Erfahrungsberichte: Meine Reise mit Linux von Losx

Linux, was soll dieses komische Betriebssystem?

Ich habe oft davon gehört, aber mich nie wirklich damit auseinandergesetzt. Windows und Apple waren für mich der Standard (habe aber immer nur Windows genutzt). Dann habe ich vor ca. 3 Jahren mal ein Youtube-Video von einem Herr Stallman gehört.

Kannte den gar nicht und hat mich einfach mal interessiert, worum es in dem Video so geht. Er berichtete von Überwachung durch Geräte (Alexa, …) und deren Gefahren. Das war eine kleine Offenbarung. Hatte mir vorher nie Gedanken über das Thema Privatsphäre gemacht und es war mir nicht bewusst, was durch Technik alles möglich ist.

Das Thema sackte dann etwas, ich habe zwei Jahre lang erst einmal nichts wirklich geändert, wusste ja auch nicht wie oder was. Aber in den zwei Jahren habe ich mich zunehmend mehr mit dem Thema Datenschutz beschäftigt, da ich durch das Video ein Gefühl dafür gewonnen habe, wie wichtig ein souveräner und bewusster Umgang mit den eigenen Geräten ist.

Letztes Jahr (bin jetzt 25 Jahre alt) habe ich dann den Entschluss gefasst, mein digitales Leben umzustrukturieren (Dropbox -> Nextcloud, Windows -> Linux, Photoshop -> Gimp, MS Office -> LibreOffice, …). Die Liste ist nicht erschöpfend. Es war ein langer und steiniger Weg, mit einigen Rückschlägen. Ich brauchte drei Anläufe um zu Linux zu wechseln, bin zwischendrin immer zu Windows zurückgekehrt. Ich habe gelernt, dass der Austausch von Programmen viel entscheidender sind als das eigentliche OS. Die Programme sind das, wo man bei einem Umstieg am meisten mit kämpft (andere Funktionen/GUI/Formate, …).

Man kann nicht alles gleichzeitig ersetzen, man muss jedes Programm einzeln ersetzen und sich langsam umgewöhnen, sonst steigt die Frustrationstoleranz und die Wahrscheinlichkeit zum alten System zurückzukehren. Mein Tipp an alle die mit Systemmigration in der Verwaltung/Betrieb zu kämpfen haben: Scheibchenweise Umgewöhnung 😉

Nachdem ich alle Programme erst einmal langsam einzeln unter Windows ersetzt habe, hat es dann beim dritten Anlauf auch mit dem OS geklappt. Der einzige Pain Point ist momentan nur noch Photoshop (da Gimp keine Adjustment Layer unterstützt), aber das Hobby “Bildbearbeitung” hat in den letzten Jahren eh abgenommen.

Ich lerne jeden Tag immer noch etwas Neues über Linux und bin überwältigt von den ganzen Vorteilen von freier Software und der Ideologie dahinter. Ich wollte eigentlich nur ein datenschutzfreundlicheres System, wurde aber mit vielen weiteren Mehrwerten beschert. Endlich verstehe ich viel mehr wie ein PC funktioniert, das wäre bei Windows nie passiert.

Seitdem achte ich auch bei allen anderen Geräten auf möglichst freie Software und habe eine Abneigung gegen Smart-TVs, Smartwatches und Co (die nicht frei sind, sich schwer reparieren lassen oder nicht gut konfigurierbar sind) entwickelt.

In diesem Sinne: Happy Birthday Linux!

Kommentare

17 Antworten zu „Erfahrungsberichte: Meine Reise mit Linux von Losx“

  1. Avatar von Matthias
    Matthias

    Hi Ferdinand,

    schöner Beitrag, sehr nachvollziehbar!

    Viel Erfolg beim Lernen und Souverän-Werden/Bleiben!

    M.

    P.S.: Viele der Arbeitsabläufe mit Einstellungsebenen lassen sich in Gimp gut ersetzen durch Transparenz-variierte Kombis aus bearbeitetem und originalem Material.

  2. Avatar von kai
    kai

    Datenschutz, oder die „Daten gehören mir, genauso wie der PC“ wird von vielen nicht verstanden.
    Man nimmt einfach alles hin, was einem angeboten wird – kritiklos.

    Deshalb hier ein großes Lob, wenn es mir denn zusteht.

    Randbemerkung:
    „…Ich habe gelernt, dass der Austausch von Programmen viel entscheidender sind als das eigentliche OS…“
    Äh, wie bitte ?
    Hier zeigt sich das wohl größte Mißverständnis, wenn es um Computer geht: Ein OS ist für Programme da, nicht umgekehrt.
    Anders gesagt: Ein OS ist im Prinzip so (un)interessant wie das Chassis eines Autos.

    Das Auto muß fahren, das ist es, wofür es konzipiert wurde.
    Ein PC muß sinngemäß für den Benutzer Arbeiten erledigen, mit Hilfe spezieller Programme. Auf welchem OS ist, wie gesagt, völlig schnuppe.

