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Es hagelt Kritik und Spott an der Entscheidung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Millionen für die Online-Lizenzen des Brockhaus für die Schüler zu bezahlen. Dabei ist es auch ein Anlass, mal über die Probleme mit dem freien Wissen zu diskutierten.
Den Brockhaus kennt man noch dunkel. In dunklem Leder gebunden stand eine mächtige Reihe an Büchern in so manch einem Bücherregal, untertitelt als »Die Enzyklopädie«. Heutzutage ist Wikipedia die (freie) Enzyklopädie, die uns alltäglich begegnet. Fast alles, was Google, Siri und Konsorten vorgeben zu wissen, stammt aus der Wikipedia. Das gilt auch für die meisten Schülervorträge oder „Sachargumente“ in Onlinediskussionen. Das könnte man mittlerweile auch mit dem Brockhaus machen, allerdings müsste man dann monatlich 6€ berappen. Und das schmerzt mehr noch in der freien Seele als im Portemonnaie. Denn was, wenn nicht das Wissen, sollte den Menschen frei zur Verfügung stehen?
Erschaffen von freiem Wissen
Die Frage, wie Wissen erschaffen wird, ist schon eher philosophischer Natur. Unter der Prämisse, dass »die Wissenschaft« auch wirklich das Wissen schafft, findet dieser Prozess an den Hochschulen statt. Wenngleich gelegentlich diskutiert wird, inwieweit das »frei« geschieht, so besteht grundsätzlich die »Forschungsfreiheit«. Das heißt allerdings leider nicht, dass das Resultat der Forschung frei ist. Insbesondere frei zugänglich (Open Access) sind leider wenige wissenschaftliche Publikationen, wenngleich sich ein Positiv-Trend abzeichnet.
Verteilen von freiem Wissen (OER)
Geht man über diesen ersten Schritt hinaus, stellt sich die Frage, wie man das Wissen denn nun auch breiteren Teilen der Gesellschaft zugänglich macht. Zu einem gewissen Teil machen das die klassischen Medien, die mittlerweile immerhin gelegentlich so zitieren, dass man die zugrunde liegende Studie auch finden kann.
Im Wesentlichen wird das Wissen dann aber doch über die klassischen Bildungswege verbreitet. Auch hier bietet sich wieder ein englisches Schlagwort an: Open Educational Resources (OER), sprich Lern- und Lehrmaterialien mit offenen Lizenzen. Wie gut es darum steht, durfte man im vergangenen Jahr dank Online-Unterricht in den (Hoch-)Schulen gut erkennen. Im Wesentlichen sind es Randphänomene, auf die in der Vergangenheit eher durch einzelne Initiativen Wert gelegt wurde. Hier wurden aber auch schon einige Positivbeispiele vorgestellt. Interessant sind aber auch die Probleme, auf die beispielsweise der Professor Jörn Loviscach in Wort und (Bewegt-)Bild aufmerksam macht.
Zivilgesellschaft springt ein
Wie so oft springt die Zivilgesellschaft ein. Zu fast jedem Thema stellt die Wikipedia frei lizenziertes Wissen zur Verfügung und stellt eine Institution im Internet dar. Das ist eine wahrlich beeindruckende Leistung, der Respekt gebührt. Allerdings darf das nicht über gewisse Probleme hinwegtäuschen. Wer sich in einem Thema auskennt und dann in der Wikipedia nachschlägt, findet schnell mal Fehler. Und das ist noch deutlich weniger schlimm, als dass mittlerweile die Wikipedia ebenso zum Diffamieren wie Beschönigen genutzt wird. Darüber kann man sich ärgern und lachen, aber was sind die Konsequenzen?
Ausblick
Es bedarf ebenso wie bei der freien Software auch für das Wissen ein stärkeres Bewusstsein über die Vorteile der Freiheit. Dass das allerdings nicht immer nur kostenfrei heißen kann, liegt allerdings ebenso nahe, sofern die Integrität gewahrt werden soll. An einigen Stellen, insbesondere bei der Erschaffung des Wissens müssen möglicherweise nur kleinere Hebel betätigt werden, bei der Verteilung hingegen stehen größere Aufgaben bevor. Man wird nur schwerlich um eine Diskussion über Kontroll- und Regulierungsmechanismen für die Wikipedia vorbeikommen. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass der Fall hier wenig vergleichbar mit Google und Facebook ist. Reine Regulierung hilft weniger, die Gesellschaft muss auch entscheiden, was ihr freies Wissen wert ist.
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