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München verjagt gerade den Pinguin, der daraufhin weiter nach Barcelona zieht. Hatten wir erst kürzlich über Freie Software in Europa berichtet, so gibt es nachträglich einen Zuwachs zu berichten. Die katalanische Hauptstadt will in den nächsten Jahren zunächst auf Open-Source-Anwendungen und anschließend auf Linux als Unterbau setzen.
Zweigeteilter Ansatz
Das berichtete kürzlich die größte spanische Tageszeitung El País. Demnach sollen im Jahr 2018 rund 70 Prozent des IT-Budgets der Stadt in Open-Source-Software investiert werden. Francesca Bria, die Kommissarin für Technologie und digitale Innovation im Stadtrat, sagte der Tageszeitung, der Übergang auf Open-Source-Anwendungen soll abgeschlossen sein, bevor das Mandat der derzeitigen Verwaltung im Frühjahr 2019 ausläuft.
Als Erstes sollen der Outlook Mail-Client und der Exchange Server durch Open-Xchange ersetzt werden. Es folgen Firefox und LibreOffice anstelle von Internet Explorer und Microsoft Office. Wenn dies abgeschlossen ist, fällt die Wahl vermutlich auf Ubuntu als Linux-Distribution, um Windows auf den Clients der Verwaltung zu ersetzen. Die Stadt Barcelona betreibt bereits jetzt rund 1.000 Desktops mit Ubuntu als Teil eines Pilotprojekts.
Barcelona unterstützt »Public Money, Public Code«
Barcelona ist mit diesem Projekt die erste Stadt, die sich der Kampagne Public Money, Public Code der Free Software Foundation Europe (FSFE) anschließt. Der Kampagne der FSFE liegt ein offener Brief zugrunde, der fordert, dass öffentlich finanzierte Software auch immer freie Software sein sollte. Dies unterstützt auch Kommissarin Bria, wenn sie gegenüber El País sagt: »Das Geld der Steuerzahler sollte in wiederverwendbare Systeme investiert werden, die dem lokalen Ökosystem offen stehen«
Mit der Open-Source-Strategie will die Verwaltung der Stadt Barcelona verhindern, dass weiterhin große Summen an Steuergeldern für Software-Lizenzen ausgegeben werden. Die Abhängigkeit von proprietären Anbietern, deren Verträge mit der Stadt zum Teil sei Jahrzehnten bestehen, soll beendet werden.
Quellcodes wiederverwenden
Darüber hinaus fördere Open-Source-Software die Wiederverwendung von Quellcode, so Bria. Anwendungen, die von der Stadt Barcelona entwickelt und öffentlich zugänglich gemacht werden, sollten auch anderswo weiterverwendet werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die 2012 in Barcelona entwickelte Sentilo-Plattform, ein Open-Source-Sensor- und Aktuatoren-Netzwerk, das mittlerweile auch von der spanischen Stadt Terrassa genutzt und mitentwickelt wird. Sentilo wird darüber hinaus in Dubai und Japan eingesetzt.
15 Jahre Freie Software in Spanien
Mit diesem Schritt könnte Barcelona das werden, was München hätte werden sollen – eine Stadt, die so weit als irgend möglich auf freie Software setzt. Spanien hat eine lange Tradition, wenn es um freie Software geht. So werden in der Extremadura als einer der ärmsten Regionen Spaniens bereits seit 2002 großflächig Debian-basierte Distributionen eingesetzt. Im Jahr 2012 wurden über 4.000 Schulen in Andalusien auf 220.000 Desktops mit Guadalinex, einem Ubuntu-Derivat, ausgerüstet.
Im Jahr 2014 hat die Verwaltung der spanischen autonomen Region Valencia Zahlen veröffentlicht, nach denen die Schulen der Provinz innerhalb der letzten Jahre mehrere Millionen Euro sparten, indem sie auf rund 110.000 Computern Linux einsetzen. Auch die ebenfalls autonome Region Galizien setzt weiterhin auf freie Software, wie ein neuer Aktionsplan 2017 erläutert. Dabei fällt auf, dass es größtenteils autonome Regionen sind, die in Spanien Open Source einsetzen. Ein Grund hierfür könnten kleinere Verwaltungen mit mehr eigenem Spielraum sein.
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