Collabora Online verlässt die TDF

Collabora Online verlässt die TDF
Photo by Jackson Simmer on Unsplash

The Document Foundation (TDF) steuert Infrastruktur und Entwicklung von LibreOffice. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit Collabora Online, einer als LibreOffice Online angepassten Version von LibreOffice als Online-Office-Suite.

Wie Michael Meeks als Mitbegründer der TDF und in führender Position bei Collabora angestellt, jetzt berichtet, wird sich Collabora Online aus der Stiftung um LibreOffice zurückziehen und die Entwicklung auf GitHub weiterführen. Im TDF-Vorstand, dem auch Meeks angehört, gibt es seit Längerem Spannungen, was eine angemessene Marketingstrategie für „LibreOffice Online“ sein könnte. Meeks hofft, dass durch die Trennung Kräfte für die weitere Entwicklung auf beiden Seiten freigesetzt werden.

»Personal Edition« löste Bedenken aus

Die Unstimmigkeiten würden einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als die TDF im Rahmen eines 5-Jahres-Marketingplans (PDF) LibreOffice 7.0 mit dem Zusatz »Personal Edition« für eine Community-Ausgabe versehen wollte. Die Community reagierte aufgebracht und befürchtete für eine Bezahlversion reservierte Funktionen. Daraufhin ruderte die TDF zurück und Meeks veröffentlichte eine Stellungnahme, in der er das Entwicklungsmodell von LibreOffice in Gefahr sah und eine ungünstige Außendarstellung monierte.

Code zu großen Teilen von Collabora

Laut Meeks aktuellen Ausführungen stammten über 95 Prozent des Codes im letzten Jahr von rund 20 Beitragenden bei Collabora. Offenbar gibt es in der Community als auch in der TDF und deren Vorstand sich stark widersprechende Meinungen über das weitere Vorgehen und wie das Verhältnis zu Collabora Online und kommerziellen Ablegern sein sollte. Diese Kombination aus unklarer Marschrichtung, Struktur und
Statuten bei TDF machen es laut Meeks schwer, Investoren von möglichen Renditen zu überzeugen.

TDF habe es in der Vergangenheit immer vermieden, klar zu erklären, wie LibreOffice erstellt wird. Die Mitglieder der kommerziellen Gemeinschaft würden zu wenig gewürdigt und es gebe derzeit wenig Hoffnung auf Besserung. Unter diesen Umständen sei es kaum möglich, größeren Kunden zu vermitteln, warum sie nicht LibreOffice Online nutzen und stattdessen Collabora Online mit Support kaufen sollten.

Freundliches Nebeneinander angestrebt

Meeks hofft durch die Trennung auf ein freundliches Nebeneinander, dass die Unstimmigkeiten beseitigt und beiden Projekten Vorteile bringt. Collabora könne das für notwendig erachtete Branding und Marketing für Collabora Online etablieren und Investoren das nötige Vertrauen vermitteln. Die TDF könne ihren 5-Jahres-Marketingplan vereinfachen und damit die Community besänftigen. Der Umzug ist bereits im vollen Gange und es bleibt zu hoffen, dass die Unstimmigkeiten damit beseitigt werden und beide Projekte mit getrennter Infrastruktur wieder freundlich zusammenarbeiten können.

Kommentare

4 Antworten zu „Collabora Online verlässt die TDF“

  1. Avatar von jedermann
    jedermann

    Das uralte Problem ..

    Nur von Luft und Liebe leben und arbeiten die Open-Source-Programmierer nicht.
    Der Kernel wird weitestgehend von Unternehmen vorangetrieben, hinter Samba stehen kommerziell erfolgreiche Unternehmen, für MariaDB usw gibt es kommerzielle Editionen und für viele anderen unternehmensrelevante Dinge (Java…) ebenfalls.

    Auch Libreoffice muss irgendeinen Weg finden, den kommerziellen Support in effektiver Art und Weise zu pflegen.
    Die Wurzel von Libreoffice ist Openoffice und deren Wurzel ist StarOffice und das war keine Arbeit eines Wohltätigkeitsvereins.

