Kategorie: Meinung

  • Ubuntu 20.04: Flatpak wird Bürger zweiter Klasse

    Screenshot: ft

    Wie in der Vorstellung von Ubuntu 20.04 LTS nachzulesen ist, liefert die neue Ubuntu-Version die Paketverwaltung Ubuntu Software nicht mehr als .deb aus, sondern als Snap. Mark Shuttleworth hatte bereits 2016 angekündigt, Snap zum universellen Paketsystem machen zu wollen. Ab 2017 ersetzten dann verschiedentlich Snaps die bisher verwendeten .deb-Pakete.

    Schleichende Entwicklung

    Zunächst waren es kleine Pakete, dann folgte mit Ubuntu 19.10 der Chromium-Browser als Snap, zu dem es in Ubuntu auch kein .deb als Alternative im Archiv gibt. Das schien aus sicherheitstechnischen Gründen zunächst eine gute Idee zu sein. Allerdings überwiegen in der Praxis dann die Nachteile.

    So dauert in der Regel der Start von Snaps systemimmanent um einiges länger als der von .deb-Paketen. Der Start von Ubuntu Software als Snap dauert gut 30 Sekunden. Dass die Snaps automatisch aktualisiert werden, mag in einer LTS-Installation noch angehen, dass man diesen Mechanismus aber nicht unterbinden kann, ohne sehr kreativ zu werden ist ein absolutes No-Go unter Linux.

    Snapstore eingebunden

    Mit Ubuntu 20.04 LTS geht Canonical noch einen Schritt weiter und ersetzt die Paketverwaltung Ubuntu Software, die auf GNOME Software basiert, mit einer Snap-Version. Hierbei verbleibt die .deb-Version allerdings installierbar, und wir sehen auch gleich warum.

    Mit der Snap-Version des Software-Stores ist es nicht mehr möglich, Flatpaks zu installieren oder zu verwalten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Um weiterhin Flatpaks nutzen zu können, muss der Anwender entweder das Paket gnome-software-plugin-flatpak installieren, dass dann die .deb-Version von GNOME Software nach sich zieht, oder Flatpaks über die Kommandozeile handhaben.

    Sonderweg

    Damit aber noch nicht genug, die Snap-Variante des Stores bevorzugt Snaps in einer Art und Weise, die für Neueinsteiger die Suche nach Paketen und deren Installation in ein System mit zunehmend vielen Snaps umwandelt. Das ist natürlich im Sinne des Erfinders, aber keinesfalls zum Vorteil des Anwenders. Ubuntu geht hier wiederum einen seiner Sonderwege, die in der Vergangenheit nur allzu oft in einer Sackgasse endeten.

    Versuchskaninchen

    Die Desktop-Anwender von Ubuntu sind hier die Versuchskaninchen für Canonicals Firmenkunden in der Cloud und im Internet der Dinge, wo Snaps einen anderen Stellenwert haben. Auch Fedora sieht die Zukunft der Distribution in ihrem alternativen Paketsystem Flatpak. Dabei geht sie aber nicht hin und drückt den Anwendern Flatpaks auf, sondern bietet diese alternativ in der Distribution Fedora Silverblue an.

    Testparcours

    Canonical scheint es egal zu sein, dass hier den Anwendern Dinge einfach aufgedrückt werden, die entweder alternativlos sind wie im Fall von Chromium oder aber die den Anwender nötigen, die Alternative selbst zu installieren, falls er Flatpaks den Snaps vorzieht. Das verstärkt meinen Eindruck, dass die Desktop-Variante gnadenlos zum Testparcours für die kommerziellen Unternehmungen von Canonical gemacht wird.

  • Qt und KDE am Scheideweg?

    Qt-Logo |Lizenz: Public Domain

    Gestern hat The Qt Company, die an der Börse als Qt Group notiert ist, ihre Roadmap für das Qt-Framework 2020 bekannt gegeben. Dort gibt die Tochtergesellschaft von Digia ihre Pläne einschließlich der Einführung von Qt 6 bekannt. Was dort nicht steht ist, dass sich The Qt Company in letzter Zeit zunehmend von KDE und seiner Community distanziert.

    Schrittweise Distanzierung

    Bereits im Januar gab The Qt Company erste Einschränkungen des mehrfach lizenzierten Frameworks bekannt. Demnach sind ab Qt 5.15 langfristig unterstützte Versionen (LTS) und das Offline-Installationsprogramm von Qt nur noch für kommerzielle Lizenznehmer verfügbar. Zudem benötigen jetzt auch Open-Source-Anwender einen Qt-Account, um Qt-Binärpakete herunterladen zu können. Quellpakete sind weiterhin auch ohne Qt-Account zugänglich.

