Copyright-Reform: Europa beugt sich den Konzernen

Copyright-Reform
Quelle: EFF | Lizenz: CC BY 3.0 US

 

Die am 12. September 2018 erfolgte mehrheitliche Zustimmung des Europaparlaments zur Vorlage zur umstrittenen EU-Copyright-Reform beugt sich den Großkonzernen wie Google, Facebook und Verlagen wie Axel Springer. Der Lobbyismus trägt einen Sieg davon, die fast eine Million Unterschriften allein aus dem deutschsprachigen Raum gegen das Machwerk, dass den Namen Reform nicht verdient, blieben ohne Wirkung.

Im Juli zunächst gescheitert

Eine erste Abstimmung im Juli über die Position des Parlaments zu einem neuen »Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt« scheiterte, gestern wurde dann über die insgesamt 252 Änderungsanträge verschiedener Personen, Parteien und Koalitionen entschieden. Das Ergebnis der Entscheidung zum Vorschlag von Verhandlungsführer Axel Voss (CDU) am Mittwoch in Straßburg fiel mit 438 zu 226 Stimmen bei 39 Enthaltungen eindeutiger aus, als das nach der ersten fehlgeschlagenen Abstimmung zu erwarten war. In der Hauptsache geht es um die Artikel 11 und 13 der im Text noch nicht endgültigen Gesetzesvorlage.

Leistungsschutzrecht

Artikel 11 beschreibt ein neues Leistungsschutzrecht, dass die Verlage etwa an der digitalen Nutzung von sogenannten Snippets, Titeln und Anrissen von News und Artikeln von Informationsdiensten wie Google News und ähnlichen Aggregatoren finanziell beteiligen soll.  Dabei sollen die Inhalte der Verlage für 20 Jahre lang geschützt bleiben. In der vorliegenden Form würde dies klar die großen Verlage bevorzugen. Nach Recherchen von golem.de würde der Axel-Springer-Verlag bei uns derzeit fast 64 Prozent der Einnahmen erhalten, wogegen für kleine Verlage nur Krumen übrigbleiben würden.

Die Nutzer von sozialen Medien sind von den Maßnahmen nicht betroffen, denn Privatpersonen dürfen weiterhin Inhalte verlinken. Wie das für Blogger aussieht, ist bisher nicht klar definiert. Die Kritik richtet sich hauptsächlich dagegen, dass die freie Verlinkung von Information im Netz infrage gestellt wird.

Upload-Filter

Artikel 13 behandelt die ebenfalls umstrittenen Upload-Filter. Dabei handelt es sich um softwaretechnische Maßnahmen, mit denen Online-Plattformen während des Hochladens von Nutzerinhalten prüfen, ob die Inhalte ein Urheberrecht verletzt. Das soll hauptsächlich große Anbieter betreffen. Ausnahmen soll es etwa für Wikipedia und Dienste wie Dropbox geben.

Die Kritik an diesen Filtern bezieht sich hauptsächlich auf deren Unfähigkeit, zwischen rechtsverletzenden und legalen Werknutzungen zu unterscheiden. Dabei werden dann unter Umständen Inhalte rausgefiltert, die aufgrund des Zitatrechts legal sind. Zudem kann die Software beispielsweise Parodien, Satire oder Memes nicht erkennen.

Gefahr von Überwachung und Zensur

Tim Berners-Lee, der Erfinder des WWW sieht zudem die Gefahr, dass aus dem Internet durch Upload-Filter »ein Werkzeug für die automatisierte Überwachung und Kontrolle der Nutzer« werden könnte. Zudem steigt die Macht der großen Konzerne, die noch mehr als bisher bestimmen können, was die Filter passieren darf und was nicht.

Noch ist nichts verloren

Die Festlegung der Europaparlamentarier bedeutet noch nicht, dass die Vorlage Gesetzeskraft erhält. Der weitere Weg führt über die sogenannten Trilogverhandlungen zwischen EU-Kommission und Ministerrat, in dem die Mitgliedsländer vertreten sind. Die Verhandlungen müssen vor den nächsten EU-Wahlen am 23. Mai 2019 abgeschlossen sein.

Sollten Upload-Filter nicht aus der endgültigen Entscheidung ausgenommen werden, so besteht die Möglichkeit, dass sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Thema befassen muss, da die Filter unter Umständen nicht mit dem Grundgesetz konform sind. Dazu muss aber zunächst die  endgültige Ausformulierung der Vorlage abgewartet werden.

Unterschiedliche Einschätzung

Die Einschätzung, ob die Vorlage nächstes Jahr verbindlich in Gesetzesform gegossen wird, sind unterschiedlich. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) und Mozilla sehen in ihren Stellungnahmen Chancen, den Kampf doch noch zu gewinnen. Viele Juristen sind dagegen der Meinung, das jetzige Abstimmungsergebnis sei zu eindeutig, um hier noch reelle Chancen auf eine Entscheidung gegen die beiden Artikel zu öffnen.

Jetzt aufzugeben ist in jedem Fall verfrüht, die Zivilgesellschaft muss weiter sichtbar gegen diese Un-Reform bleiben. Das Internet ist bereits heute in einem beklagenswerten Zustand, weitere Zensur und noch mehr Einfluss der Großkonzerne sind nicht kampflos hinnehmbar.

 

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