Gestern erschien Kali Linux 2021.2 und bringt einige substanzielle Verbesserungen für die auf Debian basierende Pentesting-Distribution mit. Über Kaboxer, den Kali Applications Boxer habe ich vor einigen Tagen bereits berichtet. Dabei geht es um Container für schwierig zu paketierende Anwendungen, wobei die Container für den Anwender transparent per APT gehandhabt werden.
Kali Tweaks
Eine weitere Neuerung stellt die App Kali Tweaks dar, die Anwendern mit einer frischen Installation die Konfiguration erleichtern soll. Mit Kali Tweaks lassen sich unter anderem Meta-Pakete installieren oder entfernen, Repositories einrichten, Shell und Prompt festlegen oder Virtuelle Maschinen einrichten.
Bleeding Edge Repository
Das Kali Bleeding Edge-Repository wurde überarbeitet. Damit erhält der Anwender Zugriff auf Pakete, die mit der neuesten Version des Quellcodes aus dem Upstream-Git-Repository erstellt wurden. Die Dokumentation hilft bei der Nutzung dieser Funktion. Bisher werden 78 Tools von dieser Methode unterstützt, es werden sukzessive weitere Tools hinzugefügt
Der von Kali verwendete Kernel wurde gepatcht, um die Einschränkung aufzuheben, dass für die Verwendung von TCP- und UDP-Ports unter 1024 eine Berechtigung erforderlich ist. Als Gründe dafür nennt die Ankündigung der Veröffentlichung im Kali-Blog, das Kali hauptsächlich eine Desktop-orientierte Distribution sei und die privilegierten Ports eher im Server-Bereich Anwendung finden.
Auch Kali für den Raspberry Pi erhielt zwei neue Pakete:
kalipi-config – »raspi-config auf Steroids« zur Unterstützung bei der Ersteinrichtung von Kali Linux auf einem Raspberry Pi
kalipi-tft-config– hilft bei der Ersteinrichtung von TFT-Displays auf einem Raspberry Pi
Fehler wurden unter anderem bei der Unterstützung für Docker und der Virtualisierungslösung Parallels für Apple M1 Anwender beseitigt. Alle weiteren Änderungen sind der Ankündigung zu entnehmen. Abbilder der neuen Version liegen im Download-Portal des Projekts.
Tails steht für »The Amnesic Incognito Live System« und bedient sich zur Anonymisierung des Tor-Netzwerks, durch dessen Knotenrechner der Netzwerkverkehr geleitet wird. Es ist als Live-System für die Verwendung auf USB-Sticks oder DVDs ausgelegt und spezialisiert sich auf Anonymität und die Wahrung der Privatsphäre seiner Anwender. Als Basis für Tails 4.19 dient Debian 10.9 »Buster«.
Neuer Tor-Zugang verschoben
Das Team wollte mit Tails 4.19 die Art und Weise, wie sich die Distribution mit dem Tor-Netzwerk verbindet, verbessern. Die Entwickler riefen zum Test von Tails 4.19~rc1 auf, um sicherzustellen, dass diese tiefgreifende Änderung den Zugang zum Tor-Netzwerk vereinfacht und transparenter macht, ohne neue Probleme aufzuwerfen. Die Tests zeigten gute Fortschritte, aber nicht genug, um dies auch zu veröffentlichen. Somit ist der neue Zugang zu Tor auf Tails 4.20 verschoben. Es soll in den nächsten Tagen eine zusätzliche Testversion Tails 4.19~rc2 geben, die weitere Verbesserungen in Sachen Tor-Verbindung bringen soll.
Problem mit Upgrades behoben
Tails 4.19 weist trotzdem einige Verbesserungen auf. Tor Browser wurde auf 10.0.17, Firefox auf 78.11 und Thunderbird auf 78.10.0 aktualisiert. Das von Sudo angeforderte Passwort wird beim Eintippen künftig durch Sternchen visualisiert, während bisher keine Ausgabe erfolgte. Ein Problem mit automatischen Upgrades und dem Zertifikat der Webseite wurde beseitigt. Wenn das TLS-Zertifikat turnusmäßig erneuert wurde, mussten Anwender dies manuell einspielen, damit der Update-Mechanismus erkennen konnte, dass Aktualisierungen vorlagen. Dieses Sicherheitsmerkmal wurde entfernt, da es des Öfteren zu nicht funktionierenden Upgrades führte. Die Upgrades bleiben trotzdem sicher, da sie mit dem OpenPGP-Schlüssel des Tails-Teams signiert werden.
