Bedrock: der Linux-Fels

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Mitte Dezember erschien mit Bedrock Linux 0.7 »Poki« eine neue Version einer Linux-Distribution, die unter dem Motto »Eine, sie alle zu knechten« stehen könnte. Bedrock Linux ist kein Linux-Mainstream, blüht eher im Verborgenen, neue Hauptversionen gibt es nur alle paar Jahre.

Kaum Grenzen

Bedrock Linux bildet eine Basis, auf der Elemente aus fast beliebigen anderen Distributionen unterschiedlicher Architekturen, Paket- und Init-Systemen nativ und transparent im gleichen Dateisystem eingebunden werden können.

Als Beispiel lässt sich so auf der Basis von Bedrock ein Debian-Grundsystem installieren, dass dann mit Komponenten aus Arch Linux erweitert wird, um von dort aktuellere Software inklusive dem AUR zu nutzen. Ferner könnte Gentoos Portage eingebunden werden, um bestimmte Pakete automatisiert aus den Quellen zu bauen. Der Phantasie sind hier wenig Grenzen gesetzt.

Wilde Mischung

Init-Systeme wie SysVinit, Upstart, Runit oder Systemd können ebenso friedlich nebeneinander laufen wie 32- und 64-Bit-Systeme in der gleichen Partition. Alle installierten Distributionen und deren Anwendungen werden so eingebunden, dass sie annehmen an, in Ihrem nativen Betriebssystem zu agieren. Dabei bindet Bedrock das Home in alle installierten Distributionen ein, sodass jederzeit identischen Daten vorliegen.

Vereinfacht betrachtet bedient sich Bedrock dazu bewährter Unix-Prinzipien. Changed Roots (Chroots) und Bind-Mounts ermöglichen einen Großteil der Magie des Systems. Chroots lassen sich irgendwo zwischen Containern und herkömmlicher Virtualisierung verorten. Der größte Unterschied besteht darin, dass Changed Roots durchlässig agieren, während Container eher separieren. Mittels Bind-Mount erlaubt dann das System innerhalb des Chroots gestarteten Anwendungen, mit Dateien außerhalb der Chroot-Umgebung zu interagieren.

Nicht immer alltagstauglich

Aus dem bisher Gesagten sollte klar sein, dass Bedrock Linux für die wenigsten Anwender zum täglich produktiv genutzten Linux-System taugt. Für die kleine Entwicklerschar ist es eine konsequent weiterentwickelte Fingerübung und als solche sollte es zunächst auch der interessierte Anwender betrachten.

Bedrock Linux ist auch nicht in wenigen Minuten installiert. Der experimentierfreudige User sollte sich Zeit nehmen, die Dokumentation und die FAQ zu studieren, um das Prinzip von Bedrock in den technischen Einzelheiten zu verstehen. Die Installation des Grundsystems und die Ausgestaltung mit den gewünschten Komponenten aus anderen Distributionen verschlingt nochmals einige Stunden. Einige Instruktionen für die Installation verschiedener Distributionen in Bedrock finden sich auf der Webseite des Projekts.

Guter Lerneffekt

Die gesamte Dokumentation ist auf Englisch verfasst und recht anspruchsvoll. Einen Überblick auf Deutsch bietet ein Artikel aus meiner Feder im LinuxUser 04/2016. Wer gerne mit Linux experimentiert ist hier, ähnlich wie bei Linux from Scratch (LFS), gut bedient. Der Lerneffekt der internen Abläufe und Zusammenhänge bei Linux ist den Aufwand alle Male wert.

Kommentare

Eine Antwort zu „Bedrock: der Linux-Fels“

  1. Avatar von pux
    pux

    Hallo Herr Thommes,

    dem hier geschriebenen kann ich nur zustimmen.
    Es freut mich mal einen Bericht über Bedrock Linux zu lesen, da ich es selbst gerne zum Experimentieren verwende.
    Abgesehen davon ist das ein erstklassiges Projekt welches mehr Unterstützung verdient und somit jede Stimme hier im wilden Internet benötigt!

    Danke!

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