    Generell gutes Verhältnis

    In einer neuen Ankündigung wird die Distanzierung von KDE und anderen freien Gemeinschaften, die Qt einsetzen noch deutlicher. Das geht aus einem Eintrag auf der Mailingliste von KDE-Entwickler Olaf Schmidt-Wischhöfer hervor. Darin beschreibt er das Verhältnis von Qt Company, dem freien Qt-Project und der KDE Free Qt Foundation als über die Jahre durchaus fruchtbar und zum Vorteil aller Beteiligter.

    Diese für alle positive Ausgangssituation sei jedoch durch die Einschränkungen vom Januar gefährdet. Auf einem persönlichen Treffen im März sei dann aber das Grundgerüst für eine weitere Zusammenarbeit gelegt worden.

    Corona als Vorwand?

    Dem widersprechen die neuesten Informationen, nach denen KDE e. V. und KDE Free QT Foundation informiert wurden, The Qt Company sehe sich angesichts der Corona-Krise gezwungen, kurzfristig mehr Umsatz zu generieren und deshalb künftig alle Qt-Veröffentlichungen für 12 Monate nur kommerziellen Lizenznehmern zugänglich zu machen.

    Strategien für den Ernstfall

    Auch wenn diese Ankündigung noch nicht festgeklopft ist, sieht sich die KDE-Community veranlasst, Strategien zu entwickeln, falls Qt Company dies durchsetzt. Einen Mittelweg scheint es hier nicht zu geben, ein Fork scheint in diesem Fall unabwendbar, die Entwicklung von KDE auf der Basis von Qt zu schützen.

    KDAB bietet wichtige Unterstützung

    Alle Beteiligten sind sich der Tragweite einer solchen Entscheidung angesichts der Komplexität des Qt-Frameworks bewusst. Die KDE-Gemeinschaft wird bei diesem Unterfangen von dem einflussreichen Qt-Consulting-Unternehmen KDAB unterstützt, dessen Berliner Statthalter sich dahin gehend auf der Mailingliste äußerte.

    Viele Projekte betroffen

    Neben KDE gibt es viele weitere Projekte, die auf dem freien Software-Repository von Qt basieren und durch diese Entscheidung, wenn sie sich manifestiert, in ihrer Entwicklung beschnitten werden. Zu nennen sind hier VLC, Spotify, VirtualBox, Kolab, Mathematica, Mumble, Skype, TeamSpeak, Google Earth, Telegram und andere.

    Eine lange Geschichte

    KDE und Qt verbindet eine lange Geschichte, die anfangs dazu führte, dass GNOME die Oberhand bei den Desktop-Umgebungen für sich beanspruchen konnte. Mit der Veröffentlichung von KDE 1.0 im Jahr 1998 kam nämlich Kritik an der Verwendung des damals unfreien Qt-Frameworks als der Basis von KDE auf.

    Qt-Entwickler Trolltech reagierte und stellte Qt in einer speziellen, freieren Version unter der QPL-Lizenz zur Verfügung. Da hatte GNOME aber bereits einen Vorsprung und wurde im frisch gegründeten Unternehmen Red Hat zum Standard-Desktop. Jahre später wurde Qt dann der GPL unterstellt.

    Von Trolltech zu Nokia zu Digia

    Durch die Nutzung von Qt als Basis für KDE-Software bildeten sich schnell engere Beziehungen zur mittlerweile von Nokia übernommenen Firma Trolltech. Im Juni 1998 gründeten KDE e. V. und Trolltech gemeinsam die KDE Free Qt Foundation, um den Fortbestand von Qt als freie Software sicherzustellen. Trolltech begann zudem damit, KDE-Entwickler einzustellen. Die Qt-Entwicklungsabteilung von Nokia wurde 2012 vom finnischen Software-Unternehmen Digia übernommen, die die Qt-Entwicklung dann 2016 in die Tochtergesellschaft The Qt Company auslagerte.

    Abschließend bleibt zu sagen, dass, auch wenn diese Maßnahmen im Endeffekt nicht Realität werden, ist schon durch die Ankündigung klar, dass The Qt Company das KDE-Projekt als größten Nutzer des freien Qt-Frameworks nicht wertschätzt und glaubt, auf die Qt-Community verzichten zu können. Der Schaden ist entstanden und beabsichtigt.

    Update: Mittlerweile gibt es ein knappes Dementi.

