Gestern wurde das Fairphone 4 des niederländischen Herstellers Fairphone B.V. offiziell vorgestellt. Wie seine Vorgänger ist es ein Mittelklassegerät, dessen Konzept sich durch faire Bedingungen bei der Herstellung und die Verwendung möglichst sauberer Rohstoffen auszeichnet. Der modulare Aufbau steht für Langlebigkeit und leichte Reparierbarkeit. Erstmals bietet der Hersteller eine branchenunüblich großzügige Garantiezeit von fünf Jahren.
Gute Mittelklasse
Die Spezifikation des Fairphone 4 bietet einen Qualcomm Snapdragon 750G Prozessor, der mit 6 GByte RAM und 128 GByte internem Speicher oder mit 8 GByte RAM und 256 GByte internem Speicher kombiniert werden kann. Per microSD-Karte lässt sich der Speicher um bis zu zwei TByte erweitern.
Das 6,3-Zoll große, von Gorilla Glass 5 geschützte Display bietet eine Auflösung von 1080 x 2340 bei einer Pixeldichte von 410 ppi. Der austauschbare Akku leistet 3905 mAh. Das Gerät unterstützt den Mobilfunkstandard 5G.
Als Betriebssystem kommt Android 11 zum Einsatz. Der Hersteller verspricht Updates bis mindestens 2025, die Android 12 und 13 umfassen. Darüber hinaus will Fairphone B.V. in Eigenleistung versuchen, die Unterstützung bis 2027 zu gewährleisten, was auch Android 14 und 15 einschließen würde. Die Preisgestaltung beginnt bei 580 Euro.
postmarketOS unterstützt bereits am ersten Tag
Interessant für Fans von Linux-Phones ist, dass das Fairphone 4 vom ersten Tag an durch postmarketOS im Mainline-Kernel rudimentär unterstützt wird. Laut dem Wiki des Projekts kann das OS auf das Gerät geflashed werden, wonach das Display als einfacher Framebuffer Screen funktioniert und Tasten sowie USB benutzbar sind. postmartketOS lieferte bereits Unterstützung für die ersten drei Generationen des Fairphone.
Während das Fairphone 2 offiziell mit »Fairphone Open« alternativ ein Android ohne Google-Apps bot, wurde für den Nachfolger Fairphone 3 von der e.Foundation in Zusammenarbeit mit Fairphone B.V. Unterstützung für /e/OS realisiert. Ob auch das aktuelle Gerät künftig mit /e/OS zusammenarbeiten wird, ist noch unklar. Derzeit lässt es sich lediglich mit Android 11 vorbestellen.
Dank geht an Leser tuxnix für die Info zu postmarketOS.
FairTEC ist der Zusammenschluss von vier Unternehmen aus drei europäischen Staaten mit dem Ziel, die negativen Auswirkungen der Verwendung digitaler Mobilgeräte auf unsere Umwelt, unsere Gesellschaft und unser Privatleben abzumildern. Unter Federführung von Fairphone aus Holland haben sich dazu der französische Hardware-Vermieter Commown, der französische Betriebssystemhersteller /e/ sowie der deutsche Mobilfunkanbieter WEtell zum FairTEC-Kollektiv zusammengeschlossen.
Auswirkungen der digitalen Gesellschaft abmildern
Dem Kollektiv geht es dabei unter anderem um Nachhaltigkeit, Vermeidung von Elektronikschrott und insgesamt um die Senkung der negativen Emissionsbilanz bei der Herstellung und Verwendung dieser Geräte. Schätzungen gehen davon aus, dass 3,7 % der weltweiten Treibhausgasemissionen durch digitale Technologien entstehen. Dabei muss man nicht einmal auf den verschwenderischen Umgang mit Energie beim Crypto-Mining schauen, auch Smartphones als unser (fast) aller täglicher Begleiter tragen durch Produktion, Nutzung und vor allem die ständige Anbindung an Netzwerke ihr Teil dazu bei. Dabei werden von den jährlich verkauften 1,4 Milliarden verkauften Smartphones lediglich rund 15 % wiederverwendet oder recycelt.
Vier Firmen aus 3 Ländern
Während Fairphone sich darauf konzentriert, fair beschaffte Materialien in einfach zu reparierenden Geräte umzusetzen, will der französische Entwickler Gaël Duval, einigen bestimmt noch bekannt von Mandrake Linux, Google aus seinem mobilen Betriebssystem /e/ komplett verbannen. Bereits seit einem Jahr gibt es das Fairphone 3 mit /e/ als Betriebssystem zu kaufen. Der Erfahrungsbericht eines LinuxNews-Lesers mit dem Gerät fiel überwiegend positiv aus.