Automatische Upgrades auf Tails 4.19 sind ab Tails 4.14 unterstützt, ältere Versionen müssen manuell aktualisiert werden. Die Veröffentlichung von Tails 4.20 ist für den 13. Juli vorgesehen, die Roadmap weist weitere Ziele für die nähere Zukunft aus.
Künftige Entwicklung
Dabei stehen unter anderem Verbesserungen bei der Dokumentation, die Entwicklung robusterer Methoden zur Aktualisierung, der Umstieg auf Wayland, Sandboxing per Flatpak und die Nutzung reproduzierbarer Builds auf dem Zettel der Entwickler. Zudem soll Tails vollständig für sehbehinderte und blinde Menschen zugänglich werden. Mit Tails 5.0 wird zudem der Umstieg auf Debian 11 »Bullseye« vollzogen.
Folge 11 des am 27. Mai 2021 aufgenommenen GnuLinuxNews-Podcasts (GLN ) ist da. Neben Ralf und Lioh von GNU/Linux.ch ist Alexander Sander von der FSFE mit am Mikrofon. Die Themen drehen sich um Abstraktion als Fluch oder Segen, das freie Betriebssystem Risc OS und freie Software in der Verwaltung im Licht der Corona-Krise. Zudem gibt es ein Interview mit Erik Schönenberger von DigiGes.ch zum Thema Datenauskunftsbegehren.
Die ausführlichen Shownotes und der Podcast selbst sind wie immer auf GnuLinux.ch zu finden. Viel Spaß dabei!
Auf NeoChat 1.1 vom Februar folgt nach drei Monaten jetzt die dritte Hauptversion 1.2 der Qt-basierten Matrix-Chat-App NeoChat. Die neue Version bietet neue Funktionen, visuelle Verbesserungen und viele behobene Fehler.
Bessere Übersicht
Zunächst fällt auf, dass die Ansicht der Nachrichten übersichtlicher ist, da diese nun in farblich abgesetzten Sprechblasen eingebettet und somit besser voneinander unterscheidbar sind. Auch die Texteingabe wurde völlig überarbeitet. Das Editieren von bereits gesendeten Eingaben wurde wesentlich vereinfacht. Zudem kann das aus dem IRC bekannte und an den Stream-Editor sed angelehnte s/text/ersatztext freigeschaltet werden.
Inline-Antworten in Benachrichtigungen
NeoChat unterstützt nun Matrix-URIs. Wird ein matrix: Link im Browser geöffnet, wird vorgeschlagen, diesen mit NeoChat zu öffnen. Als Nebeneffekt hat die Unterstützung von Matrix-URIs dazu beigetragen, dass die Handhabung des Öffnens und Verbindens von Räumen in der Codebasis vereinheitlicht werden konnte. Unterstützung für Inline-Antworten in Benachrichtigungen wurde ebenfalls implementiert. So ist es jetzt möglich, auf Nachrichten direkt aus der Benachrichtigung zu antworten. Wer mehrere Accounts hat, kann zwischen diesen über den neuen Account-Wechsler am unteren Ende der Raumliste wechseln.
Viele Probleme beseitigt
Abgesehen von den neuen und verbesserten Funktionen, die diese Version mitbringt, enthält NeoChat 1.2 eine Menge Bugfixes und kleine Verbesserungen bei der Benutzerfreundlichkeit. Es wurden rund 100 Probleme und Fehler beseitigt. Unter den behobenen Problemen sind:
Verbesserung des Scrollens auf mobilen Geräten (noch nicht perfekt)
Nach Beitritt eines neuen Raums wird dieser sofort geöffnet und ohne Neustart in der Raumliste verankert
Die URL eines verlinkten Textes wird beim Überfahren mit der Maus angezeigt
Ein Indikators zeigt eine fehlende Internet-Verbindung an
NeoChat hängt sich nicht mehr auf, wenn ein Raum geladen wird
Ein Tarball der Anwendung findet sich bei KDE. Das Flatpak der neuen Version steht noch bei NeoChat 1.1, soll aber in den nächsten Tagen aktualisiert werden.
JingOS ist ein in China entwickeltes mobiles Linux-Betriebssystem für Tablets und Smartphones. Die Entwicklungsgeschwindigkeit des Betriebssystems als auch des ARM-basierten Linux-Tablets JingPad A1 ist angesichts der Tatsache, dass die Welt erst um die Jahreswende von dem JingOS-Projekt erfuhr, nichts weniger als beeindruckend. Das Tablet soll im September mit JingOS 1.0 ausgeliefert werden. Gerade ist JingOS 0.9 für die x86-Plattform erschienen.