  • Home-Office: Arbeiten in der Corona-Krise

    Foto: Roberto Nickson auf Unsplash

    Die Corona-Krise hat uns fest im Griff und hat viele Menschen zu Home- Office verdonnert. Darunter auch solche, die das nicht so gerne wollen oder gut können. Ich frage mich daher, wie ihr damit umgeht?

    Viele Vorteile

    Bei mir ist es so, dass ich schon sehr lange ausschließlich von zu Hause aus arbeite. Ich kann mir gar nichts anderes mehr vorstellen. Für mich sehe ich dabei auch fast nur Vorteile, auch ohne Corona:

    • Der Arbeitsweg fällt weg, es bleibt mehr Zeit zum Arbeiten
    • Ich kann meinen Tag meist einteilen, wie ich möchte
    • Ich kann spontan halbe oder ganze Tage freimachen
    • Ich kann meinen Urlaub besser planen

    Home Office nicht für jeden

    Allerdings ist Home-Office auf Dauer nicht für jeden geeignet. Zunächst einmal bedarf es einer guten Disziplin, um eine funktionierende Balance zwischen Arbeit, Haushalt und Privatleben herzustellen und vor allem einzuhalten. Vorausplanung ist hier alles. Bei mir hat sich das automatisch so eingespielt, dass, solange ich meine Termine im Auge habe, sich der Rest von allein regelt.

    Soziale Kontakte fehlen

    Zwei Umstände machen die derzeitige Situation für mich jedoch strapaziös. Einerseits bin ich, wie vermutlich jeder andere auch, durch das ständige Bewusstsein dieser Bedrohung und die Vermeidung einer Ansteckung gestresst. Das wirkt sich unvermeidbar auch auf die Arbeit aus. Dann fehlen natürlich die sozialen Kontakte.

    Aber ich habe es noch gut. Meine Frau muss seit 2 Wochen auch von zu Hause aus arbeiten und das liegt ihr überhaupt nicht. Ihr fehlt die nötige Disziplin zur Organisation des häuslichen Arbeitstags, obwohl sie in ihrem Job als Führungskraft viel Verantwortung trägt und selbstständig arbeiten muss. Das fängt bereits beim frühen Aufstehen an.

    Wie geht’s euch dabei?

    Da ein Ende der Corona-Krise so schnell nicht zu erwarten ist, berichtet doch gerne mal von euren Erfahrungen und Erwartungen und wie sich die derzeitige Situation auf eure Arbeit auswirkt. Und vor allem: Bleibt gesund!

  • Linux 2019 – das Jahr im Rückblick

    Photo by Ian Parker on Unsplash

    Wieder geht ein Jahr zu Ende und mit ihm gleich noch ein Jahrzehnt. Wenn ich auf 2019 in Sachen Linux zurückblicke, war es wieder ein ereignisreiches Jahr mit Tops und Flops. Wie jedes Jahr war auch 2019 wieder das Jahr des Linux-Desktops – oder auch nicht, je nach Betrachtungsweise. Aber ganz sicher war es das Jahr des Linux-Smartphones.

    Das Jahr beginnt mit Linux 5.0

    Aber von vorne. In der ersten Januarwoche brach die Zeit von Linux 5 an. Linus Torvalds eröffnete den Entwicklungszyklus zu Linux 5.0 gleich in der ersten Woche des neuen Jahres, 2020 kann er es ruhiger angehen lassen, die Veröffentlichung von Linux 5.5 steht erst im Februar an. Wenige Tage später erschien Ubuntu Touch OTA-7 für die Freunde freier Betriebssysteme auf Mobilgeräten.

    Erwartung und Realität

    Chrome OS rückt näher an Linux heran, viele Chromebooks bieten mittlerweile Zugang zu Linux-Anwendungen über den App-Launcher. Linux-Phones und weitere mobile Betriebssysteme machen von sich reden. PostmarketOS legten einen Bericht zum Stand der Entwicklung vor, das Librem 5, das zu dem Zeitpunkt zur Veröffentlichung im April vorgesehen war, kam gut voran, während ich mir Gedanken zu Erwartung und Realität diesbezüglich in der Öffentlichkeit machte.

    Linux-Smartphone aus China

    Ende Januar kündigte das chinesische Unternehmen Pine64 neue Produkte mit Linux als Betriebssystem an, darunter ein Tablet und ein neues Pinebook, aber auch das PinePhone, das nun ein Jahr später für 149 US-Dollar in einer ersten Auflage zur Auslieferung gelangt.

