Mozilla will Progressive Web Apps nicht mehr unterstützen

Progressive Web Apps
Telegram als PWA installieren

Wie aus einem Bugreport von Mozilla hervorgeht, wollen die Entwickler den Code der Funktion Site-Specific-Browser (SSB) aus Firefox entfernen. Damit würde bei Firefox ein Grundbaustein für Progressive Web Apps (PWA) entfallen. SSB ist bisher in Firefox nicht aktiviert und nur über einen versteckten Schalter zu erreichen.

Die Argumente für die Entfernung sind unter anderem das laut einer User-Umfrage nicht vorhandene Interesse an der Funktion und deren geringer Bekanntheitsgrad. Auf Nachfrage von anderen Entwicklern im Bugreport stellt sich diese Umfrage als nicht öffentlich heraus und ist somit nicht einsehbar.

SSB und PWA erklärt

Kurz zur Begriffserklärung: Ein SSB ist eine Anwendung, die den Zugriff auf Webseiten vereinfacht, indem sie Web-spezifische Funktionen des Webbrowsers wie unter anderem Menüs und Symbolleisten entfernt. Diese aus Webseiten extrahierten Anwendungen werden typischerweise über ein Desktop-Symbol gestartet und verhalten sich eher wie eine App denn wie eine Webseite. Allerdings lassen sie wichtige Funktionen einer nativen App wie Offline-Funktionalität, Push-Notifications und Zugriff auf Funktionen wie Kamera oder Geo-Location bei Smartphones vermissen.

Hier kommen Progressive Web Apps ins Spiel, die mit HTML5, CSS und JavaScript arbeiten. Hauptvorteil von PWAs ist, das eine derart »appifizierte« Webseite oder Dienst am Desktop und mobil sowohl unter Android als auch iOS, unter macOS oder Windows und natürlich unter Linux läuft. Zudem kann der Entwickler einer PWA die bei SSBs vermissten Funktionen mitgeben. Somit erlangen PWA bei den aufkommenden Linux-Phones besondere Bedeutung, da sie das Angebot von nativen Apps signifikant erhöhen können.

Google und Microsoft weit vorne

Google Chromium bietet gute Unterstützung von PWA. Auch Microsoft unterstützt PWA in seinem neuen Browser Edge. Warum sich Mozilla aus diesem Bereich zurückziehen will, erklärt sich mir nicht, außer das sich damit kein Geld verdienen lässt. Noch ist nichts in Stein gemeißelt, aber der Entwickler Dave Townsend, der den meisten Code zu SSB geschrieben hat, scheint fest entschlossen. Was haltet ihr von PWA?

Kommentare

22 Antworten zu „Mozilla will Progressive Web Apps nicht mehr unterstützen“

  1. Avatar von no one
    no one

    Der Aufwand ist ihnen aktuell wohl einfach zu groß: „The SSB feature has only ever been available through a hidden pref and has multiple known bugs. Additionally user research found little to no perceived user benefit to the feature and so there is no intent to continue development on it at this time. As the feature is costing us time in terms of bug triage and keeping it around is sending the wrong signal that this is a supported feature we are going to remove the feature from Firefox.“

    Am Desktop brauche ich PWAs jedenfalls nicht, mobil spielt Firefox (leider) kaum eine Rolle und auf Linux-Phones sowieso nicht.

    1. Avatar von Ferdinand

      Auf dem Desktop muss man keine PWAs haben. Wenn Mozilla mobil eine Rolle spielen möchte, dann sollten sie sich nicht selbst von aktuellen Techniken abhängen. Auf Linux-Phones spielt Firefox so lange keine Rolle, wie es keine adaptive Version gibt, die eine Nutzung aufLinux-Mobilgeräten ermöglicht.

      1. Avatar von no one
        no one

        Linux-Phones spielen zahlenmäßig keine Rolle, egal mit welchem Browser, und das wird auch so bleiben. Ansonsten wäre ich ja auch dafür, dass man die PWA-Funktionalität irgendwann doch noch abliefert, aber der neue Android-Firefox ist aktuell insgesamt eine risige Baustelle, da müssen erst die Basics erledigt werden. Um PWAs kann man sich dann irgendwann später kümmern.

        1. Avatar von Ferdinand

          Dass Linux-Phones absehbar eine Nische bilden, ist klar. Ich argumentiere da eher aus Eigennutz, denn ich nutze sie und will PWAs darauf verwenden.

    2. Avatar von Uxy
      Uxy

      Mir wären auf dem Desktop PWAs auch lieber als für jeden Mist eine speicherfressende Electron App, siehe z.B. Signal.