Smartphone mieten
Die 2010 in Frankreich gegründete gemeinnützige Genossenschaft Commown bietet Hardware wie unter anderem auch das Fairphone 3 mit /e/ als Betriebssystem zur Miete zum monatlichen Preis von 19,80 Euro bei jährlicher Laufzeit an. Der Tarif beinhaltet außer der reinen Hardware auch einen jährlich frischen Akku, Diebstahlschutz, Kostenübernahme bei Schäden und weitere Dienstleistungen.
Der deutsche Beitrag zum Kollektiv kommt von Anbieter WEtell, der sich nachhaltigen Mobilfunk mit 100 % erneuerbaren Energien, maximalem Datenschutz sowie Fairness und Transparenz bei seinen Mobilfunktarifen ins Stammbuch geschrieben hat.
Ich lese die Linuxnews nun schon seit ein paar Jahren still mit und freue mich sehr über diese tolle Seite. Darum habe ich beschlossen, Ferdinand meinen Erfahrungsbericht zu schicken. Vielleicht nützt er ja anderen Mausschubser-DAUs wie mir?
Datenschutz und Privatsphäre sind mir wichtig, doch mache ich keinen Religionskrieg daraus. Ich nutze zwar GAFAM-Alternativen so oft und häufig wie möglich (GAFAM steht für Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft), greife aber trotzdem immer wieder mal auf einen GAFAM-Dienst zurück, wenn dieser meine Bedürfnisse besser abdeckt, als die Alternative.
Fairphone 3+ mit vorinstalliertem /e/
Vorgeschichte
Mein Android 4.4-Handy fiel im letzten Sommer zu Boden. Das Display zerbrach in viele Stücke, der Bildschirm flimmerte grässlich und die angezeigten Texte waren nicht mehr zu lesen. Mit vernünftigem Aufwand und Kosten war das Teil nicht zu reparieren. Nun sollte ein etwas hochwertigeres Telefon her, das ökologisch nachhaltig, ethisch vertretbar, datenschutzfreundlich und reparierbar sein sollte, denn die Datensammelsucht der GAFAM ist mir ein Dorn im Auge.
Dann entdeckte ich das alternative Betriebssystem /e/. Der Ansatz klang vielversprechend: ein so Google-frei-wie-nur-mögliches Android für den Alltag, speziell für DAUs wie mich schon auf dem Smartphone vorinstalliert. Vor dem Kauf zögerte ich lange zwischen Fair- und Shiftphone. Beide hatten Vor- und Nachteile, doch das Fairphone gab es mit /e/, das Shiftphone nicht.
Wie ökologisch und moralisch vertretbar ein Fairphone ist, ob ein wiederaufbereitete Secondhand-Handy nicht sinnvoller ist, das soll hier nicht diskutiert werden. In ganz Europa werden gerade 5G-Netze aufgebaut, das FP3 ist nicht 5G-kompatibel.
Der Kauf
Ich bestellte mir im Shop von Esolutions ein FP3+ mit vorinstalliertem /e/ als Weihnachtsgeschenk. Dazu kamen noch 20 € für ein Ladegerät und 20 € für ein Ladekabel , denn bei uns im Haushalt gibt es noch keine USB-C-fähigen Geräte. Ein Drittanbieter wäre bestimmt billiger gewesen, doch Fairphone rät vom Nutzen eines Drittanbieter-Ladegerätes bzw. -kabels ab – und wenn man den Fairphone-Gedanken auf das Handy-Zubehör ausdehnt, dann kauft man sich auch das Zubehör so ethisch und ökologisch wie möglich beim Händler des Vertrauens. Dazu gab es noch eine Schutzhülle und eine Bildschirmschutzscheibe.
Dazu kamen noch die meiner Meinung nach ziemlich hohen Portokosten für UPS. Auch wenn ich gut verstehen kann, dass /e/ ihre Geräte nicht der Post anvertrauen will, bin ich der Meinung, dass die ganze Sache doch sehr teuer wird (ich habe gerundet):
500 € für das /e/-Fairphone 3+
20 € für das Ladegerät
20 € für das Ladekabel
40 € für die Schutzhülle
33 € für die Schutzscheibe
17 € Portokosten.