  2. Avatar von tuxnix
    tuxnix

    Wenn Meeks die zahlende Kundschaft vom Collabora Support nicht überzeugen kann, dann sollte er sich darüber Gedanken machen und den Support besser auf die Bedürfnisse der Kundschaft zuschneiden. Es ist nicht die Aufgabe eines freien Projekts sich in ein proprietäres Projekt umzuwandeln, nur weil eine Firma viel Arbeit hineingesteckt hat.
    Es war keine gute Idee LibreOffice heimlich umzulabeln. Soĺche Nacht und Nebelaktionen führen fast immer zum Bruch. Wollen wir hoffen, dass hier keine Abspaltung entsteht, sondern lediglich das Marketing getrennte Wege geht.

    1. Avatar von beccon
      beccon

      So einfach ist es leider nicht. Durch die Reibungsverluste, die in diesem Projekt nichts neues sind, bleibt das freie Office leider hinter seinen Möglichkeiten zurück. Ich hatte seinerzeit ähnliche Diskussionen mit meinem ehemaligen Sozius – endlose Diskussionen über Details und darüber wer was zum Unternehmen beigetragen hatte – miese Umsätze, wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sezession hatte die Lösung – zumindestens für mich – gebracht, trotz der Nachteile als Einzelkämpfer unterwegs zu sein.

      Rückblickend wäre es an der Zeit gewesen, sich Gedanken darüber zu machen, wie mehr Umsatz gemacht werden kann und wo die Kunden sind und was die haben wollen.

      Nun sind Office Produkte kein Wachstumsmarkt mehr – im Gegenteil, die Bedeutung geht rapide zurück, seit wir Computer nicht mehr so sehr wie Schreibmaschinen und Tischrechner benutzen. Das Office aus „Redmond“ ist „gut genug“ für die Sachen, die man damit noch machen will – und auch die Kosten dafür spielen keine Rolle mehr. Irgendetwas wird man immer brauchen – und dafür reicht im Prinzip auch LibreOffice wenn man mit Linux unterwegs ist.

      Im Grunde genommen gibt es für Collabora Libre Office Online und LibreOffice Desktop zwei verschiedene Einkommensquellen:

      • LOOL -> die ganzen Internetprovider – Plattformen, Dienste wie GMX, Produkte wie Nextcloud usw.
      • Desktop -> Systemhäuser, Integratoren, Öffentlicher Dienst -> die härter zu knackende Nuß.

      Wenn man sieht, vieviele Unternehmen mittlerweile Office365 benutzen – zusammen mit weiteren Wolken-Diensten wie Teams, Zooms usw. und damit Daten unkontrolliert aus dem Unternehmen herausführen (und gleichzeitig den Desktop so zunageln, daß die Anwender nicht einmal den Bildschirmhintergrund ändern dürfen), fragt man sich, warum Collabora diesen Markt nicht besser beackert. Die sprechen mit Systemadministratoren in Unternehmen, die erfolgreich On Site Plattform Produkte wie Jira, Confluence usw. betreiben.

      Berühigend: Wenn sie alles vermasseln bleibt uns immer noch OnlyOffice 🙂

  3. Avatar von kubuntuuser
    kubuntuuser

    So ist es doch der sauberste Weg: LibreOffice bleibt ein homogenes freies Projekt. Collabora-Office oder wie auch immer Collabora sein Produkt dann nennen möchte, wird als eigenständiges, kommerzielles Produkt vermarktet. Ob sich das nun rein durch ein zusätzliches Support-Angebot oder durch wie auch immer geartete proprietäre Ergänzungen von LibreOffice unterscheidet, kann Collabora dann selbst bestimmen.

    Davon unbenommen kann Collabora durchaus seine LibreOffice-Wurzeln werblich herausstreichen und auf den eigenen, nicht unwesentlichen Anteil am freien Projekt hinweisen. Aber eine saubere Trennung muss dabei stets gewährleistet sein.

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