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  • Lob und Tadel für neuen Open-Source-Kurs der EU-Kommission

    Open-Source-Kurs der EU-Kommission
    By: Maik MeidCC BY-SA 2.0

    Die EU-Kommission hat in einem 15-seitigen Strategiepapier eine neue Fassung ihrer Open-Source-Software-Strategie (PDF) vorgelegt. Sie deckt die Planung für den Zeitraum von 2020 bis 2023 ab. Die Kommission erntet mit dem neuen Papier mehr Tadel als Lob.

    Fehlende Maßnahmen bemängelt

    Hauptsächlich Tadel gab es von der Free Software Foundation Europe (FSFE), die zwar die derzeitige Situation gut analysiert findet, jedoch das Fehlen konkreter überprüfbarer Maßnahmen bemängelt. Die am 21.10.2020 veröffentlichte Strategie bleibe so »ein Feigenblatt«. Die FSFE hatte sich nach drei Jahren Wartezeit seit dem Auslaufen der letzten Open-Source-Strategie der EU-Kommission im Jahr 2017 mehr erhofft. Sie kritisiert in ihrer Stellungnahme:

    Die Vorteile von Freier Software werden voll hervorgehoben, und die Kommission ist ehrgeizig in Bezug auf die künftige Verwendung von Freier Software. Konkrete Ziele sind jedoch selten, und es fehlt ein klares Bekenntnis zum Einsatz freier Software. Ein Scheitern der Strategie ist zu diesem Zeitpunkt absehbar, da die Ziele ehrgeizig sind, die Maßnahmen jedoch lediglich den Status quo festlegen. Daher fordern wir die Kommission auf, in den kommenden Wochen und Monaten konkrete Maßnahmen und Aktivitäten vorzustellen und umzusetzen.

    Wie soll es besser werden?

    Gut findet die FSFE den Plan zur Einrichtung eines Open-Source-Programm-Büros, um Veränderungen in der gesamten Organisation zu leiten, zu fördern und voranzutreiben. Dagegen sei die Einlassung »Der Einsatz von Open-Source-Software ist in der Kommission bereits gängige Praxis, und in weiten Teilen der Organisation gibt es bereits eine Art Open-Source-Kultur. Wir müssen einfach mehr tun und besser werden.« nicht ausreichend, da nicht konkret ausgeführt wird, wie man besser werden will.

    So wird zwar im Papier das FOSSA-Projekt erwähnt, es wird jedoch nicht klar, warum das Nachfolger-Projekt FOSSA2 im Sommer beendet wurde, aber keine neuen konkreten Projekte gestartet werden. Das in der Open-Source-Szene nicht unumstrittene FOSSA-Projekt wurde beispielsweise von der EU-Abgeordneten Julia Reda als hoffnungsvolles Projekt gesponsert.

    Viele Aussagen – wenig konkrete Umsetzung

    Was die Europäische Kommission vorlegt, ist laut FSFE für eine Strategie einfach zu wenig. Es fehlen klare Aufgabenbeschreibungen und -prozesse, konkrete Richtlinien für die Umsetzung von Aussagen und Indikatoren zur Überwachung des Erfolgs. Umso wichtiger sei es, die Arbeit der Kommission weiterhin kritisch überwachen und die FSFE-Kampagne Public money? Public Code! weiter zu verfolgen.

    Vom gemeinnützigen Brüsseler Think-Tank OpenForum Europe gibt es dagegen überwiegend Lob für das Papier. Es ist laut Openforum-CEO Sachika Muto »einerseits ein großer Schritt für die Arbeit der Kommission mit hochmodernen digitalen Diensten. Darüber hinaus ist es eine Anerkennung der Bedeutung von Open Source und Offenheit für die Erreichung der doppelten Transformationen in Richtung eines grünen, digitalen Europas.«

  • Reform des Verbraucherschutzes: Vorschub für Zensur

     

    Reform des Verbraucherschutzes
    Bild: „Democratize, Enlargeand Unite Europe“ von Nightstallion Lizenz: CC0

    Von der etablierten Presse und somit der Mehrheit der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat das EU-Parlament vor wenigen Tagen im Rahmen der Reform des Verbraucherschutzes eine neue Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (PDF) abgesegnet. Sollte diese Verordnung in Kraft treten, würde das Sperren von Webseiten in die Verantwortung staatlicher Verbraucherschutzbehörden fallen – und das ohne richterliche Absegnung. Damit rutscht die Schwelle des Missbrauchs bis hin zu möglicher Zensur um einiges nach unten.

    Reform des Verbraucherschutzes ermöglicht Missbrauch

    Das sehen auch die Piraten im EU-Parlament so. Julia Reda, Parlamentarierin für die European Pirates spricht auf ihrer Webseite davon dass die Verbraucherschutzbehörden damit bisher nicht näher spezifizierte Dritte zur Sperre von Webseiten anweisen könnten. Dies würde Anbieter von Internetzugängen dazu zwingen, eine Infrastruktur für die Blockierung von Websites zu schaffen, die für eine Vielzahl anderer Zwecke, einschließlich Zensur missbraucht werden könnte, so Reda.

    Katalonien als Beispiel

    Für diese Art des Missbrauchs gibt es ganz zeitnah ein Beispiel aus Katalonien, wo Webseiten, die sich für die Unabhängigkeit der spanischen Region einsetzten, kürzlich gesperrt wurden. Diese Sperren seien nur deshalb so schnell durchsetzbar gewesen, da vorher die Regeln für das Abschalten von Internetangeboten im Namen der Bekämpfung von Copyright-Verletzungen aufgeweicht worden waren und eine entsprechende Infrastruktur damit bereits vorhanden war.

    Vorschläge verschärft

    Reda kritisiert, dass die jetzt beschlossene Regelung ursprünglich zum Schutz der Verbraucher vor Urheberrechtsverletzungen und Betrug im Internet entworfen worden sei, dann aber aufgrund der Forderung des EU-Ministerrats verschärft worden wurde. War zunächst vorgesehen, entsprechende Inhalte auf Webseiten zu löschen, oder die Webseiten mit richterlichem Beschluss zu sperren, soll diese Hürde nun völlig wegfallen.

    Der abgesegneten Verordnung fehlt nun lediglich die Zustimmung des Europäischen Rats um dann zwei Jahre später in Kraft zu treten. Die EU-Verordnung hat danach Gültigkeit für alle Mitgliedsstaaten, ohne dass sie in nationales Recht umgesetzt werden muss.