    Meltdown & Spectre und kein Ende

    Auch in 2019 blieben wir nicht vor weiteren Horrormeldungen bezüglich Meltdown & Spectre verschont. Über das Jahr verteilt wurden weitere Angriffspunkte veröffentlicht und es ist kein Ende in Aussicht. Im Februar hatte ich eine Situationsbestimmung versucht. Gerne hört man die Aussage, Privatrechner seien ja wegen des viel zu hohen Aufwands eines solchen Angriffs davon nicht betroffen und von daher sei das nicht wirklich relevant. Das ist meiner Meinung nach wie in Anbetracht der kaum noch vorhandenen Privatsphäre zu sagen: »Aber ich habe doch nichts zu verbergen“.

    KDE-Software im Aufwind

    WireGuard in Kernel 5.6
    Bild: WireGuard | Quelle: XDA-Developers

    KDE-Software konnte im zu Ende gehenden Jahr an vielen Stellen massiv aufgewertet werden. Das begann Mitte Februar mit der Veröffentlichung von Plasma 5.15. Mich als KDE-Fan erfreute dabei besonders die Unterstützung für den VPN-Tunnel WireGuard, der im Frühjahr 2020 mit Linux 5.6 zur Aufnahme in den Kernel ansteht. Auch die Integration von Wayland unter Plasma wurde weiter vorangebracht. Virtuelle Desktops werden ab 5.15 unterstützt und bieten sogar mehr Möglichkeiten als unter X11.

    LibreOffice, eine der freien Alternativen zu MS Office, veröffentlichte Version 6.2 und liefert damit für alle Komponenten eine Notebookbar aus, die optional die Funktionalität der Ribbons von MS Office nachbildet. Im Januar 2020 feiert die Document Foundation, die hinter LibreOffice steht, ihr zehnjähriges Bestehen und veröffentlicht zeitgleich die stabile Version von LibreOffice 6.4.

  • Überflüssiger Fork: Aus GIMP wird Glimpse

    GIMP steht für GNU Image Manipulation Program. Es ist ein kostenloses pixelbasiertes Grafikprogramm, das Funktionen zur Bildbearbeitung und zum digitalen Malen von Rastergrafiken beinhaltet. Es ist freie Software und eines der Aushängeschilder von Linux. Gimp erschien erstmals bereits 1995, sodass der Name mittlerweile als Markenzeichen gilt, wenn es um Bildbearbeitung unter Linux geht.

    Unliebesame Wortbedeutung

    Für deutsche Anwender mag es wenig ersichtlich sein, aber das Akronym GIMP hat in der englischen Sprache auch eine Wortbedeutung. Es steht abwertend für körperlich behinderte Menschen oder für Trottel und erhielt durch den Film Pulp Fiction auch eine sexuelle Bedeutung im Sinne von Sexsklave.

    Fast ein Vierteljahrhundert nahm daran kaum jemand Anstoß. Die Entwickler wedelten Beschwerden, wenn sie denn auftraten, mit der Aussage ab, es handle sich in ihrem Fall ja nicht um ein Wort, sondern ein Akronym.

    Glimpse statt GIMP

    Damit ist es nun vorbei, denn nach langen unergiebigen Diskussionen, die auf GitLab begannen und weiter auf HackerNews und auf Mastodon geführt wurden, haben einige Entwickler unter der Leitung von Bobby Moss wegen des Namens einen Fork von GIMP namens Glimpse initial veröffentlicht.

    Marketinggründe

    Menschen, echte Menschen in der realen Welt, benutzen die Software deshalb nicht.

    Leonora Tindall, Software-Entwicklerin

    Die Kern-Entwickler von GIMP sprachen sich von Anfang an gegen eine Umbenennung aus, da der Name seit vielen Jahren für das Projekt steht.

    Genau aus Marketinggründen will der Fork das Projekt jetzt umbenennen. Die Entwicklerin Leonora Tindall führt ins Feld, sie habe bereits zwei Mal versucht, eine Empfehlung für GIMP an Lehrkräfte im Grafikbereich zu geben, die dies aber abgelehnt hätten, da der Name der Software nicht für den Klassenraum tauge. Das kann ich mir im prüden Amerika sogar gut vorstellen, aber was kann die arme Software dafür?

    Völlig legitim

    Software zu forken ist natürlich völlig legitim und führt wie im Fall von LibreOffice oft zu besserer Software. In diesem Fall wage ich das allerdings zu bezweifeln. Es ist keine leichte Aufgabe, den Fork einer Software wie GIMP aktuell zu halten. Zudem erscheint mir die Motivation dem Gedankengut der Social Justice Warrior zu entspringen, denen es bereits gelang, Linus Torvalds an die Kette zu legen.

