Studie zu Open-Source-Software und -Hardware in der EU-Wirtschaft

Quelle: Pressekit OFE

Das Fraunhofer Institut ISI und das OpenForum Europe (OFE) haben im Auftrag der Europäischen Kommission eine Studie über die Auswirkungen von Open-Source-Software (OSS) und Open-Source-Hardware (OSH) auf die europäische Wirtschaft erstellt. Die vor wenigen Tagen in Brüssel vorgestellte Studie kommt zu dem Schluss, dass Open-Source-Software geschätzt einen Beitrag von 65 bis 95 Mrd Euro zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Europäischen Union beiträgt und erhebliche Wachstumschancen für die digitale Wirtschaft in der Region verspricht.

Neue Open-Source-Industriepolitik gefordert

Der Bericht empfiehlt der EU, eine spezielle Open-Source-Industriepolitik zu verfolgen und sie in ihre wichtigsten politischen Rahmenwerke, wie den Europäischen Green Deal und den Artificial Intelligence Act zu integrieren. Er empfiehlt außerdem die Einrichtung eines europäischen Netzwerks von Regierungsstellen, das sich der Beschleunigung der Nutzung offener Technologien widmet und umfangreiche Mittel für Open-Source-Unterstützungsmechanismen und -Projekte bereitstellt, z. B. durch das Vorzeigeprogramm Horizont Europa mit einem Gesamtbudget von 95,5 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021-2027, und die Verfolgung der Richtung der offenen Innovation bei der Suche der Union nach digitaler Autonomie.

Tiefgreifender Kulturwandel notwendig

EU-Regierungen und Unternehmen haben das Potenzial von Open Source laut der Studie bereits erkannt und allein im Jahr 2018 über 1 Milliarde Euro in die Open-Source-Entwicklung investiert. Die Daten sagen voraus, dass bei einem Anstieg der Open-Source-Beiträge in der EU um 10 % zusätzlich rund 100 Mrd. Euro zum BIP der EU beigetragen werden können. Um von diesen Vorteilen zu profitieren, weisen die Forscher auf die Notwendigkeit eines tiefgreifenden Kulturwandels und erheblicher Investitionen in offene Technologien hin. Mehrere Regierungen der Mitgliedstaaten und EU-Institutionen haben bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen, und die Studie liefert den politischen Entscheidungsträgern nun die notwendigen Erkenntnisse, um ihre Bemühungen zum Nutzen der EU-Wirtschaft und Bürger umzusetzen.

Open Source als öffentliches Gut

OSS hat sich in den letzten zehn Jahren in allen Bereichen der Softwareindustrie durchgesetzt. Im Gegensatz dazu hinkt der Entwicklungsstand von OSH derzeit noch spürbar hinterher. Allerdings entwickelt sich das geschäftliche Ökosystem für OSH schnell. Wenn OSH die gleiche Entwicklung wie OSS durchläuft, könnte sie laut der Studie ein Eckpfeiler des künftigen Internet der Dinge (IoT), der Zukunft der Datenverarbeitung und der digitalen Transformation der europäischen Industrie am Ende des digitalen Jahrzehnts sein.

Der wichtigste Durchbruch der Studie ist die klare Einstufung von Open Source als öffentliches Gut. Dies zeige einen Paradigmenwechsel gegenüber dem früheren unüberbrückbaren Unterschied zwischen Closed und Open Source an und weise auf eine neue Ära hin, in der digitale Unternehmen mit Open-Source-Ressourcen aufgebaut werden, so die Studie.

Kommentare

13 Antworten zu „Studie zu Open-Source-Software und -Hardware in der EU-Wirtschaft“

  1. Avatar von MaximilianMustermann
    MaximilianMustermann

    Dem stimme ich zu. Ich sehe aber das Problem, dass es viele arbeitslose Programmierer geben wird wenn jetzt die professionellen Softwarefirmen zumachen weil jetzt alles open source wird. Das ist meines Erachtens nach auch ein Entwicklungshemmnis, weil dann ja die Konkurenz den code nimmt und einfach auch ein Produkt rausbringt. Dadurch werden keine Produkte mehr von professionellen Entwicklern mehr entwickelt. Zumal die Hacker auch leichtes Spiel haben dürften wenn der Code der öffentlichen Verwaltung offen ist. Dann sind alle Schwachstellen offen und die Wahlmanipulationen durch z.B. die Russen geht quasi automatisch.

    1. Avatar von Bernie

      Gegenbeispiel: Corona-Warnapp. Von den großen Playern organisiert und von Anfang an offen konzipiert. Hat Vertrauen und ist sicher.
      Luca-App? https://timeline.luca.fail
      Und niemand hindert mich daran, ein Patent einzureichen, wenn ich was super geniales programmiere. Das muß ich halt tun, bevor ich den Code veröffentliche. Aber dann zahlt die Konkurrenz eben LIzenzen an mich.