Adaptive Layouts
JingOS 0.9 kann jetzt mit adaptiven Layouts perfekt auf Geräten mit unterschiedlicher Auflösung laufen. Benutzer können Auflösungen in der Einstellungs-App anpassen. Die Dateien-App fügt Unterstützung für Komprimierung und Dekomprimierung für die Formate zip, tar, 7zip und ar. Der jeweilige Stand beim Aufladen wird nun auch auf dem Lockscreen angezeigt. Die Systemeinstellungen wurden um die Rubriken Zeitzone, Bluetooth. Maus, Tastatur und VPN erweitert.
Heiße Ecken
Die Maus soll jetzt präziser arbeiten als bisher. Zudem wurden Shortcuts für Hot Corners eingerichtet:
Maus in die linke obere Ecke bewegen: Benachrichtigungscenter aufrufen / ausblenden
Maus in die obere rechte Ecke bewegen: Systemsteuerung aufrufen / ausblenden
Maus in die untere linke Ecke bewegen oder doppelklicken: zurück zum Startbildschirm
Maus in die untere rechte Ecke bewegen: Task-Manager aufrufen / ausblenden
Early Birds
Auf GitHub, wo JingOS entwickelt wird, stehen umfangreiche Informationen zu allen Komponenten von JingOS bereit. Das Early Birds Program hält 300 Exemplare des JingPad A1 für ganz Mutige bereit. Wenn die gut organisiert wirkenden Entwickler das momentane Tempo aufrechterhalten können, gibt es zum Jahresende ein weiteres mobiles Linux-Betriebssystem, das der aufstrebenden Sparte einen weiteren innovativen Schub verpassen wird.
Wer vom Genode OS Framework noch nie gehört hat, muss sich nicht wundern, denn Genode blüht eher im Verborgenen. Das seit 2008 entwickelte, auf Sicherheit fokussierte Framework wurde ursprünglich im Rahmen eines Forschungsberichts an der Technischen Universität Dresden entwickelt. Der Ansatz basiert auf keiner bestehenden Betriebssystem-Architektur und kann als Basis für Betriebssysteme für Desktop, Tablets, Smartphones oder Virtuelle Maschinen dienen.
Sculpt OS als Referenz
Das unter der AGPLv3 veröffentlichte und auf GitHub entwickelte Genode Framework ist ein Toolkit, um Betriebssysteme für die Architekturen x86, x86-64, ARM und RISC-V zu entwickeln und setzt dabei auf einen Mikrokernel, der nur grundlegende Funktionen erfüllt. Seit Version 18.02 wird zudem die Referenz-Implementierung Sculpt OS entwickelt, um die Funktionalität des Frameworks besser vermitteln zu können.
Sichere Webcam-Nutzung
Das Framework erscheint einmal im Quartal, gerade wurde Genode OS 21.05 freigegeben. Die herausragenden Neuerungen sind die sichere Unterstützung von Webcams über ein Sandbox-Modell sowie eine einfach zu verwendende Komponente zur Dateiverschlüsselung in Sculpt OS. Darüber hinaus läuft Genode jetzt auf 64-Bit ARM, das Pine-A64 Board wird besser unterstützt und für RISC-V wurde initiales Networking erreicht. Eine Dokumentation unter dem Namen Genode Platforms soll Entwicklern helfen, Genode auf weitere ARM-SoCs zu portieren. Die Toolchain erfuhr eine Aktualisierung auf unter anderem GCC 10.3 und Binutils 2.36.
Portierung auf das PinePhone
Auf der Roadmap für 2021 steht unter anderem die Komplettierung der Unterstützung für das PinePhone. Dazu müssen zunächst Kernel und Framework auf dem Allwinner A64-Prozessor lauffähig gemacht werden. Bis zum Jahresende soll Sculpt OS auf dem Linux-Phone voll lauffähig sein. Auf dem Server des Projekts ist ein aktuelles Abbild von Sculpt OS ebenso zu finden. Das Genode OS Framework ist eine interessante Spielwiese, die sich dank vorbildlicher Dokumentation leicht erschließen lässt.
Mozilla hat seinen Browser Firefox 89 nach einer Verschiebung um zwei Wochen mit dem neuen Proton-Design freigegeben, er wird am morgigen 1. Juni offiziell veröffentlicht. Bereits seit März konnten Teile des neuen Designs in Firefox 87 und anschließenden Beta-Versionen getestet werden.
