Internet Archive in Gefahr

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Das Internet Archive mit seinem Web-Archiv Wayback Machine ist das digitale Gedächtnis des Internets. Im Jahr 1996 von Brewster Kahle gegründet, ist es seit 2007 offiziell auch als Bibliothek anerkannt. Seit einer kürzlichen Klage mehrerer großer Verlage könnte das gesamte Projekt vor dem Aus stehen, wie das Internet-Magazin Vice berichtet.

Klage wegen Corona-Maßnahmen

Anlass für die Klage war eine zeitlich begrenzte Erleichterung der Ausleihe von Büchern während der Corona-Krise. Normalerweise unterliegt die Ausleihe aus der digitalen Bibliothek den Regeln von realen Bibliotheken. Ist ein Buch ausgeliehen, muss der interessierte Kunde warten, bis eine der vorhandenen Kopien des Buchs verfügbar ist.

Diese Beschränkung hatte das Internet Archive (IA) am 24. März für die Dauer der Pandemie oder bis längstens zum 30. Juni aufgehoben und E-Books gleichzeitig an mehrere Interessenten ausgeliehen. Aufgrund der Klage wurde die Aktion mittlerweile eine Woche früher als beabsichtigt beendet.

Vermeintlicher Copyright-Verstoss

Die klagenden Verlage Hachette, HarperCollins, Penguin Random House und Wiley unterstellen dem IA, dass die Aufhebung der Beschränkung »die legitimen Bibliotheksdienste grob überschreite, dem Urheberrechtsgesetz Gewalt antue und vorsätzliche digitale Piraterie im industriellen Maßstab darstelle«.

Internet Archive in Gefahr

Sollte das Gericht das IA der wissentlichen und willentlichen Missachtung des Copyright für schuldig befinden, könnte die eine Strafe von 150.000 US-Dollar pro Buch der 1.4 Millionen Exemplare umfassenden Sammlung bedeuten. Selbst eine unbeabsichtigte Verletzung des Copyright ist mit Strafen von mindesten 200 US-Dollar pro Fall belegt. Selbst das würde das Ende des Internet Archivs bedeuten.

Die Klage verlangt zudem eine einstweilige und dauerhafte Verfügung gegen das Internet-Archiv, die verhindert, dass weitere Werke vervielfältigt und verbreitet werden, und dass alle aktuellen urheberrechtlich geschützten Kopien auf der Website vernichtet werden, wodurch die gesamte Bibliothek wirksam stillgelegt würde.

Schwieriges Backup

Schon seit längerer Zeit gibt es Bestrebungen, ein Backup des gesamten Archivs zu erstellen, um es gegen Gefahren wie diese und andere zu schützen. Da es sich jedoch um ständig wachsende Dutzende an Petabyte handelt, gestaltet sich das schwierig. Ab 2015 versuchte sich das Projekt Internetarchive.bak an dieser Aufgabe, ist jedoch seit 2016 verwaist.

Kommentare

4 Antworten zu „Internet Archive in Gefahr“

  1. Avatar von anonym
    anonym

    Das war aber halt auch ziemlich bescheuert und musste derartige Klagen nach sich ziehen.

  2. Avatar von Heinrich
    Heinrich

    Das IA hat sich damit nur dem Verhalten vieler anderer Bibliotheken in den USA angeschlossen.
    Hier in Deutschland ist das übrigens nicht anders. Ein Beispiel: Die Stadtbibliothek Halle verfügt z.B. über fünf Exemplare von „Der große Sturm“ von Peter Schwermich, darf aber nur maximal drei davon gleichzeitig zur Verleihe geben, die übrigen beiden müssen im Lesesaal verbleiben (bei 1,400 Seiten und zwei großen Baustellen vor der Bibliothek nicht sinnvoll). Bei Ebooks und anderen digitalen Medien sind die Beschränkungen noch weitergehender (per Woche oder Monat darf pro Portfolio nur an eine bestimmte Anzahl von unterschiedlichen Personen verliehen werden).
    Mit Erklärung der Pandemie wurden in allen 16 Ländern diese Beschränkungen per Kultusverordnung ausgesetzt. Die Verlage bzw. Vertriebsrechtsinhaber protestierten, aber als ihnen ein gesetzliches Verbot angedroht wurde gaben sie ihre Zustimmung, denn das wäre dann permanent gewesen. Bisher haben Gerichte stets geurteilt, dass diese Beschränkungen für öffentliche Bibliotheken nur zulässig sind, solange es kein Gesetz dagegen gibt.
    In den USA ist es genauso, nur dort unterscheiden sich die Regelung in den einzelnen Staaten viel stärker voneinander, als wir das hierzulande gewohnt sind.

  3. Avatar von Atalanttore
    Atalanttore

    Auf Büchern von gierigen Verlagen würde ich einfach verzichten. Würden alle Leser so handeln, wäre der Spuk erledigt bevor er überhaupt angefangen hat.

  4. Avatar von Sandra
    Sandra

    „Die Stadtbibliothek Halle verfügt z.B. über fünf Exemplare von “Der große Sturm” von Peter Schwermich, darf aber nur maximal drei davon gleichzeitig zur Verleihe geben, die übrigen beiden müssen im Lesesaal verbleiben (bei 1,400 Seiten und zwei großen Baustellen vor der Bibliothek nicht sinnvoll). “

    Dann muss sich die Stadtbibliothek Halle halt 50 Exemplare kaufen?

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