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Der Markt der mobilen Betriebssysteme wird dominiert von Android und iOS. Daran etwas zu ändern wird schwierig bis unmöglich werden. Das hat nicht einmal Zuspätkommer Microsoft mit all seiner Marktmacht geschafft. Das heißt nicht, dass nicht immer wieder versucht werden sollte, ein weiteres, bevorzugt freies mobiles Betriebssystem auf möglichst freier Hardware in den Markt zu drücken. Ungeachtet der Misserfolge von MeeGo, Tizen oder Ubuntu Touch startet das US-Unternehmen Purism derzeit einen neuen Versuch mit den besten Vorsätzen. Freie Software auf freier Hardware soll es werden. Die geplante Hardware ist von der Leistung her durchaus akzeptabel. Android-Apps werden nicht unterstützt, Linux-Distributionen schon. Der Preis von 600 US-Dollar ist meiner Meinung nach noch vertretbar. So weit, so gut.
Zuerst Fakten, dann Kampagne
Ich bin allerdings der Meinung, das Purism das Pferd von hinten aufgezäumt hat. Eine Schwarmfinanzierung läuft seit rund drei Wochen und steht derzeit bei $363.511 oder 24,23 Prozent der angestrebten $1,5 Mio. Das ist zu wenig. Zu Beginn der Kampagne war in der Beschreibung zu lesen, das Betriebssystem für das Librem 5 solle mit dem GTK-Framework und GNOME erstellt werden. Daran gab es von Anfang an Zweifel, denn GNOME verfügt bisher über keine Grundlagen für ein mobiles OS und der Bedarf an GNOME-Entwicklern und Designern wurde aus berufenem Munde über den Verlauf mindestens eines Jahres auf mehr als ein Dutzend eingeschätzt. Ob die Erwartung von Purism, das stemmen zu können realistisch war, ist zumindest zweifelhaft.
KDE und GNOME gegen Android und iOS
Vor einigen Tagen dann das Einlenken. Ab sofort wird auch KDE mit Plasma Mobile in die Entwicklung eingebunden. Plasma Mobile lässt sich bereits auf mehreren käuflichen Smartphones installieren, auch wenn es noch nicht zum täglichen produktiven Einsatz taugt. Aber immerhin, es läuft, und die Zusammenarbeit mit Purism bei der Anpassung an das Librem 5, so es denn zustande kommt, könnte der Entwicklung zusätzliche Entwickler und entscheidende Anstöße bringen
Nun bin ich sowieso schon immer bei Qt und KDE zu Hause, aber auch wenn das nicht der Fall wäre, so spräche für mich die Logik für Plasma Mobile als den geeigneteren Ansatz. Aber Purism, die mit ihren Linux-Notebooks Librem 13 mit Coreboot und Librem 15 vor allem in den USA erfolgreich sind, legen sich jetzt noch nicht fest. Erst rund einen Monat nach dem Ende der Kampagne soll entschieden werden, welcher Ansatz sich auf dem Librem 5 als Betriebssystem wiederfindet.
Best of both Worlds
Der best-of-both-worlds-Ansatz scheint auf den ersten Blick attraktiv, lässt aber meines Erachtens den potenziellen Käufer außen vor. Eigentlich geht es ja ideologisch um das große Ganze, also ein erfolgreiches freies Smartphone, das neue Strukturen entstehen lässt und Linux endlich auf mobilen Plattformen verankert. Dem steht aber die menschliche Natur entgegen, die gerne ihre Vorlieben bedient sieht. Zudem möchte man wissen. wofür man $600 ausgibt. Ich kann es ja an mir selbst beobachten. Für ein Librem 5 mit Plasma Mobile hääte ich längst die Kreditkarte gezückt, bei der derzeit unklaren Lage habe ich bis heute morgen gezögert. Und das wird nicht nur mir so gehen.
Mehr Fakten – weniger Geschwafel
Hatte sich Purism mit der Ankündigung von KDE als zusätzlichem Partner einen Schub bei der Kampagne erhofft, so ist dieser zumindest noch nicht eingetreten. Der Stand lag vor der Ankündigung bei rund 20 Prozent, jetzt sind es 24. Ein Weg, mehr Käufer zu gewinnen wäre vermutlich gewesen, zusätzliche Informationen zu Apps, Update-Verfahren und ähnlichem zu veröffentlichen anstatt Marketing-Gewäsch abzusondern wie etwa die Aussage von Purism-CEO Todd Weaver, der Plasma Mobile zutraut, das duale System von Android unbd iOS zu knacken. Solche Aussagen sind nicht hilfreich.
„Plasma Mobile will become a serious contender that may break the current duopoly.“ Todd Weaver, Purism CEO
Lydia Pintscher als Präsidentin des KDE e.V. bleibt dagegen auf dem Boden und verspricht sich den Start ins reele Leben für Plasma Mobile:
„Partnering with Purism will allow us to ready Plasma Mobile for the real world and integrate it seamlessly with a commercial device for the first time. The Librem 5 will make Plasma Mobile shine the way it deserves.“
Die Chance auf ein Gelingen dieses Unterfangens erscheint mir trotzt der offensichtlichen Fehler bei der Planung persönlich als realistisch gegeben. Ich werde mein Teil dazu tun, meine Vorliebe für KDE überwinden und dem amerikanischen Spruch folgen: Put your money where your mouth is. Ich bitte jeden, der von sich glaubt, später mal ein Librem 5 erwerben zu wollen, es mir jetzt gleichzutun, um diese Chance für Linux auf mobilen Plattformen nicht vorüberziehen zu lassen. Es wäre schade drum. Das ist meine Meinung zum Librem 5, lasst mich eure in den Kommentaren wissen.
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