Schwebende Tabs
Das neue Design bringt unter anderem die optische Überarbeitung des Hauptmenüs, der Tab- und der Symbolleiste. Damit sollte sowohl die Bedienung an einigen Stellen übersichtlicher als auch der gesamte Auftritt moderner werden. Am ehesten fällt das bei der Tab-Leiste ins Auge, die mit abgerundeten Ecken den Eindruck schwebender Tabs erweckt. Die Menüoptionen hinter dem Hamburger-Menü rechts oben wurden entschlackt, neu sortiert und die Icons vor den Einträgen entfernt, was für eine bessere Übersicht sorgen soll. Im Wiki von Mozilla kann die Entwicklung von Proton über die vergangenen Monate nachverfolgt werden.
Sicherheit weiter verbessert
Abgesehen vom neuen Design bietet Firefox 89 nun auch in der Standardeinstellung den vollen Schutz vor seitenübergreifenden Cookies in privaten Firefox-Fenstern, der bisher nur bei der Einstellung Streng verfügbar war. Der mit Firefox 87 eingeführte SmartBlock erreicht Version 2 und sorgt dafür, dass die Webseiten trotzt des Schutzes vor Aktivitätenverfolgung ordnungsgemäß dargestellt werden.
Firefox 89 ist bereits auf Mozillas FTP-Server verfügbar, bevor er ab morgen an die Anwender verteilt wird und die Distributionen ihre Pakete aktualisieren. Ich persönlich finde den neuen Auftritt gelungen, denn das Design wirkt zurückgenommen und lenkt weniger ab als bisher. Wem das nicht gefällt, der kann mittels Firefox-UI-Fix durch einige Einstellungen und 2 CSS-Dateien einen Teil davon wieder rückgängig machen. Die Release Notes werden erst nach der öffentlichen Vorstellung freigegeben.
Der Bremer Linux-Distributor Univention hat mit Univention Corporate Server 5.0 (UCS 5.0) vor wenigen Tagen eine neue Hauptversion seiner Enterprise-Server-Distribution herausgegeben. Dabei wurde neben einem neuen Look, neuen Funktionen und Detailverbesserungen die Basis auf Debian 10 »Buster« und Python 3 angehoben.
UCS-Portal auf Vue.js umgestellt
Das UCS-Portal als zentrale Anlaufstelle zum Zugriff auf die IT-Dienste wurde während der Entwicklung von UCS 5.0 auf das Javascript-Framework Vue.js umgestellt und integriert nun auch die Funktionen der Univention Management Console (UMC) zur zentralen Verwaltung von Domänen, Diensten, Benutzeraccounts und Ressourcen. Damit sind künftig alle UMC-Module direkt im UCS-Portal im Zugriff. Um weiterhin eine gute Übersicht zu gewährleisten, lassen sich die Kacheln mehrerer Module gruppieren.
App Center ausgebaut
Auch das Univention App Center wurde weiter ausgebaut. Mehrere Apps können jetzt gemeinsam ausgewählt und aktualisiert, installiert oder entfernt werden. Bereits bei der Installation fällt der neue dunkle Look auf, der jetzt als Standard dient. Über Themes oder mit eigenen CSS-Stylesheets und eigenem Branding lässt sich der optische Auftritt von UCS 5.0 an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Ein neues Light-Theme soll in den nächsten Wochen bereitgestellt werden.
Basis aktualisiert
Als Basis von UCS 5.0 dient Debian 10.9 »Buster« und damit einhergehend wird auch die Umstellung auf Python 3 vorgenommen. Für den Kern von UCS ist die Migration von Python 2 auf 3 damit abgeschlossen. Auch die Schnittstellen, um andere Anwendungen zu integrieren, sind auf Python 3 umgestellt. Die Struktur der Repositories wurde vereinfacht, indem nun alle Softwarepakete in einem Repository liegen und für jedes Release eine eigene Packages-Datei mit der Liste der verfügbaren Pakete gepflegt wird.
Qualität vor Quantität
Mit UCS 5.0 geht auch ein Aufräumen einher, dass im Sinne von Qualität vor Quantität einige Funktionen und Apps entfernt, die wenig genutzt wurden. Dazu zählt beispielsweise der Windows NT-kompatible Domänencontroller, dessen Funktionalität komplett von Samba 4 emuliert wird. Ebenfalls nicht mehr an Bord ist der Univention Virtual Machine Manager (UVMM), dessen Funktion vom in UCS enthaltenen Standard-KVM-Stack und anderen Tools übernommen wird. Die grafische Arbeitsumgebung wurde zugunsten der Webinterfaces deaktiviert. Wer einen Desktop vermisst, kann verschiedene Varianten über die Paketverwaltung nachrüsten.
