Fedora berät über Btrfs als Standard-Dateisystem

Fedora 33

Seit einigen Tagen wird auf der Fedora Mailingliste ein Vorschlag diskutiert, mit dem für den Herbst erwarteten Fedora 33 Btrfs anstatt Ext4 als Standard-Dateisystem für die Fedora Workstation auszuliefern. Der Vorschlag wird nicht nur von langjährigen Fedora-Entwicklern wie Neil Gupta unterstützt, sondern auch von Btrfs-Maintainer Josef Bacik, der bei Facebook mit für Btrfs verantwortlich ist.

Besser als sein Ruf

Btrfs hat über die Jahre einen schlechten Ruf erworben. Es gab viele Probleme, die teils sogar mit Datenverlust einhergingen. Auch die fehlenden oder qualitativ schlechten Tools zur Problemanalyse und -behebung standen in der Kritik. Damit hat die einst als das kommende neue Standard-Dateisystem für Linux gehandelte Software viel von ihrem Renommee verloren.

Seit Jahren im Einsatz

Andererseits setzen openSUSE und SUSE das Dateisystem seit 2014 als Standard ein. Bei Facebook laufen Millionen Server mit einfachen Consumer-SSDs auf Btrfs. NAS-Distributionen wie Rockstor oder die Software von NAS-Hersteller Synology und einiger anderer setzen ebenfalls darauf.

Ist der Ruf erst ruiniert…

Eines der Probleme von Btrfs heute ist, dass ein angekratzter Ruf schwer zu revidieren ist, da helfen die gebetsmühlenartig wiederholten Berichte aus der Vergangenheit nicht. Dabei ist das Dateisystem laut Meinung vieler Entwickler heute um einiges besser als sein Ruf. Lediglich bei RAID5/6 gibt es noch Probleme, die aber zum Teil auch an der Implementierung dieses RAID-Levels liegen.

Btrfs hat gegenüber dem derzeit bei Fedora genutzten Standard LVM + ext4 unbestreitbare Vorteile, allen voran native Subvolumes, Crc32c-gestützte Checksummen, transparente Kompression, Deduplikation und Resizing. Hinzu kommen Snapshots, die auf einzelne Subvolumes begrenzt werden können.

Erster Versuch

Fedora und Red Hat haben eine wechselvolle Geschichte, wenn es um das Next-Gen-Dateisystem geht. Bereits 2011 sollte Btrfs mit Fedora 16 zum Standard werden, jedoch fand dies auch mit den Ausgaben 17 und 18 keine Mehrheit in Fedoras Steuerungskomitee FESCo.

Bei Red Hat wurde das unter RHEL 6 als technische Vorschau eingeführte Dateisystem Btrfs nicht in RHEL 7 übernommen, sondern von XFS ersetzt. Gleichzeitig startete Red Hat auf dessen Basis die Entwicklung von Stratis als neuem Storage-System.

Als Gründe für den Umstieg gab Red Hat den berüchtigten »out of disk space« Fehler an, der es bereits in die offizielle FAQ geschafft hatte, sowie Probleme mit den Balance Filtern für Metadaten. Zudem soll OverlayFS nach einer Auswertung bei Red Hat schneller beim Erstellen und Entfernen von Docker-Containern sein als Btrfs.

Kein Entwickler an Bord

Red Hats Entscheidung ist nachvollziehbar, wenn man weiß, dass mit Josef Bacik bereits 2012 der einzige Btrfs-Entwickler auf Red Hats Besoldungsliste das Unternehmen verließ, um 2013 zusammen mit Btrfs-Vater Chris Mason bei Facebook anzuheuern, wo seitdem der Schwerpunkt der Weiterentwicklung liegt.

Die Diskussion bei Fedora beginnt gerade erst und es wird spannend zu sehen, ob Fedora diesen Schritt für das im Oktober erwartete Fedora 33 geht, obwohl Red Hat Btrfs 2017 den Laufpass gegeben hat.

Kommentare

23 Antworten zu „Fedora berät über Btrfs als Standard-Dateisystem“

  1. Avatar von tux.

    „Ist der Ruf erst ruiniert…“ hat die Linuxwelt auch nicht vor System bewahrt. Schade, schade.Zu XFS: Ich halte es für die überlegene Variante. btrfs ist ein totes Pferd.