      1. Avatar von Kermet
        Kermet

        Patente sind viel schlimmer als proprietäre Software.

        Softwareideen kann man selber nachimplementieren, wenn die aber Patentgeschützt ist, dann geht das nicht mehr.

    2. Avatar von kamome
      kamome

      Schön, dass Du zustimmst „Maximilian“. Zu Deinen Einwänden:
      Du meinst, wenn Firmen schon eine nutzbare Software kostenfrei beziehen können, haben sie kein Interesse mehr, Software weiterzuentwickeln / weitere Software zu entwickeln? Das sieht bisher nicht so aus!
      Du meinst, offengelegte Software sei anfälliger als geschlossene? Das sieht bisher nicht so aus! (Außer auf dem Desktop führen Linux-basierte Betriebssysteme überall, meist mit Abstand.)

      1. Avatar von Kermet
        Kermet

        Du meinst, wenn Firmen schon eine nutzbare Software kostenfrei beziehen können, haben sie kein Interesse mehr, Software weiterzuentwickeln / weitere Software zu entwickeln? Das sieht bisher nicht so aus!

        Das wurde bewiesen.
        Stichwort Heartbleed Bug.

        Die Firmen nutzen openssl, aber stellten niemanden ab, der sich um dessen Sicherheit kümmerte.

        1. Avatar von kamome
          kamome

          Es gibt einige Software, die besser unterstützt werden sollte (auch öffentlich) – aber „dass es viele arbeitslose Programmierer geben wird wenn jetzt die professionellen Softwarefirmen zumachen weil jetzt alles open source wird“ ist einfach nur <unfeines Wort>.
          Es gibt Bedarf an Software, die muss geschrieben/verbessert werden, die Leute dafür müssen (zumindest bei komplexerer Software und unserem Wirtschaftssystem) dafür bezahlt werden – schön, wenn ich nicht alle meine (allgemeinere) Software komplett selbst bezahlen muss, sondern ich auch von den Bedürfnissen anderer profitiere. Es gibt doch einige Firmen (und viele Programmierer), die mit „OpenSource“-Software sehr gut verdienen!

    3. Avatar von tuxnix
      tuxnix

      Der Russe kommt. Das ist wie mit Hurd und dem Fusionsreaktor der ganz stabil immer noch 40 Jahre braucht um fertig zu werden.

      1. Avatar von juchtel
        juchtel

        Auf jeden kommt „der Russe“ noch bevor HURD kommt; wahrscheinlich kommt auch der WARP-Antrieb noch vor HURD 🙂

        1. Avatar von Kermet
          Kermet

          Der Warpantrieb kommt in 42 Jahren. Vorher kommt aber der Dritte Weltkrieg.

  2. Avatar von tuxnix
    tuxnix

    Wieso spricht da niemand von freier Software?
    Die positiven Effekte kommen doch erst auf, wenn die Freiheiten, sie weiterzugeben und sie für andere Zwecke anzupassen, gegeben sind.
    Und warum setzten die Politiker immer gleich Milliardenprojekte für irgendwelche Industrien an, anstatt in der öffentlichen Verwaltung mal schlicht LibreOffice einzusetzen?

    1. Avatar von Jonn
      Jonn

      Reiner Lobbyismus und Politiker/Verantwortungsträger die empfänglich dafür sind weil die keine Ahnung haben bzw. die weigern sich mit der Materie zu beschäftigen

    2. Avatar von perko
      perko

      Noch nie ist jemand gefeuert worden, weil er IBM gekauft hat. Auf die Feigheit der Schlipsträger ist Verlass.

    3. Avatar von Kermet
      Kermet

      Weil man nicht einfach LibreOffice einsetzen kann.
      Man muss die ganzen VB Helferlein und Makros, die die Angestellten für ihr MS Office programmiert haben ersetzen.

      Und dann muss man die Datei Importfilter von Libre Office verbessern und darauf testen, dass die alles fehlerfrei lesen können, was an Dokumenten beim Staat in all den Jahren angefallen ist.
      Allein diese Aufgabe das alles manuell zu untersuchen verschlingt Millionen, ist aber notwendig, wenn man von MS Office loskommen möchte.

      Und dann gibt’s noch sonstige Tools, die so eine Behörde benötigt.
      Bei der Software, die den Fingerabdruck einscannt und digitalisierst, wenn du dir einen neuen Reisepass machen lässt, fängt es an und beim Vermessungsamt geht’s weiter, dass die Daten von ihren Vermessungsgeräten irgendwie in die Open Source Datenbank übertragen soll.

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