    Mir erscheint das Ganze genauso absurd wie die Diskussion um alteingesessene Apotheken, die den Mohr im Namen führen. Solcherart politische Korrektheit ist mir stets ein Dorn im Auge.

  • Hüh und Hott in der Bundes-IT

    Magdeburger Halbkugeln | Briefmarke der DDR 1969 | Lizenz: gemeinfrei

    Horst Seehofer, Bundesminister des Innern, verspricht in einer aktuellen Presseerklärung, die digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren stärken zu wollen. Anlass der Beschäftigung mit diesem Neuland-Thema ist eine vom Bundesministerium des Innern in Auftrag gegebene Marktanalyse, die im letzten Monat veröffentlicht wurde.

    Technologieabhängigkeit

    Die Studie kritisiert die zunehmende Technologieabhängigkeit der Öffentlichen Verwaltung in Deutschland, aber auch in Europa. Im Mittelpunkt der Analyse stand, wenig verwunderlich, Microsoft und deren Produkte Microsoft Office, Windows, Windows Server und Office 365. Aber auch andere Unternehmen wie Oracle oder SAP werden in der Studie erwähnt, stehen aber nicht im Fokus, da sie nur einzelne Produktsegmente besetzen und nicht so marktbeherrschend sind wie Microsoft.

    Open-Source-Versprechen

    Minister Seehofer sagte zu, bereits in diesen Tagen Gespräche mit Anbietern führen zu wollen. Man wolle der negativen Entwicklung in den nächsten Jahren unter anderem durch »Anforderungen an die Nutzungsbedingungen von Software, aber auch durch die konkrete Produkt- und Lieferantenauswahl« begegnen. Dabei soll der Einsatz von Open-Source-Lösungen eine wesentliche Rolle spielen. Die Vorgehensweise sei sowohl mit den Ländern als auch mit den europäischen Nachbarn abgestimmt.

    Limux jemand?

    Moment mal. Abgestimmt mit den Ländern? Was stimmt an diesem Bild nicht? Wo bleibt die Abstimmung mit den Städten? Stichwort München, ich erinnere noch gut die Posse von 2017, in der mit fadenscheinigen Begründungen und einem hohen Maß an nicht vorhandener Sachkompetenz Linux aus der Verwaltung der Stadt gekegelt und Microsoft der Kuchen zugeschustert wurde.

    Hüh und Hott

    Da kann ja wohl von Abstimmung keinerlei Rede sein, wenn Seehofers Parteigenosse und damals Münchner Vize-Bürgermeister Josef Schmid (CSU) und der bekennende Microsoft-Freund und erster Bürgermeister Dieter Reiter (SPD) genau das Gegenteil von dem durchsetzen, was Seehofer nun zu planen vorgibt.

    Im Anbetracht dieser Tatsachen wäre es für mich höchst verwunderlich, wenn bei Seehofers Plänen irgendetwas Bedeutsames herauskäme, was auch nur mal kurz in der Nähe von Open Source gesehen wurde.

  • Wie frei darf oder muss Freie Software sein?

    Mastodon Logo | Mastodon übt den Umgang mit freier Rede

    Diese Frage wurde in der letzten Woche vielerorts im Internet diskutiert. Der Anlass ist, dass der amerikanische Kurznachrichtendienst Gab auf die Fediverse-Plattform Mastodon migriert ist und nun mit mehr als einer Million Accounts den größten Knoten des als »freundliche Alternative zu Twitter« bezeichneten Mircoblogging-Dienstes darstellt.

    Gab als größte Mastodon-Instanz

    Gab dagegen wird oft als »Twitter für Rassisten« bezeichnet, da der Dienst unter dem Mantel der freien Rede monetäre Vorteile daraus zieht, rassistische und andere menschenverachtende Inhalte unmoderiert zu dulden und dem »Far Right Movement« in den USA eine Heimstatt zu bieten. Das ging so weit, dass etwa der Attentäter, der am 27. Oktober 2018 bei einem Anschlag in einer Synagoge in Pittsburgh elf Menschen tötete, seine Tat vorher auf Gab ankündigte.

    Duldung ist Wegschauen

    Der Dienst wird seither als Organisations- und Rekrutierungsplattform für rassistisch motivierten Terror betrachtet. Bei weitem nicht alle Gab-Nutzer sind dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen, aber nach unserem Verständnis in Europa dulden sie durch ihre Zugehörigkeit den Hass, der sich dort manifestiert.

