Bild: Hacker | Quelle: The Preiser Project | Lizenz: CC BY 2.0[/caption]
Intels CPU-Sparte hat viele Probleme und es werden nicht weniger. Neben den Prozessorlücken Meltdown und Spectre, die tief im Silizium der Chips sitzen und fast im Wochentakt neue Angriffsvektoren offenbaren, entdecken Forscher auch immer wieder neue Sicherheitslücken in der Management Engine (ME) und der Active Management Technology (AMT). Aus Anwendersicht ist Intels x86-Schiene nichts weniger als eine Sackgasse.
Volle Kontrolle
Genauso wenig wie Meltdown und Spectre aus den derzeit verkauften Prozessorgenerationen entfernt werden kann, genauso wenig wird Intel jemals die Kontrolle über den ausgeführten Code in der ME aufgeben. Die Management Engine (ME), die beim Booten, zur Laufzeit und im Schlafmodus aktiv ist, wird über die permanente 5-V-Versorgung aus dem Netzteil gespeist und ist ein zusätzlicher Mikroprozessor, der in moderne Intel x86 CPUs eingebettet ist. Darin läuft ein Intel-signierter proprietärer Binär-Blob, der unter anderem über ein eigenes Betriebssystem und einen eigenen Webserver verfügt.Die ME hat direkten Zugriff auf das RAM, das Display, die Tastatur und das Netzwerk. Aufgrund der von der Hardware erzwungenen Code-Signing-Beschränkungen kann sie vom Benutzer nicht verändert oder ersetzt werden. AMD x86 CPUs haben übrigens einen ähnlichen Mikroprozessor, der auf den unverfänglichen Namen »Platform Security Processor«. Er ist auf genau die gleiche Weise abgeschottet.Löchriger Käse
Die Sicherheitslücken in der ME sind ein Leckerbissen für jeden kriminellen Hacker, denn ein Eindringen in einen Rechner über die ME kann über lange Zeit unbemerkt bleiben. So wird zum Ausnutzen der aktuellen Lücke in der AMT nicht einmal mehr ein Admin-Account benötigt. Der Angriff kann nach Aussagen der Forscher von Positive Technologies ohne jede Autorisierung durchgeführt werden, wenn sich der Angreifer im gleichen Subnetz befindet.Besorgniserregende Technologie
Als Anwender haben wir wenig bis keine Möglichkeiten, dem Bermudadreick Management Engine zu entkommen. Das hat die polnische Sicherheitsforscherin Joanna Rutkowska, die auch das Betriebssystem Qubes OS entwickelt, bereits 2015 in ihrem Essay Intel x86 considered harmful (PDF) als Fazit dargelegt.»Wir haben gesehen, dass Intel ME potenziell eine sehr besorgniserregende Technologie ist. Wir können nicht wissen, was alles wirklich in diesem Co-Prozessor ausgeführt wird, der immer eingeschaltet ist und der vollen Zugriff auf den Speicher unseres Hostsystems hat. Wir können ihn auch nicht deaktivieren. Wenn Du denkst, dass dies wie ein schlechter Witz klingt oder wie eine Szene, die von George Orwells Arbeit inspiriert ist, lieber Leser, dann bist Du nicht allein mit diesem Gedanken…« Joanna Rutkowska, Invisible Things Lab
Ohne ME kein Booten
In den letzten zwei Jahren haben einige Notebook-Hersteller wie Purism, System 76, Dell oder Tuxedo Computers daran gearbeitet, Intels ME zu neutralisieren und – einen Schritt weiter – zu deaktivieren. Das ist ein sehr arbeit-intensives Unterfangen, an dem auch bei Google gearbeitet wird. Grundlegende Arbeit hat hier auch das Team von Positive Technologies geleistet. Die Entfernung gelingt bestenfalls zu rund 90 Prozent und Purism ist mit seinen Librem-Notebooks hier am weitesten fortgeschritten. Wird die ME völlig ausgeschaltet, hindert das den Rechner am Hochfahren. Also müssen einige Module der frühen Bootphase aktiv sein, um den Rechner überhaupt zu starten.
Google gegen ME
Google-Sicherheitsforscher Robert Minnich, der unter anderem auch an Linux Boot arbeitet, geht davon aus, dass es viele Jahre dauern wird, bis die ME völlig unschädlich gemacht werden kann. Da man, ohne Aluhutträger zu sein, davon ausgehen kann, dass ME durch die NSA infiltriert ist, sind das keine rosigen Aussichten. Außerdem ist da noch das in Coreboot vorhandene Intel Firmware Support Package (FSP), das der Entschärfung bedarf.
Träge Masse
Dank der Trägheit der großen Masse der Computeranwender gibt es zu diesem Szenario wenig Alternativen. Genausowenig wie sich die Masse darum schert, welches Betriebssystem auf dem PC läuft, kümmert sie sich darum, wie sehr der Hersteller der CPU sie kontrollieren kann. AMD ist kein Ausweg und ist quasi durch Marktmacht gezwungen, diesen Weg mitzugehen.
Kaum Alternativen zu Intel x86
Alternative Plattformen wie ARM am Desktop existieren quasi nicht, Systeme, die dem Anwender die Kontrolle geben, sind in Preislagen angesiedelt, die sie für den Massenmarkt ungeeignet machen. Dazu gehören etwa Hersteller wie Raptor mit seinen Talos-Mainboards. Hier kommen Power9-CPUs zum Einsatz, die Preise für eine Workstation beginnen bei rund 3.000 Euro. Bleibt eigentlich nur, auf offene Plattformen wie RISC-V zu hoffen, die aber vom Erreichen des Massenmarkts noch viele Jahre entfernt sind. Keine rosigen Aussichten, oder?
Schreibe einen Kommentar