    Natürlich weiß ich auch, daß ein OS noch ein paar wichtige Dinge (u.a. Sicherheitsaspekte) mehr erledigen muß, als nur Programmen zu ermöglichen auf der jeweiligen Hardware zu funktionieren.
    Auch muß die „Haptik“, ich hätte beinahe „Chemie“ gesagt stimmen usw..(ach ja, der Preis auch)

    Es geht mir nur um’s Prinzip.

    Für das Smartphone gibt es eine ganze Reihe sehr gut funktionierender google-freier OS.
    Sehr gute Erfahrung habe ich mit e/OS/ gemacht.

    Kai

    1. Avatar von juchtel
      juchtel

      Randbemerkung:

      …Ich habe gelernt, dass der Austausch von Programmen viel entscheidender sind als das eigentliche OS…

      Äh, wie bitte ?

      Hier zeigt sich das wohl größte Mißverständnis, wenn es um Computer geht: Ein OS ist für Programme da, nicht umgekehrt.

      Kai, Du hast mMn nicht verstanden, was der Autor meint!
      Das Problem ist der Austausch von Anwendungsprogrammen; wenn Du statt MS-Office LibreOffice nehmen sollst, oder anstatt Photoshop Gimo.

      NATÜRLICH ist dass das Hauptproblem, und hat mit dem OS erstmal wenig zu tun!

      Das Missverständnis liegt also bei Dir!

      1. Avatar von Losx
        Losx

        Hallo, genau meinte es wie @juchtel gesagt hat. Es bezog sich z.B. darauf, zuerst die Programme zu ersetzen (MS-Office → LibreOffice) und sich daran zu gewöhnen. Das fällt dann viel leichter, als Programme + OS gleichzeitig zu wechseln oder sich mit Basteleien zurechtzufinden (MS Office in einer Windows-VM/unter Wine). War also eher eine Sache der Reihenfolge.

        @kai: und wenn das OS so unrelevant ist, könnte man ja auch einfach Windows nutzen, dann wäre die Debatte ja hinfällig 😉

  3. Avatar von Christian
    Christian

    Zum Thema Adjustment Layers vielleicht eine Lösung?
    https://graphicdesign.stackexchange.com/a/120412/53118

    1. Avatar von Losx
      Losx

      Das war auch die Lösung, die ich bisher im Kopf hatte. Leider kann man die Ebene im Slider nicht nachträglich anpassen, sondern muss dann die Kopie löschen und neu erstellen. Ok, vielleicht nicht so viel Aufwand, aber dadurch, dass Bildbearbteitung nichtlinear ist, ist es schwer eine Gesamtvorschau der Änderungen dadurch zu erhalten. Ist leider mehr ein Trial und Error.

      Wenn man nur ein Slider anpasst und z.B. nur die Helligkeit etwas dimmt, wäre das kein Problem. Aber bei komplexen Projekten mit bis zu 100 Ebenen und duzenden Gruppen, ist das eine etwas umständliche Lösung.

      Aber nach der Roadmap von Gimp, sind richtige Adjustment Layer hoffentlich bald Realität :)!

  4. Avatar von tuxnix
    tuxnix

    Da sagst du etwas sehr Wahres. Für den Umsteiger ist tatsächlich das OS weniger gewöhnungsbedürftig als der Umstieg bei den einzelnen Anwendungen. Deshalb ist es eigentlich auch ein Unding, dass man in Schulen, wo man früher einmal von Lehrmittelfreiheit sprach, Windows einsetzt, den Eltern damit einen Haufen unnötiger Kosten auferlegt und die Kinder zu Konsumenten eines bestimmten Produktes erzieht.
    Bei anderen Drogen möchte man doch auch keine Abhängigkeiten provozieren.
    Mein Glückwunsch für deinen bewussten Ausstieg und weiterhin viel Freude mit Linux.

    1. Avatar von juchtel
      juchtel

      Heutzutage ist es so, dass 95% aller Eltern auf ihren Rechner Windows haben, also bekommen die Kinder auch Windows auf ihre Rechner, und so wird es weiter gehen…. Immerhin können so die Eltern ihren Kindern wenigstens etwas helfen, wenn es zu Problemen mit dem PC kommt…

      Das ist die Realität, alles andere ist Träumerei

      1. Avatar von tuxnix
        tuxnix

        Realität ist aber auch, dass Microsoft intern schon längst auf Linux umgestiegen ist und das eigene OS nur noch braucht damit es die Leute auf dem Desktop nicht mitbekommen. 😉
        Was das Helfen angeht so ist das gerade beim PC oft umgekehrt und Kinder helfen ihren Eltern da mehr wie umgekehrt.

        1. Avatar von juchtel
          juchtel

          Und was haben nun die Schüler davon, was hat das mit Lernmittelfreiheit zu tun? Ich glaube, Du willst einfach nur dumm rumreden…
          Was MS intern macht, ist scheixx-egal; sie verkaufen Windows. Punkt.

          1. Avatar von tuxnix
            tuxnix

            Eigene Kinder sind das Armutsrisiko Nr.1 in Germany und Schule sollte jedem Kind gleiche Chancen geben. Die Abhängigkeit zu teuren Produkten verstößt gegen den Bildungsauftrag. Zumal Windows auch nicht das geeignete Werkzeug ist um zu Lehren was ein Computer ist.