  2. Avatar von Atalanttore
    Atalanttore

    Es fehlt nicht mehr viel, damit Firefox vollkommen in (s)einer Nische verschwindet. Manche verwenden noch Firefox wegen der besseren Benutzeroberfläche, aber Google zieht mit Chrome technisch immer weiter davon.

  3. Avatar von tux.

    Endlich unternimmt ein immer noch größerer Browserhersteller was gegen diese Seuche, dass irgendwelche Websprallos meinen, ein Browser sei eine geeignete „Plattform“ für „Programme“. Danke, Mozilla.

    1. Avatar von kamome
      kamome

      Falls das erst gemeint war – der Name ist vielleicht nicht ideal gewählt, da aber nun mal „alle Welt“ von „Apps“ redet, doch verständlich.
      Technisch finde ich das eine super Sache, statt mir einen App-Store oder eine irgendwo gezogene „native“ Anwendung ans Bein zu binden (die dann auch noch jedes zweite Mal eine Electron-App ist). Und wenn das ordentlich umgesetzt ist (nicht Bloatware 4.0), ist es für viele Anwendungen (nicht alle!) eine hervorragende Plattform-übergreifende Lösung.

      1. Avatar von tux.

        Ich bin Techniker. Ich bin nicht alle Welt. 😉

        Das hiesige Favverhalten ist auch sprechend.

        1. Avatar von kamome
          kamome

          Dann solltest Du ja eigentlich hinter die Fassade eines Namens schauen können und auch die Vorteile sehen …

  4. Avatar von chri_ho

    Ach Mozilla, was macht ihr denn hier schon wieder? Ernsthaft, ich denke, dass viel mehr Leute dieses Feature nutzen würden, wenn ihr es prominenter und einfacher plazieren würdet. Macht ihr aber nicht und wundert euch dann. Warum? Ihr wart doch selbst einmal Vorreiter auf diesem Gebiet, bis ihr das geniale Mozilla Prism eingestellt habt. Was für ein Jammer. Eine Freundin von mir ist von Firefox auf Chrome gewechselt, weil sie Web Apps wollte. Wenn das eurer Ziel ist, die Leute von euch weg zu treiben, dann herzlichen Glückwunsch! Mission erfüllt!

  5. Avatar von nolox
    nolox

    Ich habe einige Webseiten als Apps und finde das praktisch. Die Hoffnung war immer, das es mehr davon geben wird.

  6. Avatar von kamome
    kamome

    Das ist ja echt zum Kotzen! Das Gegenteil wäre angebracht, um wenigstens eine _Chance_ zu haben, ohne proprietäre App-Stores auszukommen.
    Und die Entwicklung einer eigenen App für viele/alle Systeme ist damit sehr viel einfacher und kostengünstiger als für jeden App-Store eine eigene zu bauen (auch mit Abstraktionen).

  7. Avatar von Bigsby
    Bigsby

    Mozilla muss das Wasser mehr als bis zum Hals stehen oder es ist mal wieder eine völlig falsche Entscheidung.

    Linux Mint wird in seiner 20.1 Version ein Tool namens WebApp einführen, ähnliche wie Peppermints ICE, das Webseiten sozusagen in eine Einzelanwendung „appifiziert“.
    Was ist bei so einem Vorgehen eigentlich mit Datenschutz? Tracking, Cookies & Co?

  8. Avatar von tuxnix
    tuxnix

    Firefox schafft sich schrittweise selbst ab.
    Noch vor Jahren hatte man ein ganzes Betriebssystem auf den Techniken aufgebaut und jetzt schließt man sich sogar selbst von der Möglichkeit aus, Basis für Web-Apps zu sein.
    Es ist schon arg traurig was Mozilla hier entschieden hat.

  9. Avatar von Monstanner
    Monstanner

    Als ich hier im Linux Mint Monatsbericht für August 2020 von dem WebApp-Manager gelesen habe, war ich davon total begeistert. Nutze seitdem für was etliche Webseiten den Manager. Auch für LinuxNews.de. Und Mozilla will nun SSB entfernen. Echt schade, denn seitdem ich zu Linux gewechselt bin (2017), war ich immer wieder erstaunt von dem Browser.Ich verstehe leider nicht, warum Mozilla den Firefox so schlecht fortführt. Erst die Mobile Version, welche in jeglicher hinsicht Kastriert wurde, und für mich noch nicht einmal was mit dem Firefox mehr zu tun hat. Selbst about:config flog in der neuen Version raus. Und jetzt werfen sie so ein m.M.n. wichtiges und nütliches Feature einfach raus. Sie sagen, dass die Funktion Fehler enthält. Dann nehmt die Funktion raus, bis man die Fehler beseitigt hat und implementiert dieses dann später wieder, wenn der neue Zyklus der Update Releases euch nicht zusagt. Aber mal schauen, was Mozilla mit Firefox noch so vorhat.