Keine Updates für 32-Bit-Systeme
Nachdem Univention schon länger keine Installationsmedien für 32-Bit mehr ausliefert, lassen sich solche Systeme mit UCS 5.0 auch nicht mehr aktualisieren. Noch sind nicht alle Apps für UCS 5.0 freigegeben. Anwender, die von UCS 4.4.x auf UCS 5.0 aktualisieren möchten, durchlaufen eine Prüfung, ob neue Versionen von installierten Apps vorliegen. Erst wenn diese Versionen freigegeben sind, wird das Update durchgeführt.
Für die nähere Zukunft ist der Abschied von Nagios als App geplant. Stattdessen wird das auf Prometheus und Grafana basierte UCS Dashboard um Alerting-Funktionen erweitert. Die Konfigurationmöglichkeiten des UCS-Portals sollen erweitert und die Univention Management Console weiter integriert werden. Weitere Informationen zu UCS 5.0 liefern die Release Notes.
Eine dank Pfingsten verkürzte Arbeitswoche geht zu Ende. Ein Kurzurlaub über die Feiertage in der Uckermark sorgte dafür, dass der Rückblick auf Woche 20 sprichwörtlich ins Wasser fiel.
Aufreger der letzten beiden Wochen ist das Gezerre um das IRC-Netzwerk Freenode, bei dem in einer völlig überzogenen Aktion zuletzt über 700 Kanäle beschlagnahmt wurden, weil dort der Begriff Libera im Topic stand oder diskutiert wurde. Selbst Andrew Lee, seit 2019 Besitzer des Netzwerks fand im Nachhinein seine Aktion übertrieben und entschuldigte sich öffentlich.
Distributionen
Bei den Distributionen gab es einige Kandidaten mit aktualisierten Abbildern. Das auf Debian Buster basierende antiX 19.4 bietet nach wie vor kein Systemd, sondern SysVinit oder Runit. Den Desktop der schlanken Distribution stellt wie gehabt IceWM. Fast jeden Monat gibt es eine Veröffentlichung von Nitrux, einer KDE zugewandten Distribution aus Mexiko, die in der aktuellen Version 1.4.1 auf KDE Plasma 5.21.5, KDE Gear 21.04.1 und KDE Frameworks 5.82.0 setzt.
Aus Russland stammt das relativ unbekannte und von Grund auf seit 20 Jahren entwickelte ALT Linux, das jetzt als ALT Linux 9.1 »Simply« für viele Architekturen, unter anderem auch für einige ARM-Varianten und für RISC-V erschienen ist. Auf ARM setzt auch Raspberry Pi OS 2021-05-07, das Linux 5.10.17 LTS als Kernel nutzt und Geschwindigkeitsverbesserungen bei OpenSSH und OpenSSL bieten soll. Nicht vergessen werden soll der Univention Corporate Server 5.0, den ich in den nächsten Tagen näher vorstelle.
Anwendungen
Die EGroupware GmbH veröffentlichte Version 21.1 der gleichnamigen Groupware-Lösung und bietet unter anderem ein neues Kanban-Board und erweitert smallPART, eine Anwendung zum videogestützten Lernen. Während bei EGroupware die Verwendung bereits im Namen verankert ist, könnte man bei RetroArch 1.9.4 an einen weiteren Ableger von Arch Linux denken und liegt damit ziemlich daneben, denn es handelt sich um ein plattformübergreifendes Open-Source Front-End für eine große Anzahl an unterstützten Spiele-Engines und Emulatoren.
Wenn wir schon vermeintlich bei Arch sind: Das in Woche 13 vorgestellte Archinstall verkürzt eine Arch-Installation auf wenige Minuten. Archinstall 2.2 verbessert jetzt die noch junge Python-Anwendung. Bei KDE wird nach der Vorstellung von KHamburgerMenu vor drei Wochen jetzt der KCommandBar vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein neues Pop-up-Menü im Stil eines Head-up-Displays (HUD), mit dem man in Anwendungen nach unterstützten Funktionen suchen kann, die dann direkt gestartet werden können. Weitere neue Entwicklungen und behobene Probleme hält wie immer Nate Graham in seinem Blog bereit.