Summa summarum rund 630 € (und da sind die Portokosten für die Extrabestellung bei Fairphone nicht drin). Anfang Februar wurde der Preis für das FP3+ bei Fairphone um 30 € gesenkt, das tut jetzt schon ziemlich weh. Zum Glück gab es im Januar eine 40 € Payback-Aktion. Fazit: doch ganz schön teuer…
Die Lieferung
Das Paket war sehr kompakt. Drinnen waren relativ kleine, einfache und kompakte Kartonboxen, zwei /e/-Aufkleber und ein kleines Werbepapier (Format A6), auf dem Gaël Duval (der /e/-Firmenchef) mir wünschte, so viel Freude mit dem Telefon zu haben, wie sein Team beim Entwickeln der Software gehabt habe. Enthalten war das Telefon: Eine bunte Kartonhülle mit dem /e/-Logo und ein paar momentan unwichtigen Infos, darin die blaue Original-Fairphone-Kartonhülle (mit den IMEI-Nummern), darin dann die weiße Box mit dem Telefon. Ein bisschen überverpackt, aber Karton ist ja rezyklierbar. Auf der Box erkennt man die geöffneten Original-Fairphone-Siegel, welche mit einem /e/-Aufkleber neu gesichert wurden. In der Box befinden sich das Telefon (mit Pergamentpapier umwickelt), ein doch sehr kleiner Kreuz-Schraubendreher mit eingraviertem Fairphone-Schriftzug, ein schwarzer Ohrstöpsel-Kopfhörer ohne Fairphone-Schriftzug, dessen Kabel von einem zusammengeklebten Papierchen in Form gehalten wird und ein paar Dokumente:
Die Schachtel
Papierkram
eine /e/-Schnellstartanleitung (5 Sprachen, angenehm lesbar) mit einem Link, um ein Konto bei /e/ zu eröffnen. Dies ist freiwillig, da ich noch keine eigene Cloud habe, mach ich das mal. Das Konto ist total schnell eröffnet, es braucht eine bestehende Mail-Adresse.
eine Fairphone-Schnellstartanleitung. Viele Piktogramme, sehr wenig Text (so wie man das von schwedischen Selbstbaumöbeln kennt). Für mich in der aktuellen Situation ein eher überflüssiges Papier.
Ein dickes Büchlein «Gesundheit und Sicherheit». 11 Sprachen, kleinste Schrift, kleinste Ränder – ein typisches gesetzlich vorgeschriebenes Blabla-Heftchen.
In den anderen Schachteln: minimalverpackt, die Gummihülle, das Ladegerät und das Ladekabel. Die Hülle gibt es momentan nur in grün und in schwarz, mir wäre eine größere Auswahl an Farbtönen lieber gewesen. Angenehm fällt auf, dass das Kabel nur von einem Papier zusammengehalten wird, den typischen plastikumwickelten Draht suche ich vergeblich. Ein bisschen aufwendiger verpackt (und dadurch besser geschützt), ist das Displayschutzglas. Die Anleitung ist Englisch und Chinesisch. Eine zugeklebte Papiertüte mit ein bisschen Hilfsmaterial drin, dazu später mehr.
Kopfhörer
Ladekabel
Das ganze Verpackungsmaterial ist problemlos in der Papiersammlung rezyklierbar. Interessanterweise schlägt Fairphone vor, die Verpackung könne zum Recyceln eines alten Telefons benutzt werden. Diesen Teil habe ich mir noch nicht angesehen, aber ich kann mir gut vorstellen, mein Uralthandy so zu rezyklieren. Fazit: ich bin angenehm überrascht: wenig Luft, fast nur Papier und Karton. Fast nichts geht in den Restmüll.
Erster Eindruck
Das Handy liegt angenehm schwer in der Hand, das gefällt mir. Es ist doch relativ dick, das vermittelt mir ein Gefühl von Robustheit. So weiß ich, ob ich das Gerät in der Tasche habe oder nicht. Die anderen Handys im Haus sind alle viel dünner, gefühlt nur halb so dick und halb so schwer. Der Plastikrücken ist auch mit meinen Schweißhänden angenehm rutschfest, die Seiten weniger. Das Fairphone flutscht mir trotzdem nicht aus den Händen. Ich packe das Handy in die Schutzhülle. Sie liegt eng an und stört nicht, das Handy lässt sich noch immer gut bedienen, auch die seitlichen Knöpfe reagieren gut. Die vorgestanzten Löcher sind an der richtigen Stelle. Es ist ziemlich schwierig, die Hülle wieder zu entfernen, und das ist auch gut so. Sie hält. Dafür ist die Schutzhülle auf dem Handyrücken ein bisschen rutschiger, die Seiten sind etwas rauher als das Handy. Komische Konzeption. Idealerweise wäre diese Hülle doch rutschsicherer als das Telefon?
