Schlagwort: Europa

  • EU-Kommission gibt sich quelloffen

    Hauptquartier der Europäischen Kommission in Brüssel | Quelle: Wikimedia | Lizenz: CC BY-SA 4.0

    Die EU-Kommission will künftig eigene Software als Open Source veröffentlichen. Das geht aus einem gerade angenommenen neuen Regelwerk hervor. Das sieht vor, dass künftig Software-Quellcodes von im Auftrag der Kommission erstellter Software rascher und unbürokratischer veröffentlicht werden kann, wenn dies »für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen oder für andere Behörden vorteilhaft sein kann«, so die Pressemitteilung. Das soll unter Umständen auch Beiträge zur Software Dritter umfassen.

    Im Vorfeld gab es eine Studie über die Auswirkungen von Open-Source-Software und -Hardware auf technologische Unabhängigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation in der EU-Wirtschaft. Dabei wurde festgestellt, dass die Rendite bei Investitionen in Open Source im Durchschnitt viermal höher ist als bei proprietärer Software.

    eSignature und LEOS

    Ein Beispiel. dass in der Ankündigung hervorgehoben wird, ist die eSignature der Europäischen Kommission. Dabei handelt es sich um eine Reihe von in allen europäischen Mitgliedstaaten rechtsgültigen kostenlosen Normen, Werkzeugen und Diensten, die öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen helfen, die Erstellung und Überprüfung elektronischer Signaturen zu beschleunigen. Als weiteres Beispiel wird LEOS (Legislation Editing Open Software) herangezogen, die bei der Kommission zur Abfassung von Rechtstexten verwendete Software. Die ursprünglich für die Kommission entwickelte Software LEOS wird derzeit in enger Zusammenarbeit mit Deutschland, Spanien und Griechenland weiterentwickelt.

    Zentrale Datenbank

    Die Kommission wird ihre Software quelloffen in einer zentralen Datenbank zur Verfügung stellen und so den Zugang und die Weiterverwendung erleichtern. Vor ihrer Veröffentlichung wird jede Software auf Sicherheits- und Vertraulichkeitsrisiken, Datenschutzaspekte oder potenzielle Verstöße gegen Rechte des geistigen Eigentums Dritter geprüft. Die neuen Vorschriften erleichtern den bestimmungsgemäßen Umgang mit Open Source in wesentlichen Punkten:

    • Für die Verbreitung von Software im Rahmen einer Open-Source-Lizenz ist künftig kein Beschluss der Kommission erforderlich.
    • Soweit möglich werden die Kommissionsdienststellen die gesamte Software, die vor der Annahme dieser neuen Vorschriften entwickelt wurde, schrittweise auf Anwendungen überprüfen, die außerhalb der Kommission einen Mehrwert bringen können.
    • Die Kommission ermöglicht es ihren Softwareentwicklern nun, mit Verbesserungen, die sie im Rahmen ihrer Arbeit entwickelt haben, einen Beitrag zu Open-Source-Projekten zu leisten.

    Die neuen Vorschriften stehen im Einklang mit der europäischen Open-Source-Software-Strategie 2020-2023 und der übergreifenden Digitalstrategie der Kommission und des Programms Digitales Europa.

  • Studie zu Open-Source-Software und -Hardware in der EU-Wirtschaft

    Quelle: Pressekit OFE

    Das Fraunhofer Institut ISI und das OpenForum Europe (OFE) haben im Auftrag der Europäischen Kommission eine Studie über die Auswirkungen von Open-Source-Software (OSS) und Open-Source-Hardware (OSH) auf die europäische Wirtschaft erstellt. Die vor wenigen Tagen in Brüssel vorgestellte Studie kommt zu dem Schluss, dass Open-Source-Software geschätzt einen Beitrag von 65 bis 95 Mrd Euro zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Europäischen Union beiträgt und erhebliche Wachstumschancen für die digitale Wirtschaft in der Region verspricht.