    Mastodon bezieht Stellung

    Seit dem Umzug von Gab auf Mastodon ringt die Open-Source-Community um den richtigen Umgang mit der ungeliebten Plattform. Mastodon selbst bezog bereits am 4. Juli Stellung zu der Gab-Instanz und stellt klar, dass Mastodon in völliger Opposition zu Gab und deren Philosophie steht. So legen die Verpflichtungen für neue Instanzen auf Mastodon fest, dass auf joinmastodon.org nur Server aufgelistet werden, die sich zu aktive Moderation gegen Rassismus, Sexismus und Transphobie bekennen.

    Mastodon überlässt den Betreibern der einzelnen Instanzen die Entscheidung darüber, ob sie bestimmte Domains blockieren. Von dieser Möglichkeit macht nicht nur die Hauptinstanz mastodon.social, sondern auch viele weitere Instanzen Gebrauch. Durch die Bezahlung von Grundfunktionen, die auf Mastodon frei verfügbar sind, benachteilige sich Gab zusätzlich im Vergleich zu jeder Mastodon-Instanz, so die Stellungnahme von Mastodon.

    Freie Apps blockieren Domains

    Die Entwickler der Fediverse-Apps Tusky (Android) und Toot! (iOS) gehen noch einen Schritt weiter und blockieren in ihren Apps bereits im Anmeldebildschirm die Domains von Gab, sodass Gab-Nutzer diese Apps nicht nutzen können, ohne diese zu forken und die Blockade zu entfernen. Hier scheiden sich die Geister, ob Freie Software das darf. Auch purism.one hat gab.com blockiert

    Trotzt dieser Blockaden gibt es erste Berichte von beginnender Infiltration von Mastodon-Knoten durch Gab-Nutzer. Insgesamt herrsche derzeit ein »leicht paranoides Klima«, wie ein Administrator berichtete. Besonders die LGBT-Gemeinde, die von Twitter nach Mastodon umgezogen war, fühlt sich angesichts der Situation unwohl.

    F-Droid diskutiert kontrovers

    Über den Umstand der Blockade auf App-Ebene und die Gab-App wurde auch im Forum des alternativen Android-App-Stores F-Droid in den letzten Tagen kontrovers diskutiert. Dabei ging es auch um die Unterscheidung der Blocklademaßnahmen bei Mastodon als Dienst und der Blockade auf der Ebene von Open-Source-Apps. Das führte nun zu einer öffentlichen Erklärung, in der F-Droid erstmals in seiner fast zehnjährigen Geschichte politisch Stellung bezieht. Der Beitrag erklärt, warum F-Droid als ein Dienst, der Freie Software propagiert, die Gab-App für Android aus dem Katalog entfernt hat.

    Unverständlich!?

    Richard Stallman, Gründer der Free Software Foundation (FSF) äußerte sich auf Nachfrage zu dem Thema, ob Software als frei gelten kann, die Anwendern Restriktionen auferlegt. Stallman ist der Meinung, solche Restriktionen änderten nichts am Status als Freie Software, da ja dem Nutzer freisteht, die Restriktionen wieder zu entfernen. Der Fragesteller stellt in den Kommentaren klar, dass sei nicht die Antwort, die er von Stallman erwartet habe.

    Debian Free Software Guidelines

    Debian, eine der ältesten Linux-Distributionen ist in dieser Frage anderer Meinung und hat dies bereits 1997 in seinen Debian Free Software Guidelines (DFSG) klargestellt. Laut DFSG darf es für Freie Software keine Einsatzbeschränkung geben. Wenn jemand mit freier Software Massenvernichtungswaffen baut, so sei das hinzunehmen. Das findet auch seinen Ausdruck in der ersten der vier Freiheiten, die Freie Software laut der FSF definieren. Dort heißt es eindeutig

    Freedom 0: to use the work, for whatever purpose

    Freie Software oder nicht?

    Demnach sind aus meiner Sicht die beiden Apps, die die Gab-Domains blockieren keine Freie Software. Hier gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Ebenso gibt es keine Einigkeit beim Begriff »freie Rede«. Dabei muss man wissen, dass dieses Konzept in Deutschland juristisch und ideologisch anders definiert ist als freedom of speech in den USA, die durch den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten geschützt ist. Ein soziales Netzwerk wie Gab hätte dagegen bei uns keine Überlebenschance.

    Die Frage, die sich den Anhängern freier Software angesichts dieser Situation stellt ist: Wie frei muss oder wie restriktiv darf Freie Software sein? Wie denkt ihr darüber?