Fairphone mit Schutzhülle
Fairphone Rückseite
Fairphone, Rückseite offen
Der kleine Schraubendreher wird gerade wegen seiner kleinen Größe und der Farbwahl bestimmt nicht wiedergefunden, sollte man ihn je brauchen. Ohne das Teil wäre das FP bestimmt noch weniger schädlich für die Umwelt. Vielleicht könnte Fairphone den Schraubendreher ja als Gratis-Option bei der Bestellung anbieten?
Den Kopfhörer brauche ich eigentlich nicht. Aber in welches Ohr gehört welcher Stöpsel? Dunkelgraue Schrift auf schwarzem Grund, das ist sogar bei guten Lichtverhältnissen schwierig zu lesen. Beide Kabel haben dieselbe Länge, im Halbdunkel heißt es hier ausprobieren und dann ins richtige Ohr umstecken. Die Tonqualität ist ok, das Mikrofon funktioniert, auch wenn sich dieser Teil billig anfühlt. Einen Knopf am Mikrofon, der es erlaubt, einen Anruf anzunehmen oder zu beenden, suche ich vergeblich. Man drückt einfach direkt auf das Mikrofon, dann knackt es leicht und der Knopf ist gedrückt.
Schutzhülle hinten
Schutzhülle links
Fairphone im Vergleich mit Samsung
Die Sprachqualität der Anrufe genügt meinen Ansprüchen und kann mit den anderen Geräten im Haus mithalten. Alle Bedienknöpfe befinden sich auf der linken Seite. Das Ladegerät ist ein bisschen klobig, das Ladekabel sitzt fest im Stecker. In ungefähr einer bis anderthalb Stunden ist mein FP3+ von < 20 % auf > 80 % aufgeladen.
Die Displayschutzscheibe ist aufwendiger verpackt. Neben dem Karton mit der Displayschutzscheibe findet sich eine kleine Tüte. Darin befinden sich ein in Plastik eingepacktes Feuchttüchlein, ein Mikrofasertüchlein und ein Bogen mit vier Aufklebern. Auf dem ersten steht «Dust -absorber», auf den drei anderen «Guide Sticker». Ich ziehe den Dust-absorber ab und versuche, damit etwaigen Staub vom Bildschirm zu entfernen. Resultat: Mein Handybildschirm ist voller scheußlicher Klebespuren, die ich nur mit größter Mühe wieder loswerde. Also FINGER WEG!
Die Guide Sticker sind viel zu groß, als dass man sie irgendwie irgendwo auch nur ansatzweise benutzen könnte. Und nach der schlechten Erfahrung mit dem Dust-absorber wandern sie diekt in den Müll. Ich ziehe die Plastikschutzscheibe vom Displayschutz ab, richte den Displayschutz auf den oberen Rand des Bildschirmes aus (Lautsprecher und Kameraloch sind an der richtigen Stelle und helfen mir dabei) und lasse ihn vorsichtig sinken. Mehrere riesige Luftblasen bilden sich. Mit Hilfe des Mikrofasertüchleins bugsiere ich sie an den Rand. Ein paar kleinere Bläschen bleiben am Rand und weigern sich standhaft, entfernt zu werden. Zum Glück befinden sie sich alle außerhalb des Displays am unteren Rand und stören nicht. Fazit: einfacher als früher, deutlich weniger Blasen.
Erste Inbetriebnahme
Zuerst lade ich den Akku voll auf, das dauert zwei Stunden. Dann setze ich meine beiden SIM-Karten ein und schalte es an. Fairphone steht da weiß auf schwarzem Grund (warum gibt es hier eigentlich kein Fairphone-blau?), dann ein schlichtes weißes e mit einem weißen hüpfenden Ball auf schwarzem Grund – das hätte ruhig auch etwas bunter sein können, schließlich ist das /e/-Logo ja bewusst dem Google-Logo nachempfunden und ähnlich bunt gewählt.
Blisslauncher Startseite
Blisslauncher Widgets nicht zu entfernen
Das Telefon startet in Englisch. Zuerst muss man die üblichen Dinge konfigurieren: Sprache, Zeitzone, WLAN, GPS, Bildschirmsperre. Ich richte mir (am Computer) ein /e/-Konto ein. Direkt beim ersten Start lassen sich zwar Zugangsdaten zum /e/-Account eingeben, erstellen lässt er sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Handy nicht. Ich könnte auch einen eigenen Nextcloud-Server angeben – oder gar nichts: Das Telefon lässt sich problemlos auch vollumfänglich ohne /e/-Account betreiben.
