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Solus ist eine von Grund auf gebaute Distribution mit Budgie als hauseigenem Desktop. Es wird ähnlich Manjaro als leicht verzögertes Rolling Release herausgegeben, das jeden Freitag aktuelle Updates erhält. Budgie nutzt bisher GTK 3 und viele Bestandteile von GNOME als Basis.
Bereits Solus-Gründer Ikey Doherty wollte vor einigen Jahren von GTK zu Qt wechseln. Nach seinem Weggang und der folgenden Zeit der Neuorientierung zielt der neue Projektleiter Joshua Strobl nun in die gleiche Richtung, zumindest, was die Abkehr von GTK angeht. Bei der jetzigen Neubewertung waren auch Qt und iced in der engeren Wahl, aber sowohl die vorwiegende Verwendung von C++ sowie die aus Sicht der Entwickler unsichere Lizenzsituation ließen sie von Qt für Budgie Abstand nehmen. Iced erschien zwar vielversprechend, schied aber aus, weil es noch am Anfang der Entwicklung steht und etwa die Implementierung von eigenen Widgets derzeit noch zu kompliziert umzusetzen ist.
Umstieg auf EFL
Wie Strobl auf seinem Blog schreibt, plant das Team den Umstieg auf die Enlightenment Foundation Libraries (EFL), die die Grundlage des Enlightenment Desktops bilden. Da Solus auf Desktop-PCs und Notebooks ausgerichtet ist, findet er die sich derzeit abzeichnende Vision von GNOME vom klassischen Desktop hin zu einem stärkeren Fokus auf die Skalierbarkeit von Anwendungen für mobile Endgeräte und einer eher touch-orientierten Benutzererfahrung als nicht mehr passend zu Solus.
Theming für Dritt-Anwendungen erschwert
Schwerer wiegen die Probleme, die das Theming für Anwendungen außerhalb des GNOME-Universums betreffen und die laut Strobl mit der Einführung von libadwaita im Rahmen der neuen Human Interface Guidelines (HIG) eher noch verschärft werden. Weitere Funktionen werden durch GTK 4 für Drittanbieter unmöglich gemacht. So fällt etwa die Möglichkeit weg, verschiedene GTK-Widgets, wie z.B. die GTKHeaderBar als Unterklasse zu definieren. Das sogenannte Sub-Classing erlaubt es, ein eigenes Widget oder eine eigene Logik mehr oder weniger auf einem bestehenden Widget zu implementieren und dessen Eigenschaften und Signale zu nutzen, um die eigene Widget- oder Anwendungslogik zu vereinfachen.
Zu viele Nachteile
Auch X11 wird zugunsten von Wayland laut Strobl benachteiligt, indem viele X11-APIs bei GTK 4 einfach entfernt wurden. Die Liste der Kritikpunkte geht aber noch viel weiter und GTK 4 sowie die Ideen zu GTK 5 entsprechen nicht mehr den Erwartungen der Solus-Entwickler. Bleibt also, entweder ein eigenes Toolkit zu schreiben oder EFL zu adaptieren. Letzteres ist eine sehr interessante Option, wie ich finde, denn EFL und Enlightenment können sicher mehr Entwicklung und Öffentlichkeit gebrauchen. Diese Entscheidung bedeutet laut Strobl auch, dass es mit der nächsten Veröffentlichung keine an Solus angepasste GNOME-Version mehr geben wird, sondern lediglich eine Standard-GNOME-Shell ausgeliefert wird. In der Folge könnte die GNOME-Edition nach Budgie 11 auch komplett entfallen.
Solus betont mit seiner mutigen Entscheidung, EFL für seine Zwecke zu adaptieren, seine Eigenständigkeit. Neben Solus verwendet Bodhi Linux ebenfalls einen EFL-basierten Desktop namens Moksha.
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