    Neue Open-Source-Industriepolitik gefordert

    Der Bericht empfiehlt der EU, eine spezielle Open-Source-Industriepolitik zu verfolgen und sie in ihre wichtigsten politischen Rahmenwerke, wie den Europäischen Green Deal und den Artificial Intelligence Act zu integrieren. Er empfiehlt außerdem die Einrichtung eines europäischen Netzwerks von Regierungsstellen, das sich der Beschleunigung der Nutzung offener Technologien widmet und umfangreiche Mittel für Open-Source-Unterstützungsmechanismen und -Projekte bereitstellt, z. B. durch das Vorzeigeprogramm Horizont Europa mit einem Gesamtbudget von 95,5 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021-2027, und die Verfolgung der Richtung der offenen Innovation bei der Suche der Union nach digitaler Autonomie.

    Tiefgreifender Kulturwandel notwendig

    EU-Regierungen und Unternehmen haben das Potenzial von Open Source laut der Studie bereits erkannt und allein im Jahr 2018 über 1 Milliarde Euro in die Open-Source-Entwicklung investiert. Die Daten sagen voraus, dass bei einem Anstieg der Open-Source-Beiträge in der EU um 10 % zusätzlich rund 100 Mrd. Euro zum BIP der EU beigetragen werden können. Um von diesen Vorteilen zu profitieren, weisen die Forscher auf die Notwendigkeit eines tiefgreifenden Kulturwandels und erheblicher Investitionen in offene Technologien hin. Mehrere Regierungen der Mitgliedstaaten und EU-Institutionen haben bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen, und die Studie liefert den politischen Entscheidungsträgern nun die notwendigen Erkenntnisse, um ihre Bemühungen zum Nutzen der EU-Wirtschaft und Bürger umzusetzen.

    Open Source als öffentliches Gut

    OSS hat sich in den letzten zehn Jahren in allen Bereichen der Softwareindustrie durchgesetzt. Im Gegensatz dazu hinkt der Entwicklungsstand von OSH derzeit noch spürbar hinterher. Allerdings entwickelt sich das geschäftliche Ökosystem für OSH schnell. Wenn OSH die gleiche Entwicklung wie OSS durchläuft, könnte sie laut der Studie ein Eckpfeiler des künftigen Internet der Dinge (IoT), der Zukunft der Datenverarbeitung und der digitalen Transformation der europäischen Industrie am Ende des digitalen Jahrzehnts sein.

    Der wichtigste Durchbruch der Studie ist die klare Einstufung von Open Source als öffentliches Gut. Dies zeige einen Paradigmenwechsel gegenüber dem früheren unüberbrückbaren Unterschied zwischen Closed und Open Source an und weise auf eine neue Ära hin, in der digitale Unternehmen mit Open-Source-Ressourcen aufgebaut werden, so die Studie.

  • EU-Cloudanbieter gründen EUCLIDIA-Allianz

    EUCLIDIA ist nicht nur ein Schmetterling der Gattung Eulenfalter, sondern steht im hier relevanten Zusammenhang für European Cloud Industrial Alliance, einen letzte Woche vorgestellten Zusammenschluss von 23 europäischen, mit Cloud-Techniken befassten Unternehmen.

    Hard- und Software-Hersteller

    Der Zusammenschluss setzt sich aus unabhängigen europäischen OTMs zusammen, die die digitale Unabhängigkeit und strategische Autonomie fördern wollen, wie es in der Ankündigung heißt. Die Gründungsmitglieder sind Abilian, Amarisoft, Beremiz, BlueMind, Clever cloud, E.corp, Jamespot, Innoroute, Linbit, Netframe, Nexedi, Nextcloud, ng-voice, Nitrokey, OpenSVC, Patrowl, Rapid.Space, Scaleway, SenX, Signal18, Submer, Vates und XWiki. Alle Mitglieder gehören mehrheitlich europäischen Anteilseignern und entwickeln originäre Software und Hardware, die den Kern einer breiten Palette von Cloud-Diensten bilden. Dazu zählen unter anderem IaaS, PaaS, SaaS, Edge und vRAN.

    EUCLIDIA wird von in Europa ansässigen Non-Profit-Organisationen unterstützt, die Ressourcen und Zugang zu europäischen Institutionen bereitstellen: der Conseil National du Logiciel Libre (cnll.fr), die European Association of Next Generation Telecommunications Innovators (eangti.org), der Libre Endowment Fund (fdl-lef.org) und OW2 (ow2.org).