Nun öffnet sich der Bliss Launcher mit einem bunten Hintergrund und den vorinstallierten Apps. Dann überprüfe ich, ob das Betriebssystem aktuell ist. Nein, obwohl das Telefon doch gerade erst geliefert wurde? In wenigen Minuten flutscht das Update durch. Fazit: die Basiseinstellungen sind völlig intuitiv und in knapp 15 Minuten ist das Telefon mit oder ohne /e/-Konto betriebsbereit. Zum Vergleich, das Chinahandy, das meine Tochter zu Weihnachten bekommen hat, brauchte über zwei Stunden, bis es zum ersten Mal zum Telefonieren benutzt werden konnte. Dass ich auf einem frisch geflashten Handy aber das Betriebssystem aktualisieren konnte, fand ich überraschend.
In der Praxis
Der Bliss Launcher nervt schon nach wenigen Minuten gewaltig: Die Seite mit den Widgets würde ich gerne deaktivieren, doch das geht leider nicht (Terminalfreaks können das wahrscheinlich mit adb-irgendwas, aber ich DAU traue mich da nicht ran). Die Apps lassen sich zwar verschieben, doch freie Plätze darf es nicht geben. Neue Apps hängen sich einfach unten an, das wird total schnell unübersichtlich (auch wenn man sie umsortiert). Was /e/ hier voreingestellt hat, ist total unpraktisch und kann vom DAU nicht so einfach geändert werden. Konsequenz: Ich probiere ziemlich viele alternative Launcher aus F-Droid aus. Der ZIM-Launcher entspricht meinen Ansprüchen (Favoriten-Dock, mehrere Bildschirme, Leerpositionen möglich). Der Open Launcher wäre meine zweite Wahl. Zeitaufwand ca. 3 Stunden, um den Launcher definitiv zu wechseln. Hier hätte sich /e/ meiner Meinung nach die Eigenentwicklung sparen können.
AppStore Kategorien
AppStore Suche
AppStore Bewertung
Ich kommentiere die vorinstallierten Apps mal kurz:
Über den Bliss Launcher habe ich ja schon gemeckert.
Der App-Store enthält sehr viele Apps, aber nicht alle. Ich habe gelesen, dass man nicht genau wisse, woher die APK-Dateien kommen, wenn das so ist, dann ist natürlich ein schlechter Punkt. Nett ist hier, dass man (im Gegensatz zu Googles Spielzeugladen) sehr schnell sieht, wie vertrauensunwürdig eine App ist, denn es werden 2 Noten angezeigt: die App-Store-eigene Bewertung (1-5 Sterne, aber das scheint noch graue Theorie zu sein, denn ich habe noch keine App gefunden, bei der hier nicht N/A steht – ich weiß auch nicht, wie ich selber eine App bewerten könnte) und der Datenschutz (von 1-10). Doch mir ist nicht ganz klar, wie genau diese Note berechnet wird, denn auch Apps ohne Tracker haben nicht immer die Bestnote? Das finde ich relativ verwirrend. Eine Aufteilung in eine Trackernote und eine Berechtigungsnote wäre lesbarer. Aber da man gleich darunter sich die Berechtigungen und die Tracker anzeigen lassen kann, ist das trotzdem ok.
Fehlende APKs kann man «anfordern», keine Ahnung, ob das klappt und wie lange das dauert. Ich habe testweise eine App angefordert, aber sie ist bisher nicht angekommen. Aus anderen Quellen installierte Apps werden vom App Store erkannt und – so sie im App-Store vorhanden sind, aktualisiert. Leider gibt es damit auf meinem Gerät ein großes Problem: diese Apps funktionieren nach dem Aktualisieren über den /e/-App-Store mit großer Regelmäßigkeit nicht mehr und die Shortcuts verschwinden vom Startbildschirm oder verschieben sich selbstständig.
Ich installiere F-Droid, fehlende Apps hole ich mir über den Aurora-Store oder als APKs (aus anderer Quelle). Den /e/-App-Store habe ich deaktiviert.
Die Kalender-App Etar hatte ich schon auf meinem Handy-Oldtimer. Ich komme damit klar, auch wenn mir eine 3 oder 4-Tagesübersicht noch gut gefallen würde.
Die Kontakte-App synchronisiert sich automatisch mit der /e/-Cloud und ist so ok für mich. Abstellen lässt es sich auf Wunsch auch. Etwas komisch ist, dass ich plötzlich ganz viele Kontakte doppelt habe: ein Messenger, den ich vom alten Handy aus umgezogen habe, hat sich auch mit den Kontakten synchronisiert und jetzt sind da viel zu viele Duplikate.