    2. Avatar von Losx
      Losx

      Das ist leider in der Tat ein Henne-Ei-Problem. Gerade in den Schulen wäre es wichtig, Alternativen zu schaffen. Gerade, wo jetzt alle Schulen im Digitalisierungs-Wahn sind (Active Boards, iPads, …).

      Leider stößt man hier auf großen Widerstand, gerade bei Lehrern, die wahrscheinlich meistens Windows gewöhnt sind. Kommt da etwas politisch mit Druck von „oben“ (Schulministerium, Länder, …), gibt es eine Beschwerdewelle. Und um die Lehrer individuell zu schulen, gibt es wahrscheinlich zu wenig Personal. Da möchte keiner die Verantwortung übernehmen, deshalb entscheidet man sich für die schnelle Windows-Lösung. Mir fällt für dieses Dilemma leider auch keine Antwort ein.

      Ich kenne das doch selbst zu gut aus dem Privatleben. Habe schon bei mehreren Personen versucht, Windows zu ersetzen (Mutter, Großeltern, …). Doch schon nach wenigen Tagen gab Beschwerden, dass ja der „blaue Knopf nicht mehr da ist, wo er vorher war“ oder anstatt eckige nun runde Buttons dort sind. Soll meinen, dass viele Leute leider so fest gefahren sind, was sie von einem OS seit 20-30 Jahren gewöhnt sind, dass sie sich nicht ändern wollen (bzw. möchten). Bzw. ihre Bereitschaft sich ändern zu wollen bzw. das neue System zu verstehen, grenzt gegen 0. Es wird vorausgesetzt, das alles haargenau gleich aussieht und gleich klappt. Schon bei geringstem Widerstand, wird frustriert das Handtuch geworfen.

      Innerhalb meiner Familie kann ich dabei noch unterstützen, aber die gleichen Probleme muss man mal auf die ganzen Schulen in Deutschland skalieren. Wirklich schwierig zu lösen.

      1. Avatar von Jens
        Jens
        Ich kenne das doch selbst zu gut aus dem Privatleben. Habe schon bei mehreren Personen versucht, Windows zu ersetzen (Mutter, Großeltern, …). Doch schon nach wenigen Tagen gab Beschwerden, dass ja der “blaue Knopf nicht mehr da ist, wo er vorher war” oder anstatt eckige nun runde Buttons dort sind. 
        

        Genau so ist es! Ich habe meinen Eltern Linux installiert. Das ging ruck-zuck. Dann habe ich einen Tag lang benötigt, um das Aussehen auf das bisher gewohnte Windows 7 umzustellen. Seitdem läuft auf einem i5 3. Generation Linux sauber ohne murren. Für den Umstieg auf Windows 10 hätte ich in neue Hardware investieren müssen (mindestens SSD).

      2. Avatar von tuxnix
        tuxnix

        Das sehe ich genauso. Wobei, es gibt schon auch sehr fitte Lehrer die da was umsetzen, aber für das Groh müsste die Weisung dann schon von oben kommen und die kommt eben nicht. Der Lehrer der auf eigene Initiative etwas unternimmt muss viel Freizeit rein stecken und wird dann oft sehr schnell zwischen Entern, Schülern und Behörde aufgerieben.
        Und ja, das aller Schlimmste ist, wenn ein geliebter Button mal wo anders ist.
        Das betrifft selbst die Linux User. Oh Gott wenn der Firefox mal ein wenig das Design ändert, dann ist auch hier was los.

        1. Avatar von Bernie

          … Solange der Firefox nicht Funktionen wegläßt oder unerreichbar versteckt …

          Aber zurück zum Thema: zwei bekennende DAUs im Bekanntenkreis nutzen seit Jahren Linux, einer meinte ’ne Woche, nachdem ich ihm den neuen Rechner gebracht habe (der alte mit WinXP war kaputt):

          Ich merk nicht, daß was anders ist.

          Aber ich hab’s auch so gemacht wie der Autor: zu Win-Zeiten hab ich denen schon Firefox, Thunderbird, (damals) Open Office etc. „untergejubelt“, da war der Schritt zu Linux dann nur klein und fast unbemerkt.

          Und im Übrigen gilt:

          wo „smart“ draufsteht, ist Überwachung drin …

          1. Avatar von tuxnix
            tuxnix

            Klasse! 😉

        2. Avatar von kamome
          kamome

          für das Groh

          Ist das so was wie https://www.grohe-bier.de/start.html ? 😉

          wenn der Firefox mal ein wenig das Design ändert, dann ist auch hier was los.

          Da gibt es Sachen, die sich einfach mal ändern, ohne an der Funktionalität was zu ändern (kann dennoch als gut oder schlecht empfunden werden) – dem sollte man ruhig eine Chance geben; aber es gibt auch Änderungen, die die Benutzbarkeit verschlechtern, dann darf man sich schon mal aufregen, oder? 😉

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