    Eine Stimme verleihen

    EUCLIDIA will der Stimme der europäischen Cloud-Technologie-Innovatoren Gehör verschaffen und Gesetzgebern und politischen Entscheidungsträgern das Fachwissen und die Visionen vermitteln, die eine Politik unterstützen, die die Einführung und Entwicklung führender Cloud-Technologien »Made in Europe« beschleunigt. Diese Politik sollte europäische Werte wie den Schutz der Privatsphäre und die Förderung eines fairen Wettbewerbs widerspiegeln und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Cloud-Industrie ermöglichen.

    Regierungen und Unternehmen aufklären

    Europäische Cloud-Technologien werden von mindestens 50 % der größten französischen und deutschen an der Börse vertretenen Unternehmen genutzt. Deshalb muss Europa seine Unterstützung für einheimische Innovatoren verstärken und damit sicherstellen, dass diese von der Europäischen Union aus weltweit operieren können.

    EUCLIDIA will Regierungen und Unternehmen dabei helfen, den Wert eines unabhängigen europäischen Cloud-Technologie-Ökosystems besser zu verstehen. Die Allianz will sich für angemessene regulatorische Rahmenbedingungen einsetzen, die Vertrauen und schnellen Zugang zu öffentlichen Märkten für europäische Cloud-Technologien garantieren. Zudem sollen junge Entwickler unterstützt werden, die bereit sind, zur digitalen Autonomie Europas beizutragen. Antworten auf weitere Fragen finden sich in einer FAQ.

  • Matrix für das Bug-Bounty-Projekt von EU-FOSSA ausgewählt

    Matrix

    Die Matrix.org Foundation gab bekannt, dass das Matrix-Protokoll für Echtzeitkommunikation ausgewählt wurde, an der nächsten Runde der EU FOSSA Bug-Bounties teilzunehmen, die von der Europäischen Kommission finanziert werden und dazu dienen, die Sicherheit wichtiger Open-Source-Software, die in ganz Europa eingesetzt wird, zu erhöhen.

    Preisgelder bis 5.000 €

    Sicherheitsforscher haben im Rahmen des Programms Anspruch auf Prämien von bis zu 5.000 Euro für die Entdeckung von Schwachstellen in Matrix-Projekten, einschließlich des Synapse-Homeservers und der Element-Suite von Open-Source-Clients. Forscher können außerdem einen Bonus von 20 Prozent erhalten, wenn sie zusammen mit dem Bugreport einen akzeptierten Patch bereitstellen.

    Zu den Projekten, die für Bounties in Frage kommen, gehören:

    • Synapse, der Matrix-Referenzserver
    • Sydent, der Matrix-Identitätsserver
    • Sygnal, das Referenz-Push-Gateway
    • Olm, die Matrix-Implementierung des kryptografischen Double-Ratchet-Algorithmus
    • Element, Matrix-client für Web, Desktop, Android und iOS

    Da Matrix bereits sichere Kommunikation innerhalb der französischen Regierung (Tchap) und in Tests mit dem deutschen Militär (BwMessenger) betreibt, war das Projekt eine logische Wahl für das Fossa Bug-Bounty Programm. Das Programm wird in Partnerschaft mit Intigriti durchgeführt, einer Bug-Bounty-Plattform, die eingehende Berichte validiert und triagiert, bevor sie an die Matrix-Entwickler weitergeleitet werden. Die Europäische Kommission hat Mittel in Höhe von 32.000 Euro für Bounties genehmigt, die bis Oktober 2021 zur Verfügung stehen.

    Pilotprojekt der EU

    Bei EU-Fossa (EU-Free and Open Source Software Auditing) handelt es sich um ein 2016 offiziell gestartetes Pilotprojekt der EU mit dem Ziel, einen Ansatz anzubieten, mit dem EU-Institutionen sichergehen können, dass die freie Software, die sie nutzen, vertrauenswürdig ist. Bereits Ende 2014 hatte das Europäische Parlament Finanzmittel bewilligt, um freie Software-Projekte, die vom Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission verwendet werden, auf ihre Sicherheit hin zu analysieren.