Im /e/-Cloud-Webinterface kann ich meine Kontakte angenehm mit einer richtigen Tastatur editieren und auch Kontaktbilder direkt vom Computer aus hinzufügen. Das geht doch angenehmer, schneller und fehlerfreier als über den Handy-Touchscreen. Was mich bei der /e/-Cloud-Webseite stört, sind deren Hässlichkeit und die fehlende Ergonomie: ich finde die grafische Oberfläche scheußlich und die Bedienung schwerfällig, kompliziert und unlogisch. So werden z. B. Adressdaten automatisch von einem Kontakt zum nächsten übernommen, sobald Adressfelder aktiviert werden – und das ist ziemlich unpraktisch. Das liegt aber wahrscheinlich an Nextcloud, denn ich habe dieselben Probleme bei meiner eigenen Nextcloud-Baustelle festgestellt.
Dateimanager, Rechner, Galerie, Kamera und Uhr lassen sich für meine Anforderungen problemlos benutzen und entsprechen meinen Erwartungen.
Rekorder? Musik? Aufgaben? Brauche ich nicht. Aufgaben scheint sich auch mit der /e/-Cloud zu synchronisieren. Drei weitere Apps werden deaktiviert.
LibreOffice Viewer und PDF-Viewer Plus sind nützlich: für einen schnellen Überblick was denn in dem Mail-Anhang steht, reicht es, mehr mache ich damit nicht.
Mail ist ein K9-Fork, ich kann meine Einstellungen von K9 aus problemlos übertragen. Inwiefern der Fork besser sein soll, weiß ich nicht und habe ich auch nicht rausgefunden. Persönlich komme mit dem Original besser klar, weil in K9-Mail die verschiedenen Mailkonten farblich deutlich besser getrennt werden. Openkeychain ist bereits da, meine GnuPG-Schlüssel frisst es problemlos, auch ver- und entschlüsselt es alles, was es soll, sei es im vorinstallierten Mailprogramm oder K9-Mail. Hier hätte sich /e/ meiner Meinung nach die Eigenentwicklung sparen können.
AppStore Tracker-Anzeige
AppStore Tracker-Anzeige
AppStore Berechtigungen
Maps (Magic Earth) funktioniert nicht. Die App möchte gerne Karten aus dem Internet laden, kann sich aber aus unerfindlichen Gründen nicht mit dem Server verbinden. Eine Suche im /e/-Forum brachte keine Lösung, eine Frage habe ich dort noch nicht gestellt. Ein Upgrade auf die neueste Version brachte keine Lösung; aber da ich diese App nicht wirklich brauche, kommt das mir bereits bekannte OSMand auf mein Fairphone. Hier auf dem Land funktioniert das GSM schnell und genau, auch bei schlechtem Wetter.
Notizen scheint sich auch irgendwie mit der /e/-Cloud zu synchronisieren. Ich finde die App ein bisschen gewöhnungsbedürftig und installiere mir lieber das gewohnte und bisher genutzte ColorNotes.
Die Wetter-App gefällt mir nicht (alle Bildchen sind schwarz-weiß – aber die Titelleiste knallbunt), ich installiere Privacy Friendly Weather aus dem F-Droid.
Der Browser ist benutzbar, ich hole mir noch den Privacy Browser und Firefox Klar.
Das SIM-Toolkit wird von meinen beiden SIM-Karten nicht unterstützt und ist somit für mich nutzlos.
MicroG ist vorinstalliert und spooft automatisch eine Signatur. Keine Ahnung, ob ich das brauche oder nicht, keine Ahnung, ob und wie gut das vor Big Brother schützt.
E-Mail Konten
E-Mail Ordner
Fazit: für mich sind zu viele Apps vorinstalliert, die ich nicht nutze und nicht benutzen werde. Es ist unmöglich für einen DAU wie mich, die wieder loszuwerden. Bleibt nur, die Daten zu löschen, die Apps zu deaktivieren und andere Apps zu nutzen. Besonders störend sind der nervige Bliss Launcher und der App-Store, der aus anderen Quellen installierte Apps kaputt-updated. Schade auch, dass man die vorinstallierten, nicht benutzten Apps nur deaktivieren kann (außer, man wagt sich an adb).
Die Umstellung auf von Android 4.4 auf das Google-freie Android 10 ist nicht ganz einfach, aber trotzdem finde ich fast alles, was ich suche. Ich finde es cool, dass ich meinen Wunsch-DNS-Server in den Parametern eingeben kann. In der Mitte der Statusleiste wird ein kleiner Punkt angezeigt. Was der wohl für eine Bedeutung hat? Rausgefunden habe ich es bisher nicht.