Die 2013 von Coreboot abgespaltete alternative Firmware Libreboot als Ersatz für BIOS oder UEFI erschien nach fünf Jahren in neuer Version. Das noch als Testversion deklarierte Libreboot 20210522 unterstützt zusätzliche Mainboards. Der FAI.me-Dienst aus dem FAI-Projekt zum Erstellen von angepassten Debian-Installationsmedien unterstützt jetzt das Hochladen eines benutzerdefinierten Shell-Skripts. Dieses Skript wird dem Installations-Abbild hinzugefügt und beim ersten Start auf Anforderung ausgeführt. Damit lässt sich das neu installierte System automatisiert an die eigenen Bedürfnisse anpassen, nachdem FAI die Erstinstallation durchgeführt hat.
Glimpse geht schlafen
Der Dienst Have I Been Pwned, den unter anderem auch Firefox nutzt, um Anwender über kompromittierte Passwörter zu informieren, wird als Open Source freigegeben. Zudem wird das FBI künftig bei seinen Ermittlungen entdeckte kompromittierte Zugangsdaten in den Dienst einspeisen. Das Projekt Glimpse, das mit viel Getöse Ende 2019 als Fork von GIMP abgeleitet wurde, um der Zweideutigkeit des Akronyms GIMP zu entgehen, wird in einen Schlafmodus versetzt, wobei unklar ist, ob die Entwicklung später fortgeführt wird.
Übersetzen ohne Cloud
Das Debian-Projekt erhielt eine Spende von rsync.net, einer Firma, die Cloud-Storage für Backups anbietet. Debian erhält einige Terabytes Speicherplatz und will den für ein Backup seiner PeerTube-Instanz nutzen. Zudem erhält jeder offizielle Debian-Entwickler auf immer kostenlose 500 GByte Speicher zur freien Verfügung. Mozilla beginnt mit der Integration von Firefox Translations aus dem von der Europäischen Union mit drei Millionen Euro geförderten Projekt Bergamot in die Nightly-Ausgaben des Browsers. Die maschinellen Übersetzungen finden auf dem lokalen Rechner statt und benötigen keine Cloud-Anbindung.
DSGVO wenig erfolgreich
Den dritten Geburtstag konnte in dieser Woche die seit dem 25. Mai 2018 verbindliche DSGVO begehen. Ob das Anlass zur Freude ist, soll jeder für sich selbst entscheiden. Ich wage jedoch zu bezweifeln, ob der hehre Plan, die großen Datenkonzerne in ihre Schranken zu weisen, erfolgreich war. Wer sich immer schon mal für die technischen Grundlagen von Ubuntus Paketsystem Snap interessiert hat, wird jetzt im Blog der Distribution fündig. Und nun auf in eine neue Woche. Passt auf euch auf.
Die letzten 2,5 Jahre hat das Sony Xperia XA2 Plus gut überstanden und im Prinzip spricht nur eines dafür, das Gerät durch den Nachfolger in 2. Generation zu ersetzen: die Kamera. Dazu kommen wir aber später. Jedenfalls rebellierte der Nachhaltigkeitsansatz in mir dagegen, dass sich der Spieltrieb durchgesetzt hat und es zu einer Bestellung kam. Das Vorhaben, das XA2 Plus einer Zweitverwendung zuzuführen, wird dadurch gebremst, dass die Lizenz für teilweise proprietäre Betriebssystem Sailfish X auf meinen Jolla Account läuft.
Eine Übertragung ist meines Wissens nur über den Jolla Support Zendesk von Gerät zu Gerät aber nicht auf eine andere Person möglich. Ein neuer Besitzer müsste sich also entweder eine neue Lizenz beschaffen oder sich mit der freien Version des OS zufriedengeben, welche technisch auf dem gleichen Stand wie die kostenpflichtige Variante steht, aber keine Unterstützung für Android Apps, Exchange Anbindung und keine vorausschauende Texteingabe unterstützt. Aufgrund des Alters und des Restwerts des Geräts ist wahrscheinlich der Kauf einer Lizenz zum vollen Preis von 49,90 € wenig attraktiv. Für Käufer einer Lizenz für das neue Gerät gibt es einen zeitlich begrenzten Nachlass auf 29,90 €.
Die Hardware
Auf die Details möchte ich gar nicht so sehr eingehen. Ich bin wohl nicht allzu anspruchsvoll, denn das ältere Gerät hat mir leistungsmäßig immer genügt. Von beiden Geräten gibt es Varianten für den asiatischen Markt, aber wozu, wenn man mit 4 GByte RAM und der Snapdragon 630 CPU vollauf zufriedengestellt war. Das Gerät erschien im Jahr 2018 und seitdem war es so, dass Jolla immer mit knapp 1 Jahr nach der Vorstellung des Gerätes durch Sony die Adaptierung des Betriebssystems so weit hatte, dass sie einigermaßen einsatzfähig war.