  10. Avatar von Nick
    Nick

    Mir persönlich unbegreiflich wie man PWA überhaupt gut finden kann. Ich finde Mozilla handelt hier genau richtig, zumal schon genug Dreck auf komplexe Browser ausgelagert wird, der weder in so eine Umgebung gehört noch adäquat abgesichert werden kann. Und ganz besonders Programme und erst recht proprietäre, haben immer ausserhalb des Browsers in einer restriktiven Sandbox zu laufen. Die Isolation der gängigen Browser ist allenfalls rudimentär, keineswegs umfassend oder gar lückenlos, und wird durch die ungeheure Menge an Sicherheitslücken regelmäßig partiell oder gar komplett aufgehoben. Und auf so einer Plattform soll man sogenannte PWA ausführen, die je nachdem für sich noch Risiken mit sich bringen? Großartige Idee. Ganz gleich wie die praktischen Vorteile auch aussehen mögen, es ist die Sache nicht wert. Aber das wird die naive Mehrheit natürlich nicht von der Nutzung abhalten, die ausschließlich interessiert das PWA laufen egal was das nach sich zieht.

    1. Avatar von Honk 42
      Honk 42

      Naja, ‚gut finden‘ ist jetzt sicherlich zu viel gesagt, aber es gibt eben Opfer, die (z.b. beruflich) gezwungen sind, Webdienste (g-suite und so einen Quatsch) zu nutzen, für die es keine nativen Desktopanwendungen gibt.
      Dann hat man die Option einen frustrierenden, aussichtslosen Kampf gegen dutzende Browsertabs zu führen, oder eben einige dieser Plagen in PWAs zu verklappen, die man auf dem Desktop zumindest etwas unter Kontrolle bekommen kann – falls man dann genug RAM für die vielen Ressourcen-fressenden Browser-Instanzen einbauen könnte.

  11. Avatar von Hans K
    Hans K

    Ich nutze SSB oder PWA Apps auf einen alten Tablet, wo die Native Apps nicht mehr so gut laufen. Google und Microsoft dürften die PWAs für Geräte fördern, wo keine gute Unterstützung von Nativen Apps zu erwarten ist. Mozilla konzentriert sich wohl mehr einen schicken Browser für aktuelle Geräte anzubieten. Die nehmen Reichweiten Verluste für Einsparungen in Kauf. Mal sehen, was als nächstes bei denen gestrichen wird.

  12. Avatar von Stefan

    Damit tritt die Linux Foundation Ihrem beerdigten FirefoxOS nach und beschädigt bzw. beendet die Unterstützung für KaiOS. Ein trauriges verfrühtes Ende eines engagierten Projekts. Nicht das erste Projekt das nicht ausreichend langen Atem hatte und dem der Enthusiasmus abhanden kam. Spontan denke ich das an den ehemaligen Weltmarktführer für Mobiltelefone und das Maemo/MeeGo Projekt. Immernoch das Beispiel für das Verschenken einer führenden Marktposition aufgrund von fehlendem Weitblick bzw. dem Fehlen von Visionen für ein ertragreiches Geschäftsfeld.

  13. Avatar von Stefan

    Noch eine Ergänzung: Dass es den Firefox mit eigener Engine nur für Android in einer mobilen Variante gibt, sagt schon viel aus. Wäre wirklich schade, wenn ich mich auf dem Desktop nach dem Netscape Navigator auch vom Firefox verabschieden müsste. Mobil sind heute schon Morph und Anglefish meine bevorzugten Browser, damit ist sogar die Engine bei einem Firefox User nahezu der ersten Stunde aus dem Spiel!

    1. Avatar von Hans K
      Hans K

      Apple verbietet fremde Engines auf IOS Geräten. Bis auf die eigene Engine, hat Mozilla bei allen anderen Technischen Vorhaben den Rotstift angesetzt. Bei der nächsten Runde könnte es auch die Engine treffen. Eine eigene Engine muss die Hardware unterstützen. So einfach dürfte die Pflege einer eigenen Engine nicht sein. Die Mozilla Stiftung hat sich mehr zu einer mehr Politischen Stiftung gewandelt.

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