    1. Avatar von RipClaw
      RipClaw

      Ich habe zu XFS ein angespanntes Verhältnis und nebenbei bemerkt zu ReiserFS auch. Ich habe einfach zu oft gesehen wie diese beiden Dateisysteme über den Jordan gegangen sind wenn auf der Platte ein paar defekte Sektoren auftreten. Zudem hat XFS die schlechte Angewohnheit bei größeren Dateien nur Datenmüll zu hinterlassen wenn mitten während des Schreibens der Rechner die Segel streicht z.B. weil der Strom ausfällt.

      Für BtrFS hatte ich nie einen Verwendungszweck da ich die erweiterten Fähigkeiten nie benötigt habe. Ich hab es mal testweise auf einer virtuellen Maschine ausprobiert aber nie für den Produktiveinsatz. Für das was ich brauche reicht ext4 aus.

      1. Avatar von Ferdinand

        Die Snapshots, gemanaged von Snapper bei openSUSE sind schon nicht schlecht, auch wenn ich dafür kein SUSE fahren würde.

        1. Avatar von Andre
          Andre

          Snapper läuft auch auf nicht-Suse Systemen, wenn man so möchte. Auf Neon (Lolbuntu 18.04 Basis) gibt’s sogar einen (optionalen) apt-hook, den man sich zusätzlich einschalten kann. Dann wird bei jedem dist-upgrade ein Snapshot durchgeführt.

          1. Avatar von Ferdinand

            Dazu habe ich 2019 einen Artikel für den LinuxUser verfasst. Wenn ich mich recht erinnere, war ich damals noch nicht ganz überzeugt.

      2. Avatar von Alex
        Alex

        Ich habe einfach zu oft gesehen wie diese beiden Dateisysteme über den Jordan gegangen sind wenn auf der Platte ein paar defekte Sektoren auftreten.

        Das ist bei BtrFS übrigens nicht anders. Eigentlich brauche ich BtrFS auf dem Desktop nicht, es wurde halt bei openSUSE Leap standardmäßig mitinstalliert. Nach einiger Laufzeit traten mit meiner schon etwas älteren Festplatte im laufenden Betrieb Fehler auf, die bis zum Komplettabsturz führten. Nachdem ich dann auf EXT4 umgestellt habe, traten keine Probleme mehr auf.
        Übrigens verwendet openSUSE für /home XFS und damit habe ich seltsamerweise noch nie Probleme gehabt.
        @tux: Meintest Du vielleicht „ZFS“ anstelle von „XFS“?

  2. Avatar von Julius

    Ich benutze BTRFS seit einiger Zeit auf meinem homeserver und kann nicht klagen. Performance stimmt, Entfernen und Hinzufügen von Laufwerken im laufenden Betrieb ist auch praktisch sowie mittels scrub die Integrität zu überprüfen und sicherzustellen.

    Bei ZFS hat man die Lizenzproblematik, bei BTRFS halt wenige fehlenden Features. Da ich die Lizenzproblematik nicht für lösbar halte, nutze ich BTRFS.

    1. Avatar von Tronde

      Was die Lizenzproblematik betrifft, sehe ich das ähnlich wie du. Hinzu kommt, dass mach meiner Kenntniss OpenZFS nicht den gleichen Funktionsumfang wie das unter Solaris 11 verwendete ZFS hat.

      Ich wünsche mir ein Dateisystem mit möglichsten vielen Funktionen von ZFS. Der Fokus sollte in meinen Augen auf Datenintegrität und Verfügbarkeit liegen. Wenn Btrfs in Teilen stabil ist, würde ich mich freuen, wenn nur die stabilen Teile in eine Distribution übernommen werden und die instabilen wie z.B. RAID 5/6 nicht verfügbar sind. Das reduziert das Risiko, mit unstabilen Funktionen Schiffbruch zu erleiden.