Auch jetzt ist bereits das Sony Xperia 10 III angekündigt, welches mit 5G und einem größeren Akku punktet. Dabei ist der 3600 mAh Akku der aktuellen Generation auch mit Sailfish X keineswegs ein Schwachpunkt, aber mehr geht immer, solange der Träger kräftig genug ist. Neben dem neuen Snapdragon 665 SoC sticht im Vergleich zu meinem alten Gerät vor allem die Triple-Kamera hervor, die aufgrund einer Umstellung bezüglich der Treiber/Binärblobs eine effizientere Nutzung durch das Sailfish OS ermöglicht. Außerdem ist das neue Smartphone laut Hersteller wasserabweisend nach IP65/68 Standard. Mit 128 statt 32 GB Massenspeicher verbessere ich mich deutlich.
AArch64 und die Folgen
Mit Qualcomms Snapdragon-665-SoC und Sailfish X in der Version 4.1 macht das OS aus Finnland, das mit russischer Verstärkung weiter entwickelt wird, den Schritt auf die 8. Generation der Arm Architektur, welche für Jolla erstmalig auch die AArch64 Erweiterung nutzt. Das hat zur Folge, dass alle nativen Apps die für Sailfish in der 32-Bit Version zur Verfügung stehen, neu kompiliert werden müssen. Da viele ehrenamtliche Entwickler über kein solches Gerät verfügen und nicht alle ihre Projekte aktiv pflegen, führt das zu einer erheblichen Reduzierung der verfügbaren Apps. Mit Alien Dalivik, der Erweiterung, welche die Installation von Android Apps ermöglicht, führt das im Alltag kaum zu Problemen, verringert aber den Druck, native Apps zu entwickeln.
Damit verstärkt sich nochmals der Eindruck, dass es sich selbst bei einer so gut funktionierenden Android Kompatibilität immer um ein zweischneidiges Schwert handelt. Auch andere mobile Betriebssysteme werden damit zu kämpfen haben, wenn z.B. Anbox aus den Kinderschuhen kommt. Da das Duopol der Androiden und iOS-Geräte mit staatlicher Unterstützung weiter ausgebaut wird und staatliche Leistungen wie Behördengänge zum Self-Service mittels Smartphone entwickelt werden, Banken und ÖPNV es den Kunden immer schwerer machen, ohne ein Smartphone mit einem der genannten Betriebssysteme auszukommen, verschärft sich die Situation für alternative Betriebssysteme.
Gut gelöst hat Jolla die Unterbringung der 32- und 64-Bit Architekturen im eigenen Store (Harbour), hier werden jeweils die zum Gerät kompatiblen Versionen angezeigt. Entsprechend übersichtlich fällt das Angebot für das Xperia 10 II aus.
Die Kameras
Das Xperia 10 II kommt neben der obligatorischen Selfie-Kamera mit einem dreifach Fotomodul bestehend aus:
Weitwinkelsensor mit 12 Megapixel f/2.0 (26 mm), 1/2,8″ Sensor und 77° Blickwinkel
Teleobjektiv mit 12 Megapixel und 2x-Zoom f/2.4 (52 mm), 1/4″ Sensor und 45° Blickwinkel
Ultra-Weitwinkel-Sensor mit 8 Megapixel f/2.4, 1/4″ Sensor und 120° Blickwinkel
Advanced Camera 0.9.0.1 aarch64
Die Nutzung von Ultraweitwinkel oder Teleobjektiv setzt die Nutzung der Advanced Camera App aus den Open Repos voraus. Alternativ funktioniert das auch mit der Android App Open Camera. Dennoch kann Sailfish auch mit dieser Hard- und Software kaum mit einem guten Android Mittelklasse Gerät mithalten, macht jedoch einen großen Schritt nach vorn, was Bildqualität und Vielseitigkeit betrifft. Für mich ist damit ein Niveau erreicht, mit dem ich zurechtkomme, ohne bei jeder Aufnahme zu bedauern, kein andere Kombination zu verwenden.
Sony Xperia 10 IISony Xperia XA2 PlusVolla Phone (Ubuntu Touch)3 Schnappschüsse auf einer Wanderung, zum Vergleich habe ich das Volla Phone mit Ubuntu Touch hinzugenommen.
