Hüh und Hott in der Bundes-IT

Magdeburger Halbkugeln | Briefmarke der DDR 1969 | Lizenz: gemeinfrei

Horst Seehofer, Bundesminister des Innern, verspricht in einer aktuellen Presseerklärung, die digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren stärken zu wollen. Anlass der Beschäftigung mit diesem Neuland-Thema ist eine vom Bundesministerium des Innern in Auftrag gegebene Marktanalyse, die im letzten Monat veröffentlicht wurde.

Technologieabhängigkeit

Die Studie kritisiert die zunehmende Technologieabhängigkeit der Öffentlichen Verwaltung in Deutschland, aber auch in Europa. Im Mittelpunkt der Analyse stand, wenig verwunderlich, Microsoft und deren Produkte Microsoft Office, Windows, Windows Server und Office 365. Aber auch andere Unternehmen wie Oracle oder SAP werden in der Studie erwähnt, stehen aber nicht im Fokus, da sie nur einzelne Produktsegmente besetzen und nicht so marktbeherrschend sind wie Microsoft.

Open-Source-Versprechen

Minister Seehofer sagte zu, bereits in diesen Tagen Gespräche mit Anbietern führen zu wollen. Man wolle der negativen Entwicklung in den nächsten Jahren unter anderem durch »Anforderungen an die Nutzungsbedingungen von Software, aber auch durch die konkrete Produkt- und Lieferantenauswahl« begegnen. Dabei soll der Einsatz von Open-Source-Lösungen eine wesentliche Rolle spielen. Die Vorgehensweise sei sowohl mit den Ländern als auch mit den europäischen Nachbarn abgestimmt.

Limux jemand?

Moment mal. Abgestimmt mit den Ländern? Was stimmt an diesem Bild nicht? Wo bleibt die Abstimmung mit den Städten? Stichwort München, ich erinnere noch gut die Posse von 2017, in der mit fadenscheinigen Begründungen und einem hohen Maß an nicht vorhandener Sachkompetenz Linux aus der Verwaltung der Stadt gekegelt und Microsoft der Kuchen zugeschustert wurde.

Hüh und Hott

Da kann ja wohl von Abstimmung keinerlei Rede sein, wenn Seehofers Parteigenosse und damals Münchner Vize-Bürgermeister Josef Schmid (CSU) und der bekennende Microsoft-Freund und erster Bürgermeister Dieter Reiter (SPD) genau das Gegenteil von dem durchsetzen, was Seehofer nun zu planen vorgibt.

Im Anbetracht dieser Tatsachen wäre es für mich höchst verwunderlich, wenn bei Seehofers Plänen irgendetwas Bedeutsames herauskäme, was auch nur mal kurz in der Nähe von Open Source gesehen wurde.

Kommentare

5 Antworten zu „Hüh und Hott in der Bundes-IT“

  1. Avatar von Alf
    Alf

    Es geht doch gar nicht drum, OSS einzusetzen, sondern nur um anscheinend Druck auf MS ausüben zu wollen. Nachher wird der Kuchen doch an MS vergeben mit blöden, fadenscheinigen Erklärungen, um das dumme Volk 🙁 zu beruhigen.
    Heute in der Welt zählt eben mehr das Marketing und Anzüge (Bestechungsgelder) als Kompetenz!

  2. Avatar von tuxnix
    tuxnix

    Zunächst einmal ein Dankeschön für den Artikel und die Verlinkung.
    Ich habe mir den Bericht durchgelesen. Ich zitiere mal die Schlussbetrachtung:
    „Die vorliegende Marktanalyse zeigt, dass die Bundesverwaltung in hohem Maße von dem Software-Anbieter Microsoft abhängig ist. Das kann kritische Folgen haben, die angesichts der Marktentwicklung noch weiter zunehmen dürften. Daraus ergibt sich dringender Handlungsbedarf, wobei sich die Bundesverwaltung an vielen ähnlichen
    Initiativen anderer Organisationen orientieren und die daraus abgeleiteten Erfolgsfaktoren für ihren eigenen Lösungsweg anwenden kann. Die beschriebenen Handlungsoptionen sollten rasch bewertet und umgesetzt werden, um die als kritisch identifizierten Abhängigkeiten zu reduzieren. Sie wären ein probates Mittel, um die strategischen IT-Ziele des Bundes zu erreichen und die digitale Souveränität der Bundesverwaltung langfristig zu sichern.“

    Interessant finde ich dabei schon wie unverblümt hier die Abhängigkeiten aufgeführt sind.
    Interessant auch wie hier von „digitaler Souveränität“ als ein langfristig zu sicherndes Ziel gesprochen wird.

    Welche Konsequenzen wird das haben?
    Keine! Außer vielleicht und da muss ich Alf recht geben, dass die Bestechungsgelder teurer werden.

    Keinesfalls aber, wird unser Heimatminister den verwegenen Schluss daraus ziehen, man könne einfach so LibreOffice auf einen Behördenrechner installieren. Solche Entschlüsse wären dann wohl doch etwas zu gewagt, zu eigenständig bzw. dann doch zu souverän und dabei viel zu kurzfristig gedacht.

  3. Avatar von Linuxkumpel

    LiMux wäre eine Basis gewesen. Offenbar erfinden einige das Fahrrad immer wieder gern neu. Ressourcen… https://t.co/ziP86JWwjt

  4. Avatar von Linux-User
    Linux-User

    Limux, was mal als Vorbild für andere Städte galt, drehten unfähige Politiker auf links, und liefen dem Softwareriesen wieder in die Arme, von denen sie sich ja eigentlich befreien wollten. Aber es gibt noch ein wunderschönes Beispiel, Weserwelle, der mochte Linux wohl auch nicht, und liess wieder alles auf Windows umstellen, dabei ist das Arbeiten als normaler User nicht anders als mit dem System von Microsoft, mal von den beknackten Kacheln bei Windows 8 oder 10 abgesehen. Das schlimmste daran, die Dokumente werden ja mittlerweile in der Datenwolke von Microsoft abgelegt, das kann alles nicht im Sinne der Bürger sein.

  5. Avatar von Klaus Meier
    Klaus Meier

    Schön, dass du München direkt ansprichst.

    Es wird ja viel darüber berichtet, aber München wird da nie erwähnt. ich habe ja schon die Frage gestellt, wie viel Geld München denn bislang mit der Migration auf Windows10 verballert hat und was für Fortschritte man da denn schon gemacht hat.Seit dem Wechsel habe ich da noch keine Jubelmeldungen gehört. Probleme waren ja immer, dass sie nicht drucken und scannen konnten. Komisch, bei mir läuft das wunderbar per Wlan übers Netz. Kann wohl nicht an Linux liegen.

    Auf alle Fälle gab es immer Meldungen, wie viel Geld man mit dem Wechsel auf Linux in der Zeit gespart hat. Seit dem hört man nichts mehr. Es ist ja auch profitabler, Geld nach Redmond zu schieben als deutsche Informatiker zu bezahlen. Die revanchieren sich nicht mit Geldkoffern. Es ist nur komisch, dass dann so ein Artikel kommt, nachdem alle Anstrengungen, freie Software einzusetzten, ohne Argumente abgesägt wurden.

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