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Das Jahr 2020 wird als ein dunkles Jahr in die Annalen der Menschheit eingehen. Die Corona-Pandemie hält auch zum Jahresende und darüber hinaus große Teile des Planeten fest im Griff. Auch die Technologiebranche wurde hart davon getroffen, Lieferketten brachen zusammen und führten zu Verspätungen bei der Fertigstellung und Auslieferung von Hardware.
Linux in der Pandemie
Im Bereich Linux-Hardware spürten dies Unternehmen wie Pine64 und Purism, die ihre Produkte nicht zeitgerecht an die Kunden ausliefern konnten. In Sachen Linux-Software gab es keine spürbaren Verwerfungen, was daran liegen mag, dass hier viele Unternehmen bereits vor der Pandemie dezentral im Home-Office arbeiteten und darüber hinaus keine ausgeprägte Unternehmensstruktur besaßen. Alle übers Jahr verteilten Linux-Konferenzen außer der FOSDEM Anfang Februar wurden online abgehalten. Erfreulicherweise brachte der November ein neues Linux-Event zur erfolgreichen ersten Online-Austragung. Die Tux-Tage sollen auch 2021 eine Neuauflage erfahren.
Das Jahr der Linux-Phones
Ob 2020 wieder einmal das Jahr des Linux-Desktops war, muss jeder für sich selbst entscheiden. Definitiv war 2020 für mich aber das Jahr der Linux-Phones. Sie sind zwar erst für eine kleine Gruppe von Anwendern ein täglicher Begleiter, aber wir können entscheiden, welches von zwei Linux-Phones wir gerne hätten. Das ist Linux-Luxus.
Zudem wurde mit dem Markteintritt von PinePhone und Librem 5 eine hoffentlich nachhaltige Entwicklung angestoßen, die in ein paar Jahren dazu führt, dass wir ein Linux-Phone kaufen können, dass unsere Bedürfnisse an einen mobilen Begleiter sogar besser erfüllt als das Duopol von Google und Apple.
Hinzu kommen die Geräte, die zwar Android ASOP als Basis nutzen, aber alle Brücken zu Google und seinen Diensten kappen wollen. Hier sind neben den Geräten, die Anwender mit Lineage OS oder GrapheneOS selbst bespielen die vorinstallierten Geräte der /e/-Foundation sowie das Volla-Phone zu nennen.
Das erste PinePhone, als »Brave Heart Edition« bezeichnet, wurde ab Mitte Januar noch ohne Betriebssystem ausgeliefert, im Jahresverlauf folgten die »Community Editions« mit Ubuntu Touch, postmarketOS und Manjaro Linux. Eine Edition mit Plasma Mobile kann seit Anfang Dezember bestellt werden.
Eine der Besonderheiten des PinePhone ist, dass es Betriebssysteme per SD-Karte starten kann, was natürlich zum Experimentieren einlädt. Das ist auch ein Stichwort, welches das PinePhone zutreffend beschreibt, denn es wird aufgrund seiner Beschränkungen nur bei wenigen Anwendern als täglicher Begleiter die bisher genutzten Smartphones ersetzen können. Es wird interessant sein, zu sehen, wohin die Reise mit dem PinePhone geht. Im Frühjahr soll ein Wechsel-Cover unter anderem mit einer Tastatur ausgestattet werden.
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Herkules-Aufgabe Librem 5
Das Librem 5 wird seit Mitte November in der stabilen Variante ausgeliefert, mein Exemplar wird vermutlich Ende Januar oder Anfang Februar eintrudeln. Purism hat sein auf Debian basierendes Betriebssystem PureOS auf den mobilen Formfaktor umgestrickt und dabei eng mit der GNOME-Community zusammengearbeitet. Sowohl das PinePhone als auch das Librem 5 werden im Mainline-Kernel unterstützt. Somit laufen diese Geräte im Gegensatz zu Android-Phones mit aktuellen Kerneln.
Apps entscheiden über den Erfolg!?
Über den Erfolg oder Misserfolg einer mobilen Plattform entscheidet im Endeffekt das Angebot an verfügbaren Apps und die Linux-Phones sind davon nicht ausgenommen. Deshalb habe das Thema App-Entwicklung für Linux-Phones im Februar aufgegriffen. Bei den Brot-und-Butter-Apps stehen die neuen Linux-Phones nicht schlecht da. Die von Purism erstellte Bibliothek Libhandy erleichtert es darüber hinaus, GNOME-Apps auf den mobilen Formfaktor zu portieren. Eine weitere Option sind Progressive Web Apps. Anbox wird vermutlich ebenfalls in absehbarer Zeit in der Lage sein, unverzichtbare Android-Apps in Containern auszuführen.
Januar
DasLinux-Jahr 2020 startete langsam und behäbig. Zum Jahresanfang wurde das erste PinePhone aus dem Pin64 Store verschickt, es hörte auf den sprechenden Namen »Brave Heart Edition«. Canonical kündigt an, Anbox in der Cloud nutzen zu wollen. Anbox Cloud ist eine mobile Cloud-Computing-Plattform, die mobile Workloads mithilfe von Android als Gastbetriebssystem auf Canonicals LXC oder LXD containerisiert. Bleibt zu hoffen, dass Anbox dadurch insgesamt in seiner Entwicklung gefördert wird.
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Februar
Ein eher seltener Fall war im Februar die Migration von Project Trident von BSD zu Linux. Genauer gesagt wechselte die Distribution von FreeBSD zu Void Linux. Insgesamt eine verwickelte Geschichte, in die auch die später im Jahr erfolgte Veröffentlichung von TrueNAS Core 12 hineinspielt. Ebenfalls im Februar startet Firefox mit DNS over HTTPS (DoH) in den USA, um abgesicherte DNS-Abfragen später auch in anderen Ländern auszurollen.
März
Erst im März erschien mit Linux 5.6 der erste Kernel des Jahres, vier weitere sollten folgen. Linux 5.6 brachte die lang erwartete Aufnahme von WireGuard in den Kernel, das zeitgleich die Versionsnummer 1.0 erreichte. Im März setzte auch der erste Corona-Lockdown ein und verbannte Millionen Arbeitnehmer ins Home-Office. Vorteil dieser Entwicklung waren übers Jahr Verbesserungen bei Technologien für Webkonferenzen nicht nur aus dem Bereich Open Source. Mehrere Open-Source-Kollaborationsprojekte, darunter Element, Mattermost und Jitsi, haben während der COVID-19-Pandemie Fortschritte gemacht. Der März sah zudem die Veröffentlichung von GNOME 3.36, das große Änderungen vermissen ließ, dafür aber mit vielen kleinen Anpassungen punktete.
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