt erkannt und eingerichtet. Ein befreundeter Debian-Entwickler bat ihn, doch auch Debian 9 »Stretch« eine Chance zu geben. Gesagt – getan. Das Ergebnis war allerdings nicht wie erwünscht. Weder konnte nach der Installation eine WLAN-Verbindung erstellt werden, noch konnte auf angeschlossene NTFS-Laufwerke geschrieben werden. War ersteres zu erwarten, da WLAN-Treiber bei Debian in der Non-Free-Sektion liegen, so scheint das zweite ein Bug in NTFS-3G zu sein. Aber darum geht es hier nicht.

    Versteckt, aber funktionierend

    Prompt fragte ein Entwickler, warum der Anwender denn nicht ein inoffizielles Image genommen habe, welches die notwendige unfreie Firmware bereits mitbringt. Andere wollten daraufhin wissen, woher denn der Anwender von der inoffiziellen Version gewusst haben solle. Wie sich im weiteren Verlauf heraus stellte, wissen nicht einmal alle Debian-Entwickler, wo diese Images zu finden sind. Daraus ist mittlerweile ein zweiter Thread entstanden.

    Kein Ende in Sicht

    Damit waren die Grundlagen gelegt, um in Debian eine Grundsatzdiskussion loszubrechen, die sowohl technische als auch ideologische Fragen aufwirft, aber in erster Linie geht es um die Grundfesten der Distribution. Debian hat sich von Beginn an Freier Software verschrieben. Dabei ist das Thema nicht neu. Das 2011 erschienene Debian 6 »Squeeze« basierte erstmals auf einem Kernel, aus dem in zweijähriger Arbeit alle unfreien Firmware-Blobs entfernt worden waren. Vorausgegangen waren zwei  General Resolutions, (GR), ein Wahlverfahren, bei dem nach einer Diskussionsphase alle Debian-Entwickler einer der angebotenen Lösungen ihre Stimme geben können. Trotzdem kehrt die Diskussion ständig wieder.

    Debian verliert

    Es wird diskutiert, dass Debian Anwender an andere Distributionen verliert, die noch weniger frei sind und Debian im Endeffekt irgendwann nur noch die Basis für andere Distributionen darstellt, die es dem Anwender einfacher machen, die Hardware zu benutzen, die er bezahlt hat. Ein weiterer Einwurf ist, dass Debian mit diesem Beharren auf ausschließlich Freier Software auf den Images der Distribution Linux insgesamt Schaden zufüge, da neue Anwender, die erstmals eigenständig Debian installieren, Linux generell als nicht funktional empfinden und zu ihren proprietären Betriebssystemen zurückkehren. Dabei geht es im Grunde doch darum, den Anwender zu informieren, bevor er unfreie Software einsetzt, so dass er eine fundierte Endscheidung für sich selbst treffen kann.

    Nur Freie Software oder zufriedene Anwender?

    Hier geraten die zwei wichtigsten Debian-Schutzgüter in Konflikt: Freie Software und die Debian-Anwender. Im Endeffekt geht es dabei um einen Spagat zwischen der Anerkennung durch die Free Software Foundation (FSF) von Richard Stallman und dem Wunsch der Anwender, dass Debian ihre Hardware bei der Installation erkennt und mit den benötigten Treibern funktionsfähig macht, egal ob free oder non-free. Dabei ist Debian für Richard Stallman nicht frei genug, da es dem Anwender zu leicht gemacht wird, unfreie Software zu installieren. Der Anwender hingegen findet es zu schwer, seine Hardware in Betrieb zu nehmen. Entwickler Marc Haber bringt es auf den Punkt:

    »We’re approaching a worst-of-both-worlds scenario: We’re not Free enough to have the FSF recommend us, and we’re not non-free enough for our OS to run on current hardware used by Linux beginners, and cause them to end up with OSses that are (a) not Debian, and (b) even less free than Debian«

    Wer kommt bei Debian ohne Firmware-Blobs aus?

    Es geht dabei um mehr als das oft angesprochene, ohne unfreie Firmware nicht funktionierende WLAN. Auch einige Chips für kabelgebundenes Internet verlangen nach unfreier Software. Ebenso brauchen unsere CPUs zum einwandfreien Betrieb unfreien Microcode. Diese Tatsachen werden aus politischen Gründen auf debian.org nicht erwähnt, ebenso wenig wie die Existenz offizieller Images, die diese Probleme bei der Installation lösen helfen. Eine endgültige Lösung dieser Probleme in Debian ist nicht in Sicht, dazu gehen die Ansichten darüber bei den Entwicklern zu sehr auseinander. Eine Lösung für die nächsten Jahre könnte wohl nur, wie von Debian-Urgestein Ian Jackson leise angedeutet, eine neue General Resolution sein.