  • Ubuntu rudert im Kreis

    Ubuntu 18.04.1 LTS
    Bild: Ubuntu White | Quelle scarface94 | Lizenz: CC BY-2.0

    Aufgrund der massiven Kritik an der geplanten Entfernung der 32-Bit Plattform ab Ubuntu 19.10 im Oktober rudert Canonical nun im Kreis herum. Ubuntu-Entwickler Steve Langasek entschuldigt sich, wenn es Missverständnisse beim Thema 32-Bit gegeben habe. Die 32-Bit Plattform werde nicht fallen gelassen, sondern lediglich eingefroren.

    Umdeutung

    Dass es sich dabei schwerlich um ein Mißverständnis handelt, belegt schon die Überschrift der ursprünglichen Verlautbarung von Langasek an:

    i386 architecture will be dropped starting with eoan (Ubuntu 19.10)

    Was war passiert: Canonical hatte verkündet, die 32-Bit Plattform, beginnend mit Ubuntu 19.10 aus den Archiven zu entfernen. Anwender, die die Plattform brauchen, sollten darauf angewiesene Anwendungen in einem Container mit 18.04 laufen lassen oder eine virtuelle Maschine benutzen.

    Kein gangbarer Weg

    Das mag für einzelne Anwendungen funktionieren, die keine Umsetzung auf 64-Bit erfahren haben. Gamer werden sich damit kaum zufriedengeben. Und Nutzern von Wine zu empfehlen, in einer VirtualBox zunächst Ubuntu 18.04 und darin Wine zu installieren, um dann Windows-Anwendungen zu emulieren klingt auch nicht gerade so, als ob man sich damit Freunde machen könnte.

    Ubuntu 32-Bit eingefroren

    In der nun unterstützten Lesart sollen die 32-Bit Bibliotheken also nicht entfernt werden, sondern sie werden auf dem Stand von 18.04 LTS eingefroren, verharren also auf den alten Versionen. Darüber hinaus »habe man die Absicht, sicherzustellen, dass es eine klare Vorstellung davon gibt, wie betroffene Anwendungen inklusive Spielen auch nach 19.10 genutzt werden können«. Netter Satz, Herr Langasek.

    But there is every intention to ensure that there is a clear story for how i386 applications (including games) can be run on versions of Ubuntu later than 19.10.

    Im Klartext heißt das, dass einige Anwendungen, die ohne Updates nicht lange funktionieren werden, wie etwa Mesa, von Zeit zu Zeit aktualisiert werden sollen. Das wird aber für neue Hardware wie etwa aktuelle Grafikkarten nicht ausreichen, da diese bereits in 18.04 schlecht unterstützt werden.

    Zusammenarbeit im Vorfeld

    Es wäre sicherlich klug gewesen, vor einer solch weitreichenden Entscheidung und deren Verkündung enger mit den Entwicklern so wichtiger Anwendungen wie Wine und Steam zusammenzuarbeiten und nach tragbaren Lösungen zu suchen. Einem Gamer unter Ubuntu Container anzuempfehlen ist sicherlich keine solche Lösung.

    Falscher Lösungsansatz

    Offensichtlich hat das allgemeine Unverständnis bei Entwicklern von Wine und Steam sowie der betroffenen Anwender den Verantwortlichen bei Canonical klar gemacht, dass man hier eine Anwendergruppe abhängt, die im Netz eine lautstarke Lobby haben. Anstatt aber einzugestehen, dass man einen Fehler gemacht hat und voreilig gehandelt hat, kommt die Mär vom Missverständnis. Falsche Entscheidung.

    Diese Umdeutung der Tatsachen wird die Anwender der betroffenen Anwendungen nicht milder stimmen. Im Endeffekt erscheint mir die neue Auslegung schlimmer als die eindeutige Entfernung der Plattform. Ein Lösungsweg wäre die Adaption von Debians Multiarch-Ansatz. Das würde allerdings bedeuten, man muss die 32-Bit Bibliotheken weiter pflegen.

  • Openbook wird zu Openspace

    Die Macher des in der Entwicklung befindlichen sozialen Netzwerks Openbook erhielten gestern Post von den Anwälten von Facebook. Jetzt dürft ihr raten, was die wollten.

    Richtig, es ging um deren Namensrechte an dem Begriff Facebook. Aber Moment mal – es gibt doch gar keine Namensähnlichkeit außer, dass beide den Namensteil book verwenden!? Genau, dass sind diese meist rechteckigen Dinger, die weltweit in Geschäften und Bibliotheken stehen und seit Tausenden von Jahren Informationen auf Papier festhalten.

    Namensrecht auf »book«

    Ein ziemlich generischer Begriff also, mag man denken. Aber irgendwie ist es Facebook gelungen, diesen Begriff im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken namensrechtlich zu schützen. Unglaublich, aber wahr. Somit fand sich Openbook in der Situation, entweder mit Anwälten gegen Facebook vorzugehen oder seinen Namen zu ändern.

