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Der beliebte E-Mail-Client Thunderbird soll 2020 eine neue Heimat, mehr Entwickler und eine verbesserte Nutzerschnittstelle erhalten. Das geht aus Nachrichten der letzten Tage hervor.
Umzug ins eigene Haus
Im Verlauf der letzten Woche wurde auf dem Blog des Projekts mitgeteilt, dass Thunderbird nun endgültig das Dach der Mozilla Foundation verlassen und in einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Mozilla Foundation, der MZLA Technologies Corporation, weiterentwickelt wird.
Über Jahre abgewickelt
Thunderbird war in den letzten acht Jahren das ungeliebte Stiefkind der Mozilla Foundation, nachdem die Vorstandsvorsitzende Mitchell Baker geäußert hatte, Thunderbird sei ausentwickelt. Die Foundation wollte sich auf Firefox konzentrieren, stellte aber weiterhin die logistische und juristische Basis für das Projekt. Die Entwicklung wurde daraufhin von der Community übernommen.
Durch vermehrtes Spendenaufkommen konnten in den letzten Jahren insgesamt zehn Vollzeitkräfte beschäftigt werden, weitere sollen jetzt folgen. Somit stand Thunderbird entwicklungstechnisch bereits auf eigenen Beinen. Die jetzige Ausgliederung kappt nun auch die logistischen und juristischen Bande.
Auf eigenen Füßen
Damit verbinden die Entwickler die Hoffnung, den Nutzern weitere Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die unter der Mozilla Foundation so nicht möglich waren. Es sollen Einnahmen durch Partnerschaften und aus weiteren Spendenquellen erzielt werden, die zur Deckung der Kosten für neue Produkte und Dienstleistungen verwendet werden können. Als Steuerungsinstanz des Open-Source-Projekts dient weiterhin das Thunderbird Council. Details über die Planung neue Dienste und Produkte sollen in den nächsten Monaten folgen.
Vortrag erläutert Pläne
Nähere Informationen zur Entwicklung von Thunderbird selbst gab es am Wochenende auf der Entwicklerkonferenz FOSDEM, wo Thunderbird-Community-Manager Ryan Sipes in einem Vortrag über die nähere Zukunft des E-Mail-Clients sprach. Leider habe ich es in diesem Jahr nicht zur Konferenz geschafft, aber Linux-Kollege Sebastian Grüner hat den Vortrag auf Golem zusammengefasst.
Demnach nutzen täglich mindestens 10 Millionen Menschen den Donnervogel zur Bewältigung ihres E-Mail-Verkehrs. Einige Pläne zur Verbesserung der auch in den Augen von Sipes mit Schwächen behafteten Anwendung bestehen bereits seit der Planung für 2019.
Tiefgreifende Änderungen
Demnach soll Thunderbird eine Multi-Prozess-Architektur analog zu Firefox erhalten und die Verschlüsselung soll fester Bestandteil der Software werden. Die Anwendung dieser wichtigen Funktion soll so vereinfacht werden, dass Anwender ihre Mails leichter signieren und verschlüsseln können. Der Kalender soll auf JavaScript umgestellt und das Adressbuch neu geschrieben werden.
Die mit Thunderbird 68 eingeleitete Umstellung des Add-on-Systems von dem veralteten XUL auf die auch bei Firefox verwendeten WebExtensions soll mit Thunderbird 78 im Juni 2020 abgeschlossen sein.
Neuer Look
Darüber hinaus soll Thunderbirds Erscheinungsbild neu gestaltet werden. Mockups dazu will Sipes demnächst online stellen. Weitere Pläne sehen eine intelligentere Bearbeitung von Mails ebenso vor wie interaktive HTML-Widgets und ein Modul, dass ähnlich dem von KDEs Reiseplaner Itinerary arbeitet. Diese und andere Pläne für Thunderbird 78 und darüber hinaus sind der Roadmap des Projekts entnehmbar.
Große Pläne…
Das sind große Pläne, es bleibt abzuwarten, wie lange die Umsetzung dauern wird. Kritik gab es letzte Woche bereits an den geplanten, aber noch nicht näher definierten Dienstleistungen, wobei Parallelen zum ungeliebten Firefox Pocket gezogen wurden.
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