      1. Avatar von Stefan
        Stefan

        Hallo, dann schau die mal bcachefs an, es ist zwar noch nicht im Kernel aber schon durchaus nutzbar – wenngleich es noch nicht für den Produktiveinsatz ist

        1. Avatar von Ferdinand

          Dann gibt es da noch NILFS, seit 15 Jahren im Kernel, aber nicht sehr weit verbreitet.

    2. Avatar von Alex
      Alex

      „Ich benutze BTRFS seit einiger Zeit auf meinem homeserver und kann nicht klagen.“
      Offensichtlich gibt es Hard-/Softwarekombinationen wo BtrFS ohne Probleme läuft und ebenso Kombinationen wo es nachweislich nicht läuft. Ich habe z.B. noch nie davon gehört das es auf dem Server nicht läuft?

  3. Avatar von Atalanttore
    Atalanttore

    Für ewiggestrige Linux-Nutzer ist Btrfs genauso wenig geeignet wie systemd oder Wayland. Fedora ist aber keine Distribution für ewiggestrige Linux-Nutzer.

    1. Avatar von Ferdinand

      Gut gebrüllt, Löwe 🙂

      1. Avatar von Atalanttore
        Atalanttore

        PulseAudio habe ich noch vergessen. Software mit Beteiligung von Lennart Poettering geht bei ewiggestrigen Linux-Nutzer generell gar nicht.

        1. Avatar von Toras
          Toras

          Gerade Poettering und Wayland bringen den Desktop voran

    2. Avatar von tux.

      Nicht Ewiggestrige haben bereits das Upgrade auf BSD vollzogen.

      1. Avatar von Atalanttore
        Atalanttore

        Nachdem Linux auf Standard-Hardware nun mehrheitlich problemlos läuft, würde ich den Wechsel auf BSD mit geringerer Hardwareunterstützung nicht als „Upgrade“ bezeichnen.

        1. Avatar von tux.

          Doch, das „mehrheitlich“ macht eben den Unterschied.

  4. Avatar von DarkVater
    DarkVater

    Ich nutze nun schon seit 20 Jahren SuSE. Letztens bin ich wieder auf ext4 umgestiegen. Wenn wenigstens 1 mal im Jahr die „Festplatte voll“ Meldung kommt und ich dann in der Konsole mit den tollen Tools manuell rumpfuschen muss, geht das gewaltig auf den Sack. Beim letzen Mal ging gar nichts mehr, Reparatur fehlgeschlagen weil irgendwas inkonsistent. Setzen, Sechs! So was darf nicht passieren. Ich will im besten Fall von meinem Filesystem nichts mitbekommen, das soll einfach machen. Punkt. Für einen Laien ist sowas eine Zumutung, das passiert einmal dann sagt der: Linux ist der letzte Sch…

    1. Avatar von tuxflo

      Wann hast du dieses Verhalten festgestellt? In den letzten Jahren hat sich so einiges an Btrfs getan und in dem Artikel geht es ja genau darum, dass sich eine Menge bei den Filesystem getan hat und man eben nicht von Erfahrungen die man vor einer Weile mal gemacht hat auf die aktuelle Version schließt.

      1. Avatar von nur_kurz
        nur_kurz

        es gibt einen ganzen bug cluster zu btrfs und openSuse.
        Ich selbst habe es 2 mal probiert, auf meinem Notebook, und 2 mal bereut da das system einfach reproduzierbar stillstand, zumeist nach längeren off Zeiten.
        Mag sein das btrfs toll is für Server, bei Notebooks hab ich so meine Zweifel
        https://bugzilla.suse.com/show_bug.cgi?id=1063638

      2. Avatar von DarkVater
        DarkVater

        Das ist erst ein paar Wochen her, welche Version ich hatte – keine Ahnung. Ich habe keine Lust, mich mit solchen Details zu beschäftigen. Wenn die Frau den Rechner anschaltet und es kommt nur ein schwarzer Bildschirm weißt du, dass sowas nicht passieren darf 😉

    2. Avatar von Alex
      Alex

      Ich nutze nun schon seit 20 Jahren SuSE. Letztens bin ich wieder auf ext4 umgestiegen.

      Genau so habe ich es auch gemacht und seitdem ist Ruhe im Karton. Allerdings benötige ich den Funktionsumfang von BtrFS auf dem Desktop auch nicht wirklich.

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