Den Bildschirmschutz klebe ich erst nach zwei Wochen auf, als ich mir sicher bin, dass alles funktioniert (Stichwort Fingerabdrucksensor – siehe weiter unten) und dass ich mein FP behalte. Die Sache geht besser als befürchtet, ist und bleibt mit meinen schweißigen Wurstfingern ein bisschen zu kompliziert. Das Handy lässt sich problemlos öffnen, ich sehe mehrere kleine Schrauben, die sich alle mit dem beigepackten Schraubendreher lösen lassen. Ich habe mein FP nicht auseinandergenommen. Die Batterie hält bei mir gut zwei Tage bei intensiver Nutzung (im Rahmen dieses Tests habe ich das Telefon im Schnitt ungefähr fünf Stunden pro Tag benutzt).
microG Einstellungen
microG Details
Der Support
Leider hatte ich auch schon mit dem /e/-Support zu tun. Der Fingerabdrucksensor meckerte von Anfang an, er sei schmutzig. Optische Überprüfung – nix zu sehen. Ich wische ihn trotzdem mit meinem Brillentüchlein sauber, wasche meine Hände und trockne sie gut. Doch der Sensor weigert sich weiter und lässt sich auch in der Folge nicht benutzen. Ich versuche es mit verschiedenen Fingern, unter allen möglichen Bedingungen, meine Frau und Kinder probieren es – nichts geht, der Sensor behauptet steif und fest, er sei schmutzig oder es sei nur ein Teilfingerabdruck entdeckt worden. Lösung finde ich keine. Ich teste das Telefon trotzdem weiter und bin – davon abgesehen – sehr zufrieden damit.
Ich schreibe dem /e/-Support eine E-Mail, die Antwort kommt überraschend schnell : Telefon zurücksetzen und System auf die neueste Version aktualisieren (falls möglich), doch auch das hilft leider nichts. Mein Telefon reist mit UPS portofrei zurück.
Die Ankunft des Telefons im /e/-Hauptsitz wird mir vom Support (zusätzlich zur Sendungsverfolgung auf der Webseite) noch per Mail bestätigt, das ist eine nette Geste. Nach zwei Wochen die Rückmeldung: mein Telefon sei nicht zu reparieren (was mich bei einem Fairphone doch sehr wundert), ich bekomme ein neues Gerät. Fazit: Der /e/-Support ist freundlich, kompetent und antwortet schnell. Die «Reparatur» dauerte etwas lange (wahrscheinlich wurde mein Gerät in die Niederlande zum Fairphone-Hauptsitz weitergeschickt). Ich habe den Eindruck, dass hier noch echte und engagierte Menschen arbeiten, die persönlich antworten.
Der Fingerabdrucksensor (2. Versuch)
Zwei Tage später ist mein neues FP endlich da. Ich schaffe es nur mit Mühe einen Fingerabdruck zu speichern. Ob es an meiner Hautbeschaffenheit liegt? Meine Frau schafft es, ihren Fingerabdruck zu speichern. Dann kommt meiner wieder dran und es geht. Die Sache scheint mir trotzdem ziemlich kippelig zu sein. Auch in den folgenden Tagen meldet sich der Sensor relativ oft krank. Mit täglichem Putzen und systematischem Händeabwischen vor dem Entsperren läuft er aber trotzdem, die Erkennungsrate steigt nach den ersten drei Tagen rasant an, bleibt dann eine gute Woche lang sehr hoch und sinkt dann wieder markant. In meinem Test habe ich mein Fairphone während 21 Tagen so oft wie möglich mit dem Fingerabdruck entsperrt und das Resultat aufgeschrieben:
Versuch 64 % Erfolg. (vom 4.-12. Tag waren es hier sogar 86 %).
Meine persönliche Schlussfolgerung: Wenn es bei der dritten Berührung wieder nicht klappt, dann muss ich mein Handy fast immer mit dem PIN-Code entsperren und den Sensor wieder mit dem Brillenputztüchlein reinigen. Das bleibt frustrierend. Mir scheint diese Komponente noch nicht richtig ausgereift zu sein, denn ich bin von meinem Uralthandy viel Besseres gewohnt (Erkennungsrate 99 % beim 1. Versuch). Dafür ist das Fairphone viel zu teuer. Der Sensor liegt auf der Rückseite, in der Mitte des Telefons. Für meine Finger ist er genau an der richtigen Stelle, andere klagen oft darüber, dass er sich zu weit oben befinde. Dem kann ich so nicht zustimmen.