    Openbook wird zu Openspace

    Ersteres erledigte sich schon durch das Fehlen der nötigen finanziellen Mittel, vermutlich wäre es auch ein aussichtsloser Kampf gewesen. Natürlich war diese Situation nicht neu für die Macher, die einfach nur ein soziales Netzwerk wie ein »offenes Buch« aufziehen wollten.

    Falscher Zeitpunkt

    Bereits vor rund einem Jahr hatte Krypto-Guru Phil Zimmerman beim Gespräch mit Joel Hernández, dem Openbook-Gründer, die Situation vorhergesehen und den Namen Openspace ins Spiel gebracht. Zu dem Zeitpunkt hatte das soziale Netz in Gründung viel Presse und die Kampagne auf Kickstarter war in voller Vorbereitung. Somit war eine Namensänderung zu dem Zeitpunkt nicht durchführbar ohne viel Verwirrung zu stiften.

    Facebook hält die Konkurrenz klein

    Natürlich hat es eine gewisse Koketterie, provokant mit dem Namen Openbook an den Start zu gehen und es war nur eine Frage der Zeit, bis Facebook reagieren würde. Dass es zu so einem frühen Zeitpunkt passierte, spricht für sich. Nun heißt das Netzwerk eben Openspace, der Grundgedanke eines Ortes der Freiheit bleibt erhalten. Die Betaphase wird in Kürze mit dem neuen Namen eingeläutet. Das erklärte Joel Hernández heute in seinem Blog.

    Facepalm

    Netter Nebeneffekt: Unterstützer der Kickstarter-Kampagne, die ein Anrecht auf Perks erworben hatten, erhalten jetzt etwa Trinkflaschen mit Openbook-Aufschrift – und somit, wenn Facebook erst mal überholt ist, prädestinierte Sammlerobjekte. Scherz beiseite, Openbook wird zu Openspace. Was bleibt angesichts von Facebooks Aktion zu tun? Nichts außer Facepalm.

  • Purisms verfehlte Marketingaktion

    Purism schwächelt beim Marketing

    Wer dieses Blog verfolgt, weiß, dass ich die Firma Purism mit ihrem Konzept von freier Software und dem Schutz der Privatsphäre bei ihrer Hardware sehr schätze. Das gilt sowohl für die Notebooks Librem 13 und 15 als auch für das im 3. Quartal erwartete Linux-Smartphone Librem 5.

    Kaum substanzielle News

    In den letzten zwei Monaten gab es allerdings wenig substanzielle Nachrichten zum Librem 5, wenn man bedenkt, dass der Beginn des 3. Quartals nicht einmal mehr einen Monat entfernt ist. Anstatt dessen jetzt eine Veröffentlichung der Purism-Marketingabteilung, die voll nach hinten losgeht.

    Unsinniger Vergleich

    Dabei vergleicht Linux-Sensationsreporter Brian Lunduke die Bootzeit des Librem 5 Devkit mit der eines Android-Phones. Das Devkit benötigt 13 Sekunden, während das Android-Gerät 45 Sekunden braucht. Natürlich sind 13 Sekunden ein erfreulicher Wert. Was aber stimmt an diesem Bild nicht? Abgesehen davon, dass Bootzeiten bei Smartphones relativ unwichtig sind, da die Geräte selten neu gebootet werden, ist das HTC One sechs Jahre alt. Merke: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.

    Warum Bootzeiten vergleichen?

    Ernsthaft, Purism? Habt ihr das nötig? Aktuelle Android-Geräte starten genasuso schnell wie das Librem 5 und ihr nehmt ein 6 Jahre altes Gerät her und trefft damit welche Aussage? Genau, überhaupt keine. Wenn schon Vergleiche, warum dann nicht Akkulaufzeiten? Das hätte zumindest einen Aussagewert. Mit Aktionen wie dieser jedoch macht ihr euch nur lächerlich.

    Klare Worte nötig

    Liebe Leute bei Purism: Wenn ihr mehr Zeit braucht, um das Librem 5 fertigzustellen, so werde ich das verstehen und akzeptieren. Wenn ihr substanzielle Fortschrittsmeldungen habt, immer her damit. So interessiert es uns Vorbesteller vermutlich alle, welche Kameras das Gerät haben wird oder ob die drei GByte RAM nun beschlossene Sache sind. Aber bitte verschont uns mit solchem Nonsens wie diesem unsinnigen Vergleich.