Debian wählt erstmals ein DPL-Team

Debian Swirl
Debian 10 »Buster«
Vorschlag für Buster-Artwork

Debian hat am Wochenende erstmals ein Debian-Project-Leader-Team (DPL) aus vier Entwicklern als Leitungsgremium bestimmt. Bisher wurde bei Debian immer nur eine Person zum DPL gewählt. Dieser konnte zwar Aufgaben delegieren, war aber dem Projekt gegenüber verantwortlich.

Erst kein Kandidat…

Während der ursprünglichen Nominierungsphase zu den alljährlich im Frühjahr abgehaltenen Wahlen zum DPL fand sich erstmals in der Projekthistorie nicht ein einziger Kandidat. Die Richtlinien sehen in einem solchen Fall vor, dass jeweils um eine Woche verlängert wird, bis zumindest ein Kandidat auf der Liste steht.

…dann gleich fünf

Zum Erstaunen vieler im Projekt meldeten sich in der Verlängerungswoche gleich fünf Entwickler, die das Amt für ein Jahr übernehmen wollten. Die Kandidaten sind Joerg Jaspert, Sam Hartman, Martin Michlmayr, Jonathan Carter und Simon Richter. Davon können zumindest die ersten drei als Schwergewichte in Debian gelten. Sie sind schon sehr lange im Projekt und haben ihm in mannigfaltigen Rollen gedient.

Wahlkampf

Nachdem die Kandidaten ihre Wahlplattformen bereits veröffentlicht hatten, zog sich Simon Richter aus persönlichen Gründen zurück. Die vier verbleibenden Anwärter verteidigten zunächst ihre Plattformen auf der Mailingliste und beantworteten die Fragen der Kollegen zu ihrer Kandidatur.

Gute Ergänzung

Nachdem dann die Kandidaten auch die teils umfangreichen Plattformen der Mitanwärter gelesen hatten, ergab sich die Erkenntnis, dass die vier recht unterschiedlichen Plattformen einander ideal ergänzen. Sind Michlmayr und Jaspert eher technisch und programmatisch ausgerichtet, so geht es Sam Hartman zum Beispiel mehr darum, den Spaß bei der Projektarbeit zu erhalten und die Diskussionskultur und den generellen Umgang miteinander zu verbessern. Er sieht sich dabei in der Rolle des Mediator.

DPL-Team

So kam es am Freitag zu der Entscheidung, dass man sich an einen kürzlich gemachten Vorschlag des ehemaligen DPL Lucas Nussbaum erinnerte und sich entschloss, gemeinsam als Team bei der am 31.März abgehaltenen Wahl anzutreten. Die Kürze der Bekanntgabe der Entscheidung ließ keine lange Diskussion zu, was aber nichts daran änderte, dass bei der Wahl von den 458 teilnehmenden Entwicklern 334 für den Vorschlag stimmten.

Zwei Jahre im Amt

Anders als bisher nimmt das gewählte Team den Posten für zwei Jahre ein, um die Effizienz eines solchen Teams besser beurteilen zu können. Gleich nach der Wahl stellte das DPL-Team auch bereits einen ersten brisanten Ansatz zur Lösung einiger der Probleme im Projekt vor.

Bezahlte Entwickler?

Aufgrund einer Spende von 300.000 US-Dollar, die das Projekt kürzlich von der Handshake Foundation erhielt, möchte das DPL-Team einen Teil dieser Summe dazu verwenden, um interne oder externe Entwickler zu bezahlen, um einige der Probleme der überalterten Infrastruktur Debians zu beheben.

Dunc-Tank anyone?

Die Brisanz dieses Vorschlags liegt darin, dass das Projekt vor 13 Jahren bereits einmal einen solchen Vorstoß unternahm, punktuell Entwickler für bestimmte Aufgaben zu bezahlen. Das heute noch unter dem Namen Dunc-Tank. Damals ging es darum, das Release-Team zu bezahlen um die Veröffentlichung von Debian GNU/Linux 4 »Etch« zu beschleunigen.

Projekt gespalten

Dunc-Tank wurde von vielen Entwicklern als Experiment befürwortet, von einer Minderheit aber vehement bekämpft, die der Meinung waren, Debian 4 solle veröffentlicht werden wenn es fertig sei. Eine Meinung, die sich später durchsetzen sollte und zum Mantra von Debian wurde. Der Protest reichte bis hin zu einer Parodie namens Dunc-Bank. Im Rahmen der Diskussion, die das Projekt bis zum Zerreißen anspannte, wurde unter anderem die Entfernung des damaligen DPL Anthony Towns, der Dunc-Tank erdacht hatte, aus dem Amt gefordert.

Neuer Versuch?

Die Bezahlung zweier Release-Manager führte allerdings nicht dazu, dass Debian 4 zum projektierten Termin fertig wurde. Das dauerte dann noch fast ein halbes Jahr länger. Nun soll das Experiment, die Entwicklung Freier Software mit Geld zu beschleunigen, nach 13 Jahren wiederholt werden, wenn es nach dem Willen des neuen DPL-Teams geht. Ob das diesmal gutgeht?

Kommentare

3 Antworten zu „Debian wählt erstmals ein DPL-Team“

  1. Avatar von Nick
    Nick

    Ich begrüße die Entscheidung nun auf ein Team zu setzen. Die Infrastruktur ist allerdings wirklich veraltet, und liegt sehr weit hinter Github und Co. zurück. Zwar gab es letztes Jahr den Wechsel zu Gitlab, was aber nur ein Teil der Infrastruktur ausmacht. Insbesondere „bugs.debian.org“ ist hoffnungslos altbacken und muss dringend ersetzt werden, sowie unzählige Seiten unter „wiki.debian.org“, die nur so dahin vegetieren, und größtenteils nur für uralte Debian-Versionen von nutzen sind. Die Inhalte sind von der Formatierung her auch ziemlich 90er Jahre behaftet, und alles andere als ansprechend für Neulinge. Auch über die Navigation hinsichtlich der Ressourcen sollte mal nachgedacht werden. Denn ein Neuling würde hier ohne Hilfe und Erfahrungswerte kaum alles erreichen, was mitunter sehr aufwändig verschachtelt und nur schwer erreichbar ist. Daher wäre ein modernes Webdesign ähnlich zu Ubuntu angebracht.

    1. Avatar von Ferdinand

      Ähm, ja, zumindest einer is drauf reingefallen 🙂 Die News war wohl zu realitätsnah für den 1. April. Debian wählt erst ab nächster Woche. Wäre aber schön wenn es so käme wie dort beschrieben. Wird aber nicht passieren.

  2. Avatar von Stefan

    Er war nicht der einzige! 😶

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