Die 23 Megapixel Auflösung der Hauptkamera des XA2 Plus führt im Vergleich zu den mit 12 Megapixel geringer auflösenden Vergleichsgeräten, keineswegs zu schärfen Bildern. Mit der neuen Version von Advanced Camera können vermutlich nun auch Geräte wie das Sony Xperia XA2 Ultra, welches über eine Dual-Kamera verfügt, beide Sensor/Objektiv Kombinationen nutzen. Auch Community Ports, also von Jolla nicht offiziell unterstützte Geräte, dürften nun Ihre Mehrfach-Kameras unter Sailfish nutzen können. Bei den Community-Geräten besteht meist keine Ausweichmöglichkeit auf die Android-App Open Camera, da Alien Dalvik auf diesen Geräten nicht verfügbar ist.
Navigation
Ältere Versionen des Betriebssystems benötigten etwas Zeit für die Herstellung der Verbindung zum Globalen- Postionierungs-System. Ich nenne es die „MeeGo Gedenkminute.“ Mit dem Release 4.1 wurde die Unterstützung des Mozilla Location Service verbessert und einige offline Daten ergänzt. Installiert der Anwender die offline Daten der Region, in der er sich befindet, beschleunigt das die Positionsbestimmung. Die von Jolla empfohlenen Einstellungen sind in den beiden folgenden Screenshots zu sehen.
Auch mit Android Apps scheint die Navigation gut zu funktionieren, getestet habe ich das mit Komoot bei schönem Wetter. Letztere App benötigt dem Aurora-Store zufolge das Google Services Framework und obwohl ich MicroG nicht verwende, konnte ich jedoch keinerlei Einschränkungen feststellen.
Was mir sonst noch aufgefallen ist
Das neue Gerät ist in etwas so lang wie das XA2 Plus aber erheblich schmaler. Eine große und eine weniger große Variante gibt es im Gegensatz zu den beiden Vorgänger-Generationen nicht mehr. Das OLED Display des Xperia 10 II löst zwar feiner auf als das IPS Panel des älteren Modells, hat jedoch eine geringere Größe und stellt die Farben weniger neutral dar. Aus meiner Sicht ein Punkt für das ältere Gerät, dessen Größe mich nicht störte. Für die gute Akkulaufzeit beim aktuellen Modell müssen lange Ladezeiten in Kauf genommen werden. Im Vergleich lädt das Vor-Vorgängergerät schneller! Das neuere Gerät ist etwas leichter, mit dem zum Teil aus Metall gefertigten Gehäuse wirkt das ältere Gerät zwar etwas hochwertiger aber auch altbacken.
Der Monolautsprecher des älteren Geräts ist lauter und klingt deutlich besser, was aufgrund des größeren Metallgehäuses auch zu erwarten war. Den Fingerabdruckscanner fand ich auf der Geräterückseite besser untergebracht als im Einschaltknopf des Xperia 10 II. Dort machte es auch Sinn zwei Fingerabdrücke zu hinterlegen. Mit der von mir eingesetzten Klarsichthülle, die beim Freigeben stört, verliert diese doch sehr bequeme Art des Entsperren deutlich an Alltagstauglichkeit.
Eine Gesichtserkennung bietet das System nicht, die vermisse ich auch nicht. Interessant finde ich auch, dass Jolla, trotz einiger Vorkommnisse kompromittierter Pakete weiter den Aptoide-Store als Quelle für Android Apps im Jolla Store anbietet. Ich empfehle den F-Droid Store. Applikationen aus anderen Quellen versuche ich zu vermeiden, wenn es unbedingt sein muss, beziehe ich diese über den Aurora-Store, welchen ich über F-Droid installiert habe.
Fazit
Seit Sailfish 3 bin ich nun dabei und mit jeder Version fließen kleine und größere Verbesserungen ein, sodass ich mit der aktuell vorliegenden Kombination mit dem neuen Sony Telefon vollauf zufrieden bin. Für mich hat es sich gelohnt, das ganze System läuft doch etwas zügiger und ich kann endlich annehmbare Fotos machen. Sailfish ist aufgrund der proprietären Anteile nur eine Übergangslösung bis ich zu einem komplett freien mobilen Betriebssystem wechseln kann. Aktuell möchte ich noch keine der bislang zur Verfügung stehenden Optionen als täglichen Begleiter, aber es gibt sehr vielversprechende Kandidaten. Um möglichst alltagstauglich von Android (inkl. Ableger) und iOS Abstand zu gewinnen, ist Sailfish meiner Erfahrung nach eine wirklich gute Lösung. Vielleicht gibt sich Jolla irgendwann doch einen Ruck, Sailfish zumindest komplett quelloffen bereitzustellen.