    In der Kritik

    Anfangs stand das Projekt heftig in der Kritik von unter anderem Matthias Kirschner von der FSFE und Mirko Böhm vom Open Invention Network. Die Kritik warf den Initiatoren und den Beteiligten unter anderem vor, dass die Dokumente hinter verschlossenen Türen verfasst und erst der endgültige Stand veröffentlicht wurde. Zudem seien die Unternehmen, die die Audits vornehmen nicht ausreichend mit Open Source und der Community dahinter vertraut.

  • Freie Software im öffentlichen Sektor Europas

    Freie Software in Europa
    Bild „Old Europe Spy“ von Maik MeidCC BY-SA 2.0

     

    Angesichts der Rückmigration der bayrischen Landeshauptstadt München von Linux zu Windows und vermutlich LibreOffice zu Microsoft Office und den damit verbundenen enormen Kosten bietet sich ein Blick auf entsprechende Erfolgsgeschichten im In- und Ausland an. Dabei stellt sich heraus, dass die 16.000 Rechner, die die Verwaltung in München unter LiMux und LibreOffice noch betreibt eine vergleichsweise kleine Migration hin zu freier Software war.

    Freie Software in Eurpopa

    Die Stiftung hinter LibreOffice, The Document Foundation (TDF), hat eine Liste herausgegeben, die bereits abgeschlossene oder noch laufende europaweite Migrationen zu Linux oder LibreOffice aufzeigt. Geht es um die nackten Zahlen, so liegt hier Frankreichs Verwaltung vorne. Bereits 2012 wurde der Einsatz von LibreOffice in insgesamt 11 von 17 Ministerien, darunter Gesundheit, Soziales und dem Außenministerium beschlossen. Seitdem wird die Installation von LibreOffice auf einer halben Million Rechnern vorangetrieben. Verantwortlich dafür zeichnet die interministerielle Arbeitsgruppe MIMO, die 2015 bekannt gab, die Umsetzung sei beinahe abgeschlossen.

    Frankreich, Spanien und Italien sind Spitzenreiter

    Zahlenmäßig auf dem 2. Platz liegt Spaniens Provinz Andalusien, wo man bereits 2010 damit begann, Ubuntu in 2.000 Schulen auszurollen. Dabei sollen insgesamt 220.000 Desktops für rund 600.000 Schüler und 75.000 Lehrer mit Ubuntu ausgestattet werden. Das Ziel dieser Migration sind insgesamt 6.000 Schulen. In Italien hat das Verteidigungsministerium im Oktober 2015 im Rahmen des Projekts LibreDifesa damit begonnen, über 100.000 PCs mit LibreOffice auszustatten. Bis 2020 soll das Projekt abgeschlossen sein. Die Office-Suite wird auf allen Rechnern installiert, sobald deren Microsoft-Office-Lizenz ausläuft. So waren 2017 rund 75.000 Rechner bereits mit der Open-Source-Lösung ausgestattet. Das Verteidigungsministerium rechnet mit Einsparungen von 26 – 29 Mio. Euro bis 2020.

    Einsparungen in Millionenhöhe

    In Spanien spart die Region Valencia jährlich 1,5 Mio. Euro an Lizenzkosten, seit dort 2012 rund 120.000 Rechner der Verwaltung mit LibreOffice ausgestattet wurden. Zudem wurden in der Region alle Schulen mit insgesamt 110.000 Rechnern mit der auf Ubuntu LTS basierenden Linux-Distribution Lliurex mit MATE als Desktop ausgestattet. Seit 2015 wurden dabei über 30 Mio. Euro eingespart.

    In Frankreich hat die Gendarmerie seit  2013 rund 72.000 Rechner auf Ubuntu umgestellt. Neben den Einsparungen sei ein weiterer Vorteil die Unabhängigkeit von kommerziellen Herstellern, wie Major Stéphane Dumond vom Innenministerium auf der Evento Linux Konferenz 2013 betonte.

    Deutschland weit hinten

    Die Liste der TDF führt noch viele weitere Migrationen in Europa und aller Welt auf, die eines klar zeigen: Deutschland liegt, was den Einsatz von Open Source und Freier Software angeht, weit hinten. Das einzige Projekt, das für Deutschland aufgeführt ist, wurde in München aus politischem Kalkül in den letzten Jahren schlachtreif geschossen und kürzlich zu Grabe getragen.