Was mir fehlt:
Eine Swipe-Tastatur. Schade, dass es die Swipe-Tastatur nur im Spielzeugladen gibt und dass sie so trackerverseucht ist. Das AnySoftKeyboard ist auch mit dem deutschen Sprachpaket für meine Ansprüche zu fehleranfällig und noch nicht produktiv zu benutzen.
Verschiedene Klingeltöne für meine SIM-Karten. Das funktionierte wunderbar mit meinem Uralthandy, mit dem /e/-FP geht das (noch?) nicht, weder für Anrufe, noch für SMS. Sehr schade.
Ein Hardware-Knopf für den Launcher.
Offene Frage
Brauche ich OpenVPN? Mir scheint, dass sich ein VPN direkt in /e/ einrichten lassen könnte: In Einstellungen-Netzwerk und Internet gibt es einen Programmpunkt VPN, den ich noch nicht ausprobiert habe.
Fazit
Das Fp3+ mit vorinstalliertem /e/ ist ein vollwertiges Android-Smartphone, nur eben ohne Google. Hardwaremäßig kränkelt der Fingerabdrucksensor, sonst bin ich mit meinem /e/-Fairphone voll zufrieden.Das Google-freie System ist vielversprechend und gefällt mir, mein Handy sendet viel weniger Daten (getestet mit einem Bekannten, der sich da besser auskennt). Leider sind für mich zu viele unglücklich gewählte vorinstallierte Apps dabei, die ich durch Alternativen ersetzen musste. Das bedeutete doch einigen Aufwand, besonders für den Launcher. Trotz aller negativen Punkte kann ich sowohl Gerät als auch Betriebssystem weiterempfehlen: das /e/-FP3+ ist mein neues Handy im täglichen Gebrauch.
Dieser Artikel darf gerne geteilt werden. Eine Veröffentlichung im /e/-Forum und im /e/-Shop ist vorgesehen. Gerne lese ich Eure Kommentare und Anregungen. Besten Dank an Ferdinand für die Veröffentlichung, Danke an Euch fürs Lesen.
Über /e/OS und die damit ausgestatteten Smartphones habe ich hier bereits einigeMale berichtet und das entgoogelte Betriebssystem auf dem Samsung Galaxy S9 getestet. Ein grafischer Installer ist derzeit in der Alpha-Phase. Jetzt kündigt die /e/-Foundation eine Zusammenarbeit mit der Firma Fairphone B.V. an und bietet /e/OS auf dem Fairphone 3 an.
Saubere Rohstoffe, faire Bedingungen
Fairphone ist ein 2013 gegründetes Unternehmen, das Smartphones verkauft, die unter möglichst fairen Bedingungen hergestellt werden. Das betrifft sowohl die Gewinnung der Rohstoffe, zu denen seltene Metalle und Mineralien gehören, als auch die Arbeitsbedingungen der Arbeiter in den Minen und bei den Halbleiterherstellern. So werden Materialien wie Gold und Wolfram in Minen geschürft, die akzeptable Arbeitsbedingungen bieten, keine Kinder beschäftigen und nicht von Kriegsherrn kontrolliert werden. Zudem ist das Fairphone modular aufgebaut und daher gut zu reparieren und zu recyclen.
Gelungene Symbiose
Die Zusammenarbeit von der /e/-Foundation mit Fairphone an ermöglicht jetzt das erste auf Privatsphäre ausgelegte mobile Betriebssystem auf einem nachhaltig produzierten Endgerät. Sowohl Open-Source-Software als auch Hardware mit Nachhaltigkeit als Motivation ermöglichen Geräte, die länger genutzt werden als das unsere industrielle Wegwerfgesellschaft heute vorgibt.
/e/OS auf dem Fairphone 3
Das Fairphone 3 mit /e/OS als Betriebssystem kann ab sofort im /e/-Onlineshop für 479 Euro europaweit vorbestellt werden und wird ab dem 6. Mai ausgeliefert. Besitzer eines Fairphone 3 können /e/OS auf ihr Gerät aufspielen.
Das Fairphone 3 hat eine Bildschirmdiagonale von 5,5 Zoll bei einer Auflösung von 2160 x 1080 Bildpunkten. Ein Snapdragon 632 SoC, eine Qualcomm Adreno 506 GPU, vier GByte RAM und 64 GByte interner Speicher sowie zwei Kameras mit 8 und 12 MPixel bilden weitere Ausstattungsmerkmale. Geladen wird das